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Spekulation in Bonn

Titel: Spekulation in Bonn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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Abschleppseil noch um den Hals geschlungen, so wurde Dr. Korbel von dem inzwischen eingetroffenen Leichenwagen in das Rechtsmedizinische Institut der Universität Bonn geschafft.
    Kriminalhauptkommissar Walter Freiberg hielt diesen Tag auch nicht für einen der besten. Zwar ließ das Wetter nichts zu wünschen übrig, doch die Berge von Papier drohten seine gute Laune zu ersticken. Er verfügte mürrisch vor sich hin.
    »Der Chef muffelt«, stellte Fräulein Kuhnert fest, als Kriminalhauptmeister Ahrens und sein Kollege Peters in das Vorzimmer traten, um sich, wie sie es nannten, die Tagesbefehle zu holen.
    »Dem fehlt Außenarbeit, eine saftige Leiche«, meinte Peters.
    »Oh, kümmerlicher Morgenwitz«, stellte sich Fräulein Kuhnert, die Seele des 1. Kommissariats, vor ihren Chef. »Der wird bald von den Akten erdrückt sein, und ich bekomme die Tendovaginitis.«
    »Was ist denn das für ein Tier?« fragte Peters hinterhältig.
    »Sehnenscheidenentzündung, die typische Krankheit der überlasteten Mädchen an der Schreibmaschine.«
    »Wußt’ ich’s doch, daß das was Unanständiges ist«, sagte Peters süffisant. »Nur aufgepaßt, daß der liebe Ahrens dabei nicht zu kurz kommt.«
    Ahrens fuhr auf: »Mußt du eigentlich immer deine dämlichen Witze machen? Eines Tages reißt mir der Geduldsfaden, und dann…«
    »Bleib lieber unser braver Benjamin, blond, stark, verliebt und zurückhaltend, so richtig gebremster Schaum«, stänkerte Peters weiter.
    Ahrens sah Fräulein Kuhnert an. Sie ließ sich nicht provozieren und verzog nur den Mund zu einem abwertenden Lächeln. Mit Peters war es ein Kreuz. Er lebte in einer kaputten Ehe und hatte sich zu einem Einzelgänger entwickelt. Die Kollegen hatten gelernt, seine gallige Art zu ertragen. Er galt als »armes Schwein«, seit ihn eine Kugel erwischt hatte, ein häßliches abgefeiltes Ding aus einer alten P 38, mit der sich ein Bankräuber den Weg freigeschossen hatte. Das Dum-Dum-Geschoß mußte in der Lendengegend allerhand Unheil angerichtet haben. Peters hatte nach dem mehrmonatigen Krankenhausaufenthalt nie darüber gesprochen, doch seine Bemerkungen und Witze waren immer aggressiver geworden.
     
     
    »Wo steckt Lupus?« fragte Freiberg, als Ahrens und Peters in sein Zimmer traten. »Der hält es doch sonst mit der Pünktlichkeit.«
    Noch bevor Peters eine seiner giftigen Bemerkungen loswerden konnte, stand der Vermißte in der Tür. Statt des üblichen frohsinnigen Morgengrußes kam die lautstarke Feststellung: »Dieser Arsch hat mir den ganzen Tag versaut!«
    »Du hast dich wohl in der Tür geirrt. Für Obstipation und Diarrhöe ist der Polizeiarzt zuständig. – Einen schönen guten Morgen, Herr Müller.« Freiberg war nicht in der Stimmung, besänftigendes Wohlwollen zu verströmen. »Wenn ihr Liebenswürdigkeiten austauschen wollt, dann ohne mich. Ich habe zu tun. Heute wird der Papierkram erledigt.« Damit schlug er auf einen Stoß unerledigter Akten.
    Lupus ließ sich nicht so leicht abweisen. »Guten Morgen, Herr Leitender Hauptkommissar, guten Morgen, liebe Kollegen, einen recht schönen Morgen, Fräulein Kuhnert. – Ich kann diesen Tag nicht lobsingen.«
    Walter Freiberg lachte befreit auf. »Lupus, du bist und bleibst ein frecher Hund.«
    »Bitte nicht schon wieder diese Zumutung. Lupus heißt Wolf. Das ›gang‹ dahinter war der Irrtum meiner Mutter.«
    Freiberg kannte seinen ersten Mitarbeiter und Freund gut genug, um zu wissen, daß er eine Nachricht loswerden wollte. »Also?«
    »Dieser Saftar… dieser liebenswürdige Kommissar vom Dienst, hat mich um sechs Uhr in der Früh in den Godesberger Stadtwald verbringen lassen. Da hing einer am Baum. Sehr gepflegt, schöner Anzug, Schlips und Kragen. Den haben sie jetzt mit einem Seil aus Hanf um den Hals in die Rechtsmedizin gebracht. – Na!« Lupus sah in die Runde und wiederholte: »Na, ist das nichts?«
    Freiberg sah Lupus gespannt an: »Mord?«
    Schlagartig wandelten sich die Mienen. Kein Spott, kein Scherz, nur konzentrierte Aufmerksamkeit. Ganz selbstverständlich trat auch Fräulein Kuhnert zu »ihren Mannen«. Sie hatte durch die in aller Regel offene Tür das Stichwort gehört, das Anfang und Ende der Ermittlungsarbeit der ersten Mordkommission des ersten Kommissariats der Bonner Kripo bestimmte.
    »Auf Anhieb sieht es nicht so aus«, erklärte Lupus. »Mich stört nur, daß kein Auto auf dem Parkplatz Katharinenhof zu sehen war, obwohl der bessere Herr nur ein paar hundert Meter weiter an

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