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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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fremde Sonne schien nunmehr unter dem Schiff zu hängen, während die sich rasant entfernende Kugel des Planeten über ihm lag. Inzwischen waren sie, wie Martin aufging, in die Schwerelosigkeit vorgedrungen.
    »Wir nähern uns der Basis«, erklärte Petenka. Von außen betrachtet, schien er keinesfalls damit beschäftigt, das Schiff zu steuern, welches zudem noch nicht mal über ein Pult verfügte. Vermutlich steuerten die Bessarianer ihre Geräte, indem sie sie einfach an einer beliebigen Stelle berührten. Die matschige Substanz fungierte gleichermaßen als Schaltpult, Raumkapsel und Triebwerk. »Wir haben den gewünschten Punkt erreicht, die Bewegung ist zum Stillstand gekommen.«
    »Pfundskerl!«, lobte ihn Pawlik munter. »Ein Schlaukopf ist er, unser Petenka! Wir sind stolz auf dich!«
    »Ich habe mir alle Mühe gegeben«, wiegelte Petenka bescheiden ab. »Aber es hat wirklich gut geklappt, oder? Vielleicht könnte ich jetzt einen kleinen Happen essen?«
    »Nur zu«, forderte Pawlik ihn auf. »Wahrlich, ein prachtvoller Junge!«
    Durch Petenkas Körper lief ein Zittern, in seinem Innern trübte sich etwas. Den »Happen« zweigte er sich offenbar vom Schiff ab.
    Martin und Irina wechselten Blicke. Selbst wenn sie es nicht glauben wollten: Sie befanden sich im Orbit eines fremden Planeten, in einem außerirdischen Raumschiff, das eine geniale, jedoch durchweg infantile Amöbe steuerte!
    »Ich gratuliere zum ersten Raumflug!«, sagte Martin. »Dürfen wir jetzt verlangen, als Kosmonauten bezeichnet zu werden?«
    Irina kicherte leise. Auch das war schön. Auch das war richtig.
    »Noch ein, zwei Minütchen, und die Schließer brechen zu ihrem Planeten auf«, informierte Pawlik sie. »Haltet euch bereit.«
    »Und wenn sie das Schiff bemerken und durchschauen, was wir vorhaben?«, wollte Martin wissen.
    »Na was wohl?« Pawlik lachte hohl. »Ihr wisst doch, wie Schließer ihre Probleme lösen. In dem Fall werden wir nichts spüren!«

Fünf
     
    Es ist eine ausgesprochen unangenehme Beschäftigung, auf den Tod zu warten. Zu wissen, dass man sein Nahen nicht spüren, es einfach nicht bemerken kann, macht die Sache doppelt unangenehm.
    Zum Tode Verurteilte sehen das möglicherweise anders …
    Martin hatte wiederholt in der Klemme gesteckt, und die Chancen, die Bredouille zu überleben, hatten eins zu zwei, manchmal eins zu drei gestanden. Insofern wartete er mit relativer Gelassenheit, schwitzte lediglich und verspürte den unbezwinglichen Wunsch zu fluchen. Zum Glück hatte sich Irinas Hand noch vor seiner mit Schweiß überzogen. Ihrem Gesicht entnahm Martin, dass ein Schimpfwort die Frau jetzt durchaus nicht schockieren würde. Kaum war ihm das bewusst geworden, löste sich der Wunsch nach unflätigem Fluchen in Luft auf, und auch die Angst verkroch sich. Für einen verschreckten Mann gibt es nichts Heilsameres, als neben sich eine aufgelöste Frau zu wissen – das verleiht ihm augenblicks Tapferkeit.
    Zum Glück brauchten sie nicht lange zu warten. Sie gewahrten nichts. Der Hypersprung ist kurz wie der Tod und bar theatralischer Effekte. Einzig der Himmel um das Schiff herum schien kurz aufzuflackern: Die Sterne veränderten ihre Position, dies jedoch nicht allzu behänd, die Sternbilder blieben weitgehend erhalten. Drei Lichtjahre sind nach galaktischen Maßstäben nichts.
    »Wir sind gesprungen! Wir sind gesprungen!«, rief Petenka entzückt. »Ich verfolge den Planeten – der flieht!«
    Der Pilot hatte recht, der Planet floh wirklich. Das kleine lebende Schiff verfügte über einen Impuls, der in Relation zu dem System stand, in das sie vorgedrungen waren. In der Tat entfernte sich das gesamte Sternensystem der Schließer. Martin stockte der Atem, als jener in weiße Wolken gehüllte Planet an ihrem transparenten Schiff vorbeihuschte – ein anderes Wort fiel ihm nicht ein. Quasi im nächsten Moment verwandelte er sich in eine Kugel, einen Tennisball, geschlagen von der Hand eines Riesen.
    Doch wie seltsam das Triebwerk der Schließer auch sein mochte, wie infantil der amöbische Pilot Menschen auch anmuten mochte – beide verdienten nichts als Lob. Der Planet zuckte und näherte sich langsam, Petenka kommentierte mit lauter Stimme sein Tun, Pawlik lachte fröhlich und dröhnend. Unter der Beschleunigung litt Martin nicht, obgleich er manch seltsamen Ruck registrierte. Es vergingen nur wenige Minuten, vielleicht sogar nur Sekunden, und das Schiff schwebte wieder in einer Umlaufbahn.
    Nur lag unter ihnen jetzt

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