Spekulation in Bonn
Hotel besonders wegen seiner Lage. Man war mit wenigen Schritten in der Bahnhofstraße, die sich nicht wie in anderen Städten durch Straßenprostitution und Zuhältermilieu, sondern durch gepflegte Geschäfte, Boutiquen und Restaurants der gehobenen Klasse auszeichnete. Die wahre Bedeutung dieser Straße verbarg sich allerdings hinter schlichten Fassaden, wo Geld verwahrt und mit Geld gehandelt wurde. In der Bahnhofstraße herrschten zwar keine Wohlgerüche, aber hier wurde auch keines Menschen Geruchssinn beleidigt – denn Geld stinkt nicht, wie schon Vespasian seinem Sohn Titus bestätigen mußte, als der ihm die ersten Einnahmen aus der Besteuerung der Pissoirs von Rom unter die Nase hielt.
Als Wanitzky die Halle des Savoy betrat, wurde er von Kai Fischbach erwartet. »Grüezi, Johann, du bist spät. Ich habe schon befürchtet, es sei etwas dazwischengekommen in Bonn.«
»Hallo, Kai. Alles klar. So wichtig war die Sache auf der Godesburg nicht. Statisten auf diplomatischer Bühne gibt es ohnehin genug. Das beste daran war das Essen.«
»Ach so, dann ging es wohl nur um die Pflege alter Bekanntschaften?« versuchte Fischbach seinen Partner auszuhorchen. Er konnte sich immer noch kein rechtes Bild von ihm machen. Denn trotz der schnell geschlossenen außergeschäftlichen »Duz-Freundschaft« war es Kai nicht gelungen, Konkretes über Wanitzkys Geschäftsbeziehungen zu erfahren.
»Nun ja, der übliche Zirkus, bei dem irgendwer glaubt, irgendwem durch die Einladung einen Gefallen zu tun. – Bitte, laß uns schon mal einen Drink kommen. Ich muß erst mein Zimmer sehen und die Tasche deponieren. – Für mich einen doppelten Whisky on the Rocks.«
Wanitzky ging zur Rezeption, füllte den Meldezettel aus und ließ sich vom Pagen in die dritte Etage bringen.
Das Zimmer hatte jeden Komfort. Telefon, Fernsehen und eine gut bestückte Kühlbar sollten den Aufenthalt angenehm gestalten. Wanitzky warf nur einen schnellen Blick in den Spiegel, wusch Gesicht und Hände und öffnete seinen Handkoffer. Mit sicherem Griff holte er die eingepaßte Mappe heraus, die bei einer nicht sehr gründlichen Kontrolle für den Boden des Koffers gehalten werden konnte. Er deponierte die »Kollegmappe« im Safe des Hotels und setzte sich zu Kai Fischbach an den ein wenig abseits stehenden Tisch in der Lounge. Der Whisky war serviert.
»Cheers, Kai!«
»Cheers, Johann! – Hast du interessante Gesichter gesehen in Bonn?« Kai Fischbach versuchte, Einzelheiten über Wanitzkys Aktivitäten in Erfahrung zu bringen. Es war vergeblich.
»Lassen wir diese Banalitäten beiseite. – Hier erwartet uns Wichtigeres – morgen müssen wir die Weichen stellen.«
»Aber gewiß«, ging Fischbach sofort auf das Thema ein. »Befassen wir uns mit dem Wohlergehen der Koordinata-Bonn, die hier so repräsentativ durch uns vertreten ist. – Wie also wollen wir vorgehen?«
»Ganz einfach. Du hast das Mandat der Koordinata und richtest ein Nummernkonto bei der Bakka-Bank ein. Unserem Kollegen Sendenstein ist klar, daß keine Überweisungen von Konto zu Konto erfolgen, sondern daß wir bar transferieren. Das ist devisenrechtlich sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz kein Problem.«
»Aber wir müssen bei der Bakka-Bank flexibel sein.«
»Richtig! Du wirst in meiner Anwesenheit das Konto unter vollständiger Offenlegung unser beider Identität eröffnen und das Verfügungsrecht für jeden von uns festschreiben lassen.«
»Und von Sendenstein?«
Wanitzky legte mit langer Leine den Köder aus. »Ich hätte nichts dagegen, ihm das Zeichnungsrecht in gleicher Weise zu sichern. Er müßte dann allerdings herkommen oder eine notarielle Bestätigung seiner Identität und seiner Unterschrift beibringen. Aber er wird in seiner pingeligen Art wenig Verständnis dafür haben, daß wir hier nicht so bürokratisch vorgehen können wie in Bonn. Besser wäre es, ihm die Existenz des Kontos in der Schweiz nicht zu deutlich werden zu lassen. Das würde ihm seine Unbefangenheit gegenüber dritten erhalten.«
»Sehr richtig«, bestätigte Kai Fischbach. »Gerade als Sprecher des Unternehmens könnte ihm eines Tages vollständige Unbefangenheit nützlich sein. Aber was haben wir für Sicherheiten – gegeneinander?«
Wanitzky schmunzelte. »Keine. – Wir fühlen uns als Treuhänder des Unternehmens und stimmen uns mündlich ab. Jeder kann über das Konto verfügen. Wir haben ja beide vollständigen Einblick in die Geldbewegungen – damit hat jeder den anderen
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