Spekulation in Bonn
hätten gern Frau Nikols gesprochen.«
»Aber bitte, was kann ich für Sie tun?«
»Sie sind Frau Nikols?«
»Ja, die bin ich – Sekretärin bei Herrn von Sendenstein. Mit wem habe ich die Ehre?«
Freiberg zog seinen Dienstausweis aus der Tasche. »Kriminalhauptkommissar Freiberg und Kriminalhauptmeister Müller.
Wir hätten einige Fragen an Sie.«
»Ja, bitte, aber ich verstehe nicht…«
Ihr offensichtliches Erschrecken durfte nach allen Erfahrungen bei der kriminalpolizeilichen Arbeit nicht falsch gedeutet werden. Eine so überraschende Konfrontation schafft Beklemmung auch bei den Menschen, die sich nichts vorzuwerfen haben. Je bürgerlicher die Herkunft, um so deutlicher das Betroffensein, es mit einer Macht zu tun zu haben, welche die Existenz von Gewalt und Verbrechen signalisiert.
Frau Nikols bat mit einer Handbewegung in eine der paraventgeschützten Ecken hinüber.
»Bitte, setzen Sie sich zu uns«, sagte Freiberg. Sie nahm zögernd Platz und erwartete, auf der Vorderkante des Sessels verharrend, die Fragen.
»Es gibt keinen Grund zur Aufregung, Frau Nikols. Wir ermitteln im Zusammenhang mit dem Tod von Doktor Korbel.«
»Ach so. Ja, das ist schrecklich – ich habe darüber in den Zeitungen gelesen.« Sie hielt die Hände im Schoß und drückte mit der linken Hand ihren rechten Daumen.
»Wir haben in der GeDaSi mit Ihrem Gatten gesprochen. Von ihm wissen wir, daß eine nähere Bekanntschaft mit Korbel bestanden hat. Aber er scheint davon nicht sehr erbaut gewesen zu sein, oder wie sonst ist die Bemerkung zu verstehen, daß man Korbel nicht zum Freund haben konnte?«
»Der war wohl scharf auf die Frauen seiner Freunde«, ergänzte Lupus mit einem Schuß Impertinenz.
»Zu verstehen, na ja, zu verstehen ist das so, wie mein Mann es gesagt hat.«
»Haben Sie persönlich diese Erfahrung gemacht?«
Sie zögerte mit der Antwort. »Nun – kennengelernt haben wir Korbel auf einem wissenschaftlichen Kongreß in Berlin. – Aber muß ich Ihnen solche Fragen beantworten? Sie rühren da Dinge auf, die einige Zeit zurückliegen.«
Lupus ließ seinem Kommissar keine Gelegenheit für eine Höflichkeitsfloskel. »Sie hatten also ein Verhältnis mit Korbel?«
»Wenn Sie es so nennen wollen, ja. Er war ein so robuster Intellektueller; für eine Weile sehr faszinierend, so ganz anders als mein Mann.«
»Wann war die Affäre?« fragte Lupus. »Oder bestand sie noch?«
»Nein, wirklich nicht mehr. Das liegt schon bald zwei Jahre zurück. Er hatte kein echtes Einfühlungsvermögen und kein Verständnis für mich.«
»Und Ihr Mann, hatte der Verständnis für diese Liaison?« stieß Lupus nach.
»Die Affäre hat uns ziemlich entfremdet. Mein Mann ist in ein kleines Appartement gezogen. Das Haus konnte ich allein nicht halten; ich habe es verkauft.«
»Moment – hing das mit Korbel zusammen?« wollte Freiberg wissen.
»Nein. Das hatte andere Gründe. Korbel hatte damit nichts zu tun.«
»Sie haben gespielt und viel Geld verloren.«
Martha Nikols sah erschreckt, aber auch wütend auf. »Machen Sie mir das zum Vorwurf? Ich habe gelegentlich mein Glück beim Roulette versucht, mit einem ›todsicheren System‹, das mein Mann errechnet hatte. Es war der völlige Ruin. Dadurch habe ich alles verloren. Der Erlös aus dem Haus verkauf hat nicht einmal gereicht, alle Schulden zu bezahlen. Ich mußte noch ein Darlehen…«
»… aufnehmen«, ergänzte Freiberg, weil sie den Satz nicht zu Ende führte.
»Und das Geld hat Ihnen Korbel gegeben«, warf Lupus ein.
»Nein, ich habe sechzigtausend Mark durch Herrn von Sendenstein bekommen. Aber was soll das alles mit dem Fall zu tun haben?«
»Das wissen wir noch nicht. Aber sechzigtausend sind eine ganz beachtliche Summe. Zinsen und Tilgung – da bleibt nicht viel vom Monatseinkommen einer Sekretärin übrig.«
Sie lächelte verstohlen. »Die Rückzahlungen leistet mein Mann. Der hat mich ja schließlich auflaufen lassen mit seinen unfehlbaren Gesetzmäßigkeiten der Mathematik.«
»Soll das heißen, Sie haben das Darlehen bekommen und Ihr Mann zahlt es zurück?«
»Genauso ist es.«
Freiberg dachte an Korbels Aufgabe als Datenschützer und an seinen »Sicherheitstick«. Wenn der erfahren hätte, daß Nikols in seiner verantwortungsvollen Position derartige Schulden gemacht hatte, dürfte er das als einen Risikofaktor für die GeDaSi eingeschätzt haben. Das hätte zu Folgerungen geführt.
»Wußte Korbel von Ihrer Spielleidenschaft und dem
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