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Spekulation in Bonn

Titel: Spekulation in Bonn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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genau?«
    »Er sagte wörtlich: ›Wenn nix Ware, dann Reichenberger.‹«
    In Lad Wany kroch die Angst hoch. »Weißt du, was das bedeutet, Henrico?«
    »Nein – sollte ich?«
    »Unheil bedeutet das! Erwin Reichenberger ist vor ein paar Jahren zwischen Europa und dem Nahen Osten spurlos verschwunden, nachdem er kassiert hatte, aber nicht liefern konnte oder wollte. Kein Mensch aus der Branche hat je erfahren, ob ihn die Syrer oder Iraker ›abgelegt‹ haben. Jedenfalls ist er nie wieder aufgetaucht. – Aber was hast du am Telefon geantwortet?«
    »Der Kahn sei auf eine Mine gelaufen; die explodieren ja hin und wieder im Roten Meer, und du hättest schon entsprechende Order erteilt. Die Spezialmaschinen seien einwandfrei als Bohrstellenausrüstung deklariert und hoch versichert gewesen. Geld sei also nicht das Problem; es dauere jetzt nur zwei bis drei Wochen länger, bis neue Ware verfügbar sei.«
    »Gut – sehr gut sogar, so haben wir Zeit gewonnen. Was macht die Lieferung Schwarzafrika?«
    »Schwimmt unbehelligt. – Doch wann können wir mit den NATO-Werkzeugen rüberkommen?«
    Lad Wany schloß die Augen. »Das will gründlich überlegt sein: Wir werden in Tervuren darüber sprechen. – Sonst alles klar?«
    »Alles geritzt. Erstens: Aktion Reise ist glattgelaufen; zweitens: das Kabel ›Tierfangexpedition‹ kann morgen heraus; drittens: von Interarms haben wir ein Angebot über viertausend FN-FAL 7,62 Service Rifles, sofort lieferbar.«
    »Okay, bestens. Aber jetzt muß ich nachdenken. Fahr langsam.«
    Bis zur Abfahrt nach Tervuren hatte sich der Verkehr auf der Autoroute entzerrt. Hier, östlich der Stadt, lagen versteckt hinter haushohen Rhododendronbüschen die Villen und Gärten derer, die geholfen hatten, Belgisch-Kongo auszubeuten, und denen es gelungen war, die Gewinne nicht nur in Aktien, sondern auch in Immobilien und alten flämischen Meistern anzulegen.
    Einige hundert Meter nach dem Hotel Derby an der Avenue de Tervuren bog Henrico Sarkis zur »Moulin à Vent« ab, die dem hinter einer hohen Feldsteinmauer gelegenen Besitz den Namen gegeben hatte. Von der Windmühle war nur der Rest des Turms geblieben. Links schloß sich ein Landhaus an, das Reichtum und Geschmack bekundete. Ein Sockel aus rauhem Stein trug das schwere Fachwerk aus Eichenholz und weiß geschlemmten Feldern; dazu ein Dach aus sorgfältig behauenem Schiefer.
    Ein Infrarotstrahl aus dem Signalgeber ließ die Pforte aufschwingen – sie schloß sich automatisch nach fünf Sekunden. Henrico hielt vor dem Turm. Im »Torre« liefen die Fäden des »Werkzeug- und Maschinenhandels« zusammen. Das kaum postkartengroße Schild aus Edelstahl wies diskret auf die Firma hin. Ein kleiner Empfangsraum und zwei Büros füllten das Rund des Erdgeschosses. Darüber lagen die beiden Räume des »Stabschefs«. Noch eine Treppe höher, in der Rotunde mit ihren vier schießschartenartigen Fenstern nach Ost, Süd, West und Nord, residierte Lad Wany, wenn er ausnahmsweise »vor Ort« war.
    »Henrico«, sagte er beim Aussteigen, »hol die Mannschaft zusammen. Wir müssen Entscheidungen treffen, wenn uns unser Leben noch etwas wert ist. – Ich muß heute unbedingt nach Bonn zurück, um wenigstens noch am Bankett mit den Staatsbesuchern teilnehmen zu können. Aber keine unnötigen Spuren legen, also keine Buchungen bei den Luftfahrtgesellschaften. Du bringst mich mit dem Porsche zum Flugplatz Köln/Bonn; dort steht mein BMW.«
    »Sollen die Leute aus Antwerpen auch herkommen? Das dauert allerdings ein paar Stunden.«
    »Nein, kein Wort zu denen. Laß sie dort, wo sie sind. Benno kann uns etwas zu essen machen.«
    »Und die Mädchen?« fragte der Stabschef.
    »Die schicken wir nach Hause; für heute Feierabend und ein langes Wochenende. – Also in einer halben Stunde bei mir.«
    Henrico Sarkis fuhr den Porsche zur Garage und ging mit langsamen Schritten zum Haus. Er ahnte, daß sich etwas zusammenbraute und daß der Boß nach Auswegen suchte.
    Benno würde in der Küche sein. Das war sein Revier, denn er versorgte den ›frauenlosen Haushalt‹. Doch im Augenblick schien er seiner anderen großen Leidenschaft nachzugehen; die Tür zum Weinkeller stand offen. Henrico stieg die Treppe hinunter. In den Regalen lagerten mehr als fünftausend Flaschen; schlanke grüne mit trockenem Riesling aus dem Elsaß, bauchige braune mit Burgunder und Beaujolais und Vin Jaune vom Château-Châlon. Die edelsten Tropfen der Anbaugebiete um Bordeaux und Entre-deux-Mers

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