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Spekulation in Bonn

Titel: Spekulation in Bonn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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leider.«
    »Mein Waldi«, sagte sie leise, und ihre Stimme klang besorgt, »laß dich bitte nicht totschießen.« Noch bevor er antworten konnte, hatte sie aufgelegt.

 
    13
     
     
     
    Kommissar Freiberg nahm die 9-mm-Sig-Sauer aus der Schublade, ließ das Magazin in die linke Hand gleiten und legte es ab. Dann zog er den Schlitten auf und vergewisserte sich, daß nicht durchgeladen war. Mit geübter Bewegung schob er das Magazin in das Griffstück zurück und ließ es einrasten. Er wog noch einmal die Waffe in der Hand und steckte sie mit einem energischen Ruck in das Schulterholster. Von besonderer Bedeutung war dieses Zeremoniell nicht – es gehörte zur Routine.
    Kurze Zeit später hatte er CEBI gefüttert und seinen Wagen unter den Bäumen der Kronprinzenstraße abgestellt. Dann durchschritt er den schmalen Vorgarten einer recht ansehnlichen Villa. Erst vor wenigen Monaten war Kriminalhauptmeister Wolfgang Müller mit Frau Helga und Tochter Annette in diesen Altbau eingezogen. Mit dem Gehalt eines Kriminalbeamten wäre ein solches Haus nicht zu erwerben gewesen; es künftig zu erhalten würde schon aller Anstrengung bedürfen. Jahrelang hatte Helga Müller die kinderlos gebliebene Großtante bis zu deren Tode gepflegt und hatte dankbar und ohne Gewissensbisse dieses prächtige Anwesen geerbt. Die Müllers waren sich einig, daß keine noch so hohe Beförderung die Familie von hier fortlocken würde.
    Frau Müller hatte Freiberg erwartet und öffnete die Tür, noch bevor er klingeln konnte. Sie war der Typ Frau, wie ihn die Liebe im Rheinland so oft hervorbringt: mittelgroß, braune Augen, dunkles Haar und kräftig genug, um lange Sitzungen in der Karnevalssession durchzuhalten. Dabei fröhlich und so attraktiv, daß der Partner daheim den Appetit stillen konnte, den er sich auch schon mal woanders holen durfte. Papst hin, Pille her – eine Tochter war genug in dieser »strahlenden« Zeit.
    »Herein und an den Tisch«, wurde Freiberg empfangen. »Wolfgang holt Bier aus dem Keller.« Der ausgesprochene Vorname seines Mitarbeiters hatte in Freibergs Ohren einen fremden Klang. Helga Müller vermied es strikt, ›Lupus‹ zu sagen; das sei Ganoven- und Polizeijargon. Kein Wunder, daß es den Kollegen vom Präsidium schwerfiel, bei Müllers daheim die richtige Anrede zu finden. Meist unterblieb sie ganz.
    Der Tisch im Eßraum mit den beiden hohen Fenstern zum Garten war reich gedeckt. Eifeler Landbrot, Vollkornbrot und Rosinenbrötchen, dazu Aufschnitt, Käse, Gurken und eine lange Mettwurst am Stück.
    »Was Neues, Walter?« fragte Lupus.
    »Jetzt wird gegessen«, blockte Frau Müller ab. »Lieber Herr Freiberg, Sie könnten getrost die Pfunde zulegen, die mein Wolfgang zuviel hat. – Aber er meint, Hunger mache impotent – und ich widerspreche ihm ungern.«
    Lupus gab ihr einen Klaps auf den recht strammen Hintern. »Du bist auch kein Kostverächter.«
    »Hände weg!« wies sie ihn mit einem Knuff in die Rippen zurecht und wandte sich an Freiberg. »Wird es eine lange Nacht werden? Wie ich die Kripo kenne, kommt mein Held im Morgengrauen todmüde nach Hause.«
    »Warte nur ab«, beruhigte Lupus sie, »ich habe gut gegessen.«
    Freiberg sah auf die Uhr und hob um Entschuldigung bittend die Schultern. »Diese Pause war genau richtig – Dank für die Gastfreundschaft. Aber jetzt ruft…«
    »Geschenkt«, unterbrach ihn Frau Müller, »ich drücke euch beide Daumen und wünsche toi, toi, toi!«
    Freiberg nickte ihr beruhigend zu. »Wir tun unser Bestes – Tschüß.«
     
     
    Die Zubringerstraße war für den Durchgangsverkehr gesperrt. Der Kommissar und Lupus hatten, verdeckt durch Buschwerk, vor der prachtvoll beleuchteten Redoute Position bezogen. Sie verfolgten mit den unvermeidlich nach vorn drängenden Gaffern und einem Dutzend ziviler Sicherheitskräfte – diskretes Erkennungszeichen: Stecknadel mit rotem Glasknopf im Revers – den Auftrieb der Prominenz.
    Die ersten Gäste fuhren vor. Einige niedere Ränge mit ihren »wirklichen« Ehefrauen in auch nicht gerade billigen Kleidern – Pret-à-porter – eröffneten nach ungeschriebenem Gesetz den Reigen. Wer ohne Chauffeur gekommen war, hatte Schwierigkeiten, einen nahen Parkplatz zu finden, und lief Gefahr, beim Anmarsch den Glanz von den Schuhen zu verlieren. Wer jedoch frei von solchen Erwägungen sein wollte, nahm die Taxe.
    Auch Kai Fischbach dürfte sich überlegt haben, daß auf diese Art der Sicherheitskordon leichter überwunden werden konnte.

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