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Spekulation in Bonn

Titel: Spekulation in Bonn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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Wanitzky. Von denen, die nicht erschienen sind, liegen dort noch die Platzkarten. Unser Kalligraph hat sie für alle Eingeladenen ausgeschrieben. Sechs der erwarteten Gäste – zwei Damen und vier Herren – sind nicht gekommen.«
    »Und was bedeutet das?«
    »Nichts. Bei derart großen Veranstaltungen ist es durchaus üblich, daß einige nicht erscheinen.«
    Freiberg ließ einen Blick über die kunstvoll in gestochener Handschrift ausgefüllten Namenskärtchen gleiten. Der Name Wanitzky fehlte.
    Der Hüter des Protokolls erläuterte: »Wir warten noch eine halbe Stunde. Manchmal kommt ein Teilnehmer verspätet an. Wenn der erste Toast ausgebracht worden ist, bugsieren wir ihn so unauffällig wie möglich an seinen Platz. Aber auf Ihren Gesuchten brauchen Sie nicht zu warten – den gibt’s bei uns nicht!«
    »Wir haben leider Pech mit dem Protokoll«, sagte Freiberg. »Trotzdem herzlichen Dank.« Er drehte sich um und ging zum Ausgang, wo ein Bediensteter in blauer Livree ihm die Tür öffnete. Er fragte sich, ob ein Trinkgeld erwartet wurde – doch das mochten die Staatsgäste geben.
     
     
    Mit wachsender Ungeduld hatte Lupus am Streifenwagen auf seinen Kommissar gewartet. »Schade, du kommst zu spät! Vor fünf Minuten hat Fischbach ein Taxi genommen.«
    »Kein Problem. Ich nehme an, du hast die Fahrzeugnummer?«
    »Aber ja.«
    »Gut. Ruf in der Taxizentrale an; der Fahrer wird sich dort abgemeldet haben. Die sollen dir mal das Fahrtziel durchgeben; aber ohne sich mit dem Wagen in Verbindung zu setzen. Wenn noch keine Meldung vorliegt, warten wir.«
    Lupus Heß sich über die Leitstelle im Präsidium mit der Taxi-Funk-Zentrale verbinden. Nach zwei Minuten kam die Antwort über den Lautsprecher: »Der Fahrer hat sich nach Ippendorf abgemeldet.«
    Freiberg lachte laut auf. »Mensch Meier-Müller-Lupus! Da haben wir ja den richtigen Riecher gehabt. Fischbach fährt zum ›Dohlenhaus‹.«
    Lupus grinste und legte wehmütiges Bedauern in seine Stimme: »Armer Kollege Ahrens; jetzt muß er von ihr lassen. – Ich werde ihn mal hochscheuchen, damit er weiß, was für ein Vögelchen da auf ihn zugeflogen kommt.«
    Ahrens nahm es mit Gelassenheit: »Hier ist alles still, keine Dohle im Nest. – Was soll ich tun, wenn unser Mann aufkreuzt?«
    »Was soll er tun?« gab Lupus die Frage weiter.
    Freiberg übernahm das Mikrofon: »Ahrens, ich nehme an, unser Mann wird die Taxe warten lassen, sich umsehen, und wenn er sich davon überzeugt hat, daß niemand anwesend ist, wieder verschwinden. Fahr ihm nach und stell fest, wo er bleibt. Wir warten im Präsidium auf deine Nachricht. Dann ist für heute Schluß. Morgen zur gewohnten Zeit in meinem Dienstzimmer. – Ende.«
    »Ende gut – gar nichts gut«, stellte Lupus säuerlich fest. »Dieser Fall geht mir langsam auf den Geist. Oder glaubst du vielleicht, daß wir als Partyschnüffler weitergekommen sind?«
    »Viel weiter wohl nicht«, antwortete Freiberg zögernd. »Aber mir ist etwas aufgefallen: Auf dem Tisch im Foyer liegen noch sechs Platzkarten für Gäste, die bisher nicht erschienen sind. – Übrigens eine wundervolle kalligraphische Arbeit mit Versalien in Gold und einer dunkelblauen Schreibschrift. – Darunter ist zwar kein Wanitzky, aber doch ein Name mit ›W‹, der mich elektrisiert hat, zumal er auch in der Teilnehmerliste für die Godesburg stand.«
    »Du meinst…?«
    »Vielleicht, sehr vielleicht, hat unser Wanitzky hier in der Tat eine andere Identität. Wie hast du doch geunkt: ›Ein falscher Name und krumme Geschäfte, das würde zusammenpassen.‹ Was hältst du davon? Wany, Kaufmann, stand auf der Liste, Lad Wany steht auf einer der Tischkarten – und diese Karte wurde nicht abgeholt.«
    »Mensch, Walter, du hast doch nicht vergeblich studiert«, sagte Lupus anerkennend. »Wany – das könnte er sein! Klar, das muß er sein: Johann Wanitzky, alias Lad Wany. – Heureka! Wir haben ihn. Das ist ja ein Ding wie ‘ne Wanne.«
    Freiberg versuchte die Begeisterung zu bremsen. »Langsam, wir müssen uns erst Gewißheit verschaffen. Aber ich bin auch deiner Meinung – und ich werde das Gefühl nicht los, daß alle Typen miteinander zusammenhängen. Doch wie – und warum? Verdammt, wir müssen es herausfinden.«
    »Und du meinst, dann krabbelt so ein ganz kleines Mordmotiv aus dem Misthaufen hervor? – Aber wehe uns, wenn die Geschäftemacher mit dem Mord an Korbel nichts zu tun haben. Was ist, wenn Wanitzky den Anruf von Fischbach

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