Spekulation in Bonn
war er nicht. Lupus und ich werden uns abends bei der Redoute aufhalten. Ich rechne damit, daß Fischbach dort mit Wanitzky Kontakt aufnehmen wird.«
»Und wenn sich im ›Dohlenhaus‹ nichts tut?«
Freiberg legte die Hand auf die Sprechmuschel. »Kuhnert, wollen Sie unserem Ahrens ein paar Stunden Gesellschaft leisten? Ein Pärchen kann sich überall herumdrücken, ohne besonderen Verdacht zu erregen.«
»Wenn es sich drückt!« fügte Lupus belehrend hinzu.
Sie nickte freudig.
»Ahrens, du mußt die Nacht durchhalten, bis auf Abruf. Unsere Kommissarin im Ehrenamt wird dich versorgen und dir Gesellschaft leisten. Aber du bist dienstlich dort – vergiß das nicht. Hol die Helferin hier ab – und dann viel Spaß!«
»Bestens, Chef. Wir machen es wie beim Mordfall am Blauen See, ich nehme die Kamera mit und werde einen Infrarotfilm einlegen.«
»Das Nachtsichtglas nicht vergessen«, sagte Freiberg. »Aber keine Experimente, nur beobachten. Wenn du dabei etwas Interessantes auf den Film bekommst, um so besser. – Bis später.«
»Und du«, sagte Freiberg zu Lupus, »begibst dich jetzt für ein Stündchen zu deiner Wölfin. Die Nacht wird lang. Ich hole dich dann auf der Fahrt zur Redoute ab. – Haben wir was von Peters gehört?«
Fräulein Kuhnert verneinte.
»Walter«, drängte Lupus energisch, »ich fahre nur, wenn du in einer halben Stunde nachkommst. Meine Frau macht einen Happen zu essen; du fällst uns sonst vom Fleisch.«
»Abgemacht – und nun verschwindet alle beide.«
Als Freiberg die Tür hinter seinen Mitarbeitern geschlossen hatte, griff er zum Telefon. Erst nach dem fünften oder sechsten Ruf meldete sich Sabine Heyden wie aus weiter Ferne mit einer vom Schlaf gedämpften Stimme.
»Hilfskraft, schläfst du etwa rund um die Uhr? Habe ich dich so strapaziert?«
»Ach Waldi«, seufzte sie, »red doch nicht so dummsprüchig daher. Deine Medizin war ja wunderbar, doch die Wirkung ist längst verpufft. Ich war den ganzen Vormittag auf dem Arbeitsamt. Nette Leute dort – aber die Aussichten beschissen.«
»Und die wären?«
Sabine machte eine lange Pause. »Ich soll mich umschulen lassen. Jobs in der elektronischen Datenverarbeitung böten immer noch die besten Zukunftschancen.«
Freiberg versuchte tröstend zu scherzen: »Meine jungfräuliche Königin als Computermieze, welch ergreifende Vorstellung.«
Sie schluckte einige Male. »Man könnte lachen, wenn es nicht zum Heulen wäre. Zwölf Semester in den Sand gesetzt.«
»Umschulung ist in. Dafür gibt es sogar Zuschüsse.«
»Ach, hör doch auf. Die haben dich dann im sozialen Netz, daß du dich nicht mehr herauswinden kannst. Nein – danke! Der Zufall hat mir geholfen. Ich habe einen Job!«
»Was hast du?«
»Einen Job – Arbeit – du hörst doch. Meinen Doktorgrad habe ich dabei allerdings unterschlagen; der wäre eher hinderlich gewesen. – Ab Montag wird deine Hilfskraft mit Häubchen und Lächeln bei McDonalds die Big Mäcs und andere Köstlichkeiten verkaufen.«
Nun war Freiberg eine Weile stumm.
»Muß das wirklich sein? Du kennst mein Angebot.«
»O ja! Versorgungsehe hinter Gittern, Heimchen am Herd oder Alimentation für die Gewährung von Sex. Einspruch, Euer Ehren! – Es lebe die Liebe, Big Mäc und die Freiheit!« Sie schrie es ihm ins Ohr – Trotz und Verzweiflung in der Stimme. »Der Eintritt in das promovierte Berufsleben wird heute abend gefeiert. Gissy kommt mit ihrem Computer-Freak, und ein paar andere Leute, denen es auch nicht bessergeht als mir, sind auch da. Wann könntest du hier sein?«
Freiberg wußte, daß ihre Enttäuschung groß sein würde, aber er wollte ehrlich sein. »Sei nicht böse, das läuft nicht. Der Erhängte vom Stadtwald spukt, und wir müssen uns die Nacht um die Ohren schlagen. Das ganze Kommissariat ist unterwegs. Wenn ich es überhaupt noch schaffen kann, dann nicht vor Mitternacht.«
»Du hast wirklich einen Traumjob! Aber komm auf alle Fälle noch vorbei, egal wann. Und sollte ich einen sitzen haben, versuch gar nicht erst wieder, den Krankenpfleger zu spielen.«
»Ay, ay, Madame. Ich bringe ein paar Kieselsteine mit.«
»Was spinnst du?«
»Damit du so richtig schön drauf knirschen kannst«, antwortete Freiberg und wünschte, an diesem Abend bei ihr sein zu können. Er wußte, wie enttäuscht und verbittert sie war – und wie hilfsbedürftig. Seine Scherze kamen ihm vor wie aufgesetzt.
»Mach’s gut, Hilfskraft, und halt den Nacken steif. Ich muß los –
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