Spekulation in Bonn
Kaffee, Grand Marnier und Cognac; dazu un-gepuderte Zigarren und Zigaretten verschiedener Sorten. Die gegenseitige Zuneigung wuchs mit der Zahl der geleerten Gläser. Der Militärattache reckte stolz die ordensgeschmückte Brust, als habe er ganz allein eine Schlacht gewonnen. Die drei anderen Herren kosteten die Freuden des Gaumens aus, und Lad Wany überlegte seinen nächsten Zug in diesem Spiel. Es sprach vieles dafür, schon bald seine Zelte in Benelux abzubrechen.
Als der Alkohol die cleveren »Händler« von der Großartigkeit ihres Beitrags zum Wohle der Menschheit überzeugt hatte, sagte Lad Wany ein kurzes »Hallo« und verließ die Runde.
Großes Geld will nicht nur eingenommen, sondern auch verwaltet werden. Bisher hatte die Arbeitsteilung in der Gesellschaft für Investitionsberatung und Koordination reibungslos funktioniert. Arno von Sendenstein erschloß die Quellen, Kai Fischbach kümmerte sich um den Geschäftsbetrieb und legte das Geld an. Da von Sendenstein bis zur Selbstverleugnung darauf bedacht war, seine Informanten nicht bekanntwerden zu lassen, ließ Fischbach ihn seinerseits über die Geldgeschäfte des Unternehmens im unklaren. Allerdings funktionierte das System der Desinformation nur in einer Richtung. Fischbach war stets auf dem laufenden; er kannte alle Hintergründe der durch Arno von Sendenstein angeknüpften Beziehungen und jeden Gesprächspartner seines Kompagnons. Dafür sorgte der Kuckuck im Nest. Martha Nikols hatte keine Hemmungen – auch nicht hinsichtlich der Weitergabe von Informationen, die ihr als Chefsekretärin reichlich zuflossen. Ihr Glücksritter Kai wußte seiner Dankbarkeit entsprechenden Ausdruck zu geben.
Seit einiger Zeit war das »Gleichgewicht« der Beziehungen in der Koordinata erheblich gestört; denn der dazugekommene dritte Mann hatte das Gefüge verschoben. Von Sendenstein fühlte sich irritiert. Das von ihm schon seit Tagen in Aussicht genommene Dreiergespräch hatte bisher nicht stattfinden können, weil die Kompagnons »außer Haus« waren. Wanitzkys Beispiel hatte Schule gemacht. Jetzt kam und ging auch Kai Fischbach ganz nach Belieben und fand nur selten ein erklärendes Wort.
Unter Hinweis auf die zu erwartenden Änderungen im Steuerrecht hatte Fischbach nach vertraulicher Abstimmung mit Wanitzky ihrem Partner von Sendenstein die Zustimmung abgeluchst, die jetzt hereinfließenden Gelder auf Konten in der Schweiz zu »verwahren«. Das sei weder Steuerhinterziehung noch Abgabenbetrug, und kein Finanzamt könne die Hand darauf legen. In diesen unsicheren Zeiten müsse nun mal das Wohl der Firma Vorrang haben.
Nach diesen überzeugenden Darlegungen war Kai Fischbach in die Schweiz gereist.
Johann Wanitzky hatte von Sendenstein durch Ilka Ritter, die bevollmächtigte Sekretärin, wissen lassen, daß er wegen seiner Teilnahme an wichtigen Arbeitsgesprächen während des Staatsbesuchs für mindestens zwei Tage nicht zur Verfügung stehe. Er dürfe auf keinen Fall belästigt werden.
Obwohl von Sendenstein bei dieser Art der Geschäftsführung ein gewisses Unbehagen verspürte, war er sehr beeindruckt. Der neue Kompagnon schien doch ein Mann mit Beziehungen auf höchster Ebene zu sein und damit ein Gewinn für Koordinata-Bonn.
Lad Wany hatte seinen Abgang in der Godesburg zeitlich so gelegt, daß er die Abendmaschine nach Zürich ohne Schwierigkeiten erreichen konnte. Zufrieden steuerte er die 211 PS des BMW 735 i KAT über die Godesberger Allee zur Konrad-Adenauer-Brücke. Sein Blick streifte den riesigen Baukomplex zwischen den Kreuzbauten und dem Freizeitpark Rheinaue. Hier sollten im nächsten Jahrzehnt Hunderte von Millionen Mark für ministerielle Prachtbauten in den Sand gesetzt werden. Ein Teil der Gebäude hatte bereits Konturen angenommen, für andere lagen Planungen und Berechnungen vor. Haushaltsmittel waren bereitgestellt. Koordinata-Bonn würde saftige Provisionen einstreichen – viel Geld mußte in den nächsten Jahren in die Schweiz transferiert werden.
Auf der rechtsrheinischen Autobahn schnurrten die Kilometer unter den Rädern nur so dahin. Lad Wany hatte keine Mühe, ganz in der Nähe des Terminals einen Parkplatz zu finden. Zielstrebig durchquerte er die Halle und meldete sich am Schalter der Fluggesellschaft. »Reservation Flug Lufthansa 238 nach Zürich für Johann Wanitzky.«
Die Ground-Stewardeß gewährte ein geschäftlich-strahlendes Lächeln. Sie hatte die Tickets sofort zur Hand. »Bitte sehr, zahlen Sie per
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