Spekulation mit dem Tode Kommissar Morry
haben. Und sie werden ebenfalls nicht von dem Mord gesprochen haben. Daß Sie ihn dadurch überführen wollten, damit wird er wohl nicht gerechnet haben!"
„Dann brauche ich gar nicht weiter zu erzählen, Sie sind ja glänzend informiert.“
Kommissar Morry lächelte nicht. Er sagte: „Es braucht Sie nicht zu verwundern, ich habe mich allerdings mit der Sache ein wenig beschäftigt. Daß mir dabei der Vorname von der Frau Ihres Freundes bekannt wurde, ist nicht weiter verwunderlich. Ich habe auch erfahren, daß Frau North hin und wieder mit dem jungen Fleming gesehen wurde, Simon sagte es mir.“
„Wenn ich nicht gewußt hätte, daß Sie sich damit befassen, wäre ich wahrscheinlich gar nicht auf Kathleen Morris zu sprechen gekommen. Das Risiko wäre mir dann zu groß gewesen.“
Morry nickte. „Sehr verständlich."
„Bitte veranlassen Sie, daß meine Frau aufgefunden wird", stieß North plötzlich aus. Ihn hielt es jetzt nicht mehr auf dem Stuhl.
Nervös sprang er auf und ging mit langen Schritten hin und her. Nach zwei Minuten forderte ihn Morry auf, sich wieder zu setzen.
„Haben Sie eine Vermutung, wo sie sich befinden könnten?" wandte er sich an ihn.
„Sie werden nicht mehr in Europa sein. Nora hat in der letzten Zeit des öfteren geäußert, daß sie unbedingt Amerika kennenlernen möchte. Demnach werden sie also wahrscheinlich eine Maschine nach New York genommen haben." Nach diesen Worten schien North wieder ruhiger zu werden.
„Sie hat in der letzten Zeit geäußert, daß sie nach Amerika reisen möchte", wiederholte Morry nachdenklich und sah dabei Hayes in die Augen. „Seit wann hat sie denn davon gesprochen? Ich meine, wann hat sie es das erste Mal erwähnt? Wissen Sie das noch?"
„Ein paar Wochen kann es schon her sein", erwiderte North an Stelle von Hayes, „vielleicht vor zwei oder drei Wochen."
„Wir werden sie finden, verlassen Sie sich darauf. Ich bin fest davon überzeugt, daß Fleming ein Geständnis ablegen wird. Allerdings ist es fraglich, ob Ihnen damit geholfen werden kann, Herr Hayes."
Hayes wußte, wie das gemeint war. „Es ist ein Verdacht, mehr nicht. Ich glaube jedoch, daß ich mich nicht täusche", erklärte er.
Der Polizist erhob sich und trat an das große Fenster, durch das man auf einen nüchternen und schmucklosen Hof hinaussah. North fröstelte leicht.
„Ich werde Sie beide nicht hier behalten", ließ der Kommissar sich nach einer Weile vernehmen. „Sie sind genauso verdächtig wie Harry Fleming, Herr Hayes, ebenfalls Ihr Freund, Jim North."
North wollte impulsiv hochfahren, er besann sich aber im letzten Moment.
„Ich habe Sie mit Kathleen Morris vor kurzem im „Alhambra" gesehen, Herr Hayes. Ich erkannte das Mädchen an ihrem Schmuckstück wieder, als man sie zu uns nach ihrem Tode brachte. Sie trug um den Hals eine dünne Kette mit einer schön gearbeiteten goldenen Spinne. Diesen Schmuck trug sie auch im „Alhambra" um den Hals, daran erkannte ich sie wieder. Und Sie waren der Mann, mit dem ich sie im ,Alhambra’ sah."
Der Kommissar hatte nicht schnell gesprochen, und Hayes besaß Nerven von Stahl.
„Sie täuschen sich, ich war niemals mit ihr aus, war auch nicht mit ihr im .Alhambra'. Es besteht die Möglichkeit, daß Sie mich im .Alhambra' gesehen haben, aber auf keinen Fall in Gegenwart von Kathleen Morris."
Morry wußte, daß es nahezu idiotisch war, diesen Mann zu verdächtigen. Sein Verhalten auf der Chaussee sprach dagegen, hundertfach dagegen. Kein Mensch würde einen Verkehrsunfall inszenieren, wenn er die Möglichkeit hatte, die Leiche ungesehen loszuwerden. „Wieviel Zeit ist von dem Auffinden der Leiche in Ihrem Wagen bis zu dem Moment, als Sie sie überfuhren, vergangen?"
„Etwa zwanzig Minuten bis eine halbe Stunde", antwortete Hayes nach einiger Überlegung.
„Soso." Morry befand sich wirklich vor einer undankbaren Aufgabe. Er konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob er Hayes nun in Gegenwart dieses Mädchens gesehen hatte oder nicht.
„Sie haben Simon auf mich losgehetzt", sagte Hayes. „Simon ist nicht würdig, der Polizei anzugehören. Die beiden haben sich wie die Tiere benommen. Sie haben mich völlig groggy geschlagen, um mich für ein Geständnis reif zu machen. In einem Rechtsstaat ist eine solche Mißhandlung eines Festgenommenen durch die Polizei eine Schande, sie wird schwer bestraft werden. Verlassen Sie sich darauf, daß ich Simon bei der ersten besten Gelegenheit seine gemeinen Handlungen heimzahlen
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