Spektrum
geführt worden … So ging es bei allen Planeten weiter. Über die Aranker hat mein Vater geschrieben, es sei völlig müßig, darüber zu streiten, ob sie eine Seele hätten oder nicht, da auch bei uns die Ausstattung mit selbiger das Privileg der Geistlichen sei.«
»Ja, und?«, fragte Martin verständnislos.
»Er ist gläubig, er geht oft in die Kirche«, erklärte Irina. »Dergleichen würde er nie ernstlich schreiben! Und zu Prärie 2 hat er angemerkt …«
Martin hörte bereits nicht mehr hin. Er lehnte sich zurück, worauf in seinem Rücken prompt eine bequeme Lehne aus dem Boden herauswuchs, und überließ sich seinen Gedanken.
Erstens: Er war nicht zufällig auf die Suche nach Irina geschickt worden. Weder war er der begabteste noch der erfolgreichste Privatdetektiv, trotzdem war er aus irgendeinem Grund ausgesucht worden …
Zweitens: Ernesto Poluschkin und Juri Sergejewitsch wussten ganz genau, wo Irina sich befand. Anfangs war das vielleicht noch nicht der Fall, doch nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Frau sich versiebenfacht hatte, musste es ihnen klar geworden sein. Warum also hatten sich der brave Vater Ernesto Semjonowitsch oder der um das Schicksal des Staats besorgte Juri Sergejewitsch nicht selbst zu dem Planeten aufgemacht? Warum wurden keine neuen Detektive angeheuert, nicht Geheimdienstagenten hinzugezogen? Und zu guter Letzt: Warum hatten sie Martin selbst nicht gründlich informiert?
Damit drängte sich im Grunde eine einzige Schlussfolgerung auf. Er, Martin, sollte Irina selbstständig suchen, dabei mit ein paar Informationsbrocken zurande kommen, sein Kombinationsvermögen und seine Intuition gebrauchen. Darauf mussten die beiden Verschwörer aus irgendeinem Grund Wert gelegt haben.
»Verfluchter Mist!«, schimpfte Martin. »Diese Agentenspielchen!«
Noch vor vierundzwanzig Stunden hätte er, nachdem er ins Bild gesetzt worden war, davon abgesehen, sich auf ein Spiel nach fremden Regeln einzulassen. Er hätte die Suche nach Irina wirklich aufgegeben. War es denn nicht auch eine Schweinerei, einen Menschen wie eine Marionette zu benutzen! Dass diese Schweinerei die Geheimdienste nicht scherte, linderte Martins Zorn durchaus nicht.
Jetzt war es allerdings zu spät. Er hatte sich mit den Ideen der Bessarianer vertraut gemacht – und fühlte sich für das Schicksal der Zivilisation verantwortlich. Er hatte mit Irina geschlafen – und fühlte sich verpflichtet, sie zu beschützen.
Martin war ihnen auf den Leim gegangen.
Nun musste er nur noch herausfinden, warum als Marionette ausgerechnet er ausgewählt worden war.
Gewiss, inzwischen eilte Martin ein guter Ruf voraus, ihm haftete der klangvolle Spitzname »Läufer« an, er blickte auf einen hohen Prozentsatz aufgeklärter Fälle zurück. Letztendlich verdankte er all das jedoch allein seiner Fähigkeit, die Schließer einzulullen und somit kühn von Planet zu Planet zu hüpfen. Im Faustkampf, im Schießen, ja, selbst bei der Observation und Deduktion – kurzum, in all den Disziplinen, die für einen Privatdetektiv unverzichtbar sind – rangierte er höchstens im oberen Mittelfeld. Falls einmal ein echter Profi seinen Weg kreuzte, würde Martin sich prompt im gastfreundlichen Boden eines anderen Planeten wiederfinden und naive außerirdische Würmer mit seinen fremdplanetarischen organischen Stoffen vergiften. In seiner frühen Kindheit, als er wie alle Jungen die Abenteuer Erast Fandorins verschlungen hatte, hatte Martin sich das Schläfenhaar mit Wasserstoffperoxid gebleicht und überall seine Lupe mit hingeschleppt, um so schrecklichen Geheimnissen wie dem des aus dem abgeschlossenen Lehrerzimmers verschwundenen Klassenbuchs auf die Spur zu kommen (wofür er Prügel von mehreren Achtklässlern bezogen hatte). Im Mannesalter hatten die Detektivspiele ihren Reiz arg eingebüßt, vor allem da er mit dieser Tätigkeit sein täglich Brot verdiente.
Interessierte sich die Staatssicherheit also für Martins Fähigkeiten, mit den Schließern fertig zu werden? Möglicherweise. In diesem Fall musste hinter der Geschichte jedoch ein Motiv stecken, das Martin bislang nicht durchschaute.
»Uns steht das Ende der Welt bevor, und wir werden in vollkommener Dunkelheit gehalten!«, rief er.
Wie seltsam das auch klingen mochte, doch Irina vollzog den Gang seiner Gedanken lückenlos nach. »Vielleicht erschreckt uns das Licht?«, bot sie an. »Überhaupt … wenn das Ende der Welt naht, dann sollte das auch ein Ende der Dunkelheit
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