Spekulation in Bonn
zahlte es sich aus, daß jeder sein Scherflein im trockenen hatte – sonst hätte es Mord und Totschlag gegeben. »Also sind wir uns einig: Plan ›Isolde‹! Henrico, du verlegst alles nach Luxemburg und transferierst die noch verfügbaren Gelder nach Nassau. Dann löst du Firma und Konten auf und tauchst in Santo Domingo unter. Benno, du expedierst die restlichen Werkzeuge nach Antwerpen und verläßt die ›Moulin à Vent‹. Dann kannst du in Amsterdam anheuern und für eine Weile verschwinden.«
»Wie lange haben wir noch Zeit?« fragte Benno.
»Wenig! Es geht nicht etwa um Wochen, sondern nur um Tage oder Stunden«, stellte Lad Wany klar. »Basil und Küken bleiben bei mir.«
»Ist das nicht zu gefährlich? Wäre es nicht besser, einzeln unterzutauchen? Manche Staaten haben etwas gegen unsere Methoden des Werkzeughandels.«
»Für mich wäre es gefährlicher, die zwei nicht dabeizuhaben. Ich kann ja wohl schlecht die Polizei um einen Leibwächter bitten! Hoffen wir, daß Henrico das Kunststück fertigbringt, die Spuren so zu verwischen, daß man den Südafrikaner Lad Wany in seiner Heimat in Kapstadt vermutet. In dem Apartheid-Staat haben Araber und Schwarze keine Chance, einen ehrbaren weißen Mann über den Tisch zu ziehen. – Also, kommt ihr mit?«
Basil und Küken bekundeten freudig ihre Zustimmung.
»Und unsere Helfer in Antwerpen?« erkundigte sich der Stabschef vorsichtig.
»Die laufen unter einer anderen Firma. Sie haben die restlichen Werkzeuge und müssen sehen, wie sie zurechtkommen.« Seine wahren Absichten konnte Lad Wany nicht offenbaren. Die Späher aus dem Vorderen Orient würden die Fährte schon aufnehmen. Im Krieg war nun einmal die Nachhut dazu bestimmt, sich für die Rettung des Gros zu opfern.
»Wir jedenfalls«, sagte er, »verlassen dieses gastliche Land für immer. In einem Jahr, auf den Tag genau, wird Henrico in der Times eine ›Villa Isolde‹ zum Verkauf anbieten. Auf dem Weg über die Chiffre nehmen wir Kontakt auf und klären ab, ob sich neue Geschäfte machen lassen oder ob jemand Hilfe braucht.«
»Bleiben noch die beiden Mädchen vom Büro«, erinnerte Henrico.
»Mit einem Halbjahreslohn abfinden und am Montag sofort nach Hause schicken«, ordnete Lad Wany an. »Küken, ich warne dich, kein weiterer Kontakt. – Du mußt dein Hühnerfleisch in der neuen Heimat suchen.«
11
Als Lupus mit dem Kommissar und Kai Fischbach vom Flughafen kommend mit Schwung auf den Parkplatz des Präsidiums einbiegen wollte, fand er diesen von Polizeifahrzeugen blockiert. In Bonn stand wieder einmal eine Großdemonstration bevor. Daher hatten sich im Besprechungsraum zahlreiche »Leitende« versammelt, um den Einsatz der von weit her zusammengezogenen Kräfte bei der Demonstration »Tod der Chemie – Leben dem Rhein« zu planen. Durch Gerichtsentscheid war die Hofgartenwiese zwischen Universität und Akademischem Kunstmuseum für die Großveranstaltung am Wochenende freigegeben worden. Nach den Meldungen der V-Männer mußte mit Ausschreitungen auch in der Innenstadt gerechnet werden. Wieder hatte die Polizei die fast unlösbare Aufgabe, die Universität, das alte Rathaus, Post, Banken und Geschäftshäuser vor den in Rudeln mitreisenden Chaoten zu schützen. Die Innenstadt war einfach zu klein, um in ihren engen Straßen und Gassen fünfzigtausend Demonstranten verkraften zu können. Die doppelte Anzahl von Karnevalsjecken wäre kein Problem gewesen, denn an den Umgang mit Narren hatte man sich in Bonn gewöhnt; darum wurden auch Politiker so friedlich integriert.
Lupus ließ seine Mitfahrer auf der Rampe aussteigen und fuhr UNI 81/12 in die mit schweren Eisengittern geschützte Tiefgarage. Zuvor hatte er per Knopfdruck seinem CEBI die Heimkehr gemeldet.
Kai Fischbach betrat zum ersten Mal das »Landesbehördenhaus«. Diese verharmlosende Wortschöpfung stand zwar schwarz auf weiß an der Haltestelle der U-Strab, doch der Zusatz »Polizeipräsidium« gab den Bestimmungszweck treffender wieder. Der in große Kuben gegliederte Zweckbau wirkte von außen wie eine teilvergitterte Festung, innen nicht anders als eine solide gebaute Verwaltungsdienststelle, in der man sich auch mal einem gesunden Büroschlaf hingeben konnte. Aber große Polizeidienststellen wie diese, mit hin und her eilenden jungen Beamten, Sekretärinnen, Azubis und Assistentinnen vermitteln eher den Eindruck eines Kontakthofes zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen.
Hinter soliden Mauern gab es
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