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Sphaerenmusik

Sphaerenmusik

Titel: Sphaerenmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margarete Friedrich
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nicht mehr, was für ein Datum der heutige Tag trägt. Mein Kopf dröhnt, mir ist schwindlig, meine Hände zittern. Ich weiß, dass mein Ende naht, aber falls meine Leiche jemals gefunden wird, soll die Nachwelt auch erfahren, dass mich mein eigener Vater verhungern ließ! Das Schlimmste aber ist der Durst. Meine Lippen sind ausgetrocknet und aufgesprungen. Ich bin so schwach, dass ich mich kaum mehr von meinem Lager erheben kann. Mühsam habe ich mich zum Tisch geschleppt, doch die Buchstaben verschwimmen vor meinen Augen, und ich fürchte, dass der Finder meines Tagebuches meine letzten Worte nicht mehr entziffern kann .... Pierre, bald bin ich bei dir und...
    Während Pamela die Tränen über ihr Gesicht rannen, flüsterte Silvia erschüttert: „Der eigene Vater hat sie also verhungern und verdursten la ssen.“
     
    Elisabeth zuckte die Achseln und sagte: „Es folgen noch ein paar Worte, aber ich konnte sie nicht mehr entziffern. Dann war ein dicker Strich quer über die letzte Seite gezogen, als wenn ihre Hand den weiteren Dienst verweigert hätte und ausgerutscht wäre. Sie muss sich danach noch zum Lager zurückgeschleppt haben.“
    „Er hat sie verhungern lassen“, murmelte Silvia. Sie kam nicht darüber hinweg.
    „Nein, Silvi, verhungern lassen wollte er sie kaum“, sagte John bedächtig. Er schob sein Gipsbein noch bequemer auf den Stuhl zurecht und fuhr fort: „Lord Edward war ein schlechter Vater, da er mit einer grausamen Methode Daphne seinen Willen aufzwingen wollte, aber ihren Tod wollte er sicherlich nicht: Ihre vorletzte Eintragung war am 22.8.1858, aber am 20.8.1858  - dieses Datum steht auf seinem Grabstein - stürzten Edward und Pierre gemeinsam in den Abgrund. Da keiner im Schloss den Aufenthaltsort von Daphne kannte, musste sie verhungern.
    „Und ihr Halbbruder?“, rief Silvia erregt. „Er soll doch seine Schwester nach seiner Rückkehr überall gesucht haben! Warum hat er sie nicht g efunden? Als Familienmitglied muss er von den Geheimverliesen gewusst haben.“
    „Das braucht nicht der Fall gewesen zu sein“, antwortete John, „da er als Achtzehnjähriger d avongelaufen ist. Vielleicht erfuhren die Söhne erst im reiferen Alter von den Familiengeheimnissen. Und in der Familienchronik wurden die Geheimverliese überhaupt nicht erwähnt. Außerdem war Daphne bei der Rückkehr ihres Bruders längst nicht mehr am Leben.
    „Aber der arme kleine Puck“, sagte Pamela, i ndem sie sich ihre Tränen abtrocknete, „warum hat er sich nicht retten können? Man konnte doch auch den Gang von innen öffnen!“
    „Ich glaube“, erwiderte John, „das kann nur j emand, der eine normale Größe hat. Der Zwerg wird nicht an das Rad herangekommen sein. Außerdem dreht es sich schwer. Er ist bestimmt nicht sehr kräftig gewesen. Wahrscheinlich ist aber, dass man trotz der Mauersperre die Eisentür vom Gang aus wieder verriegelt hat, so dass er überhaupt nicht mehr in den Gang gelangen konnte und zwischen Tür und Mauer gefangen war.“
    „Schrecklich! Mir ist das Schloss richtig verle idet worden“, klagte Elisabeth.
    „Aber nicht doch“, besänftigte John. „Was kann denn dieses alte entzückende Schlösschen für die Leidenschaft seiner früheren Bewohner? Ich werde die Spuren dieser Vergangenheit beseitigen lassen. Zum Beispiel kann man durch eine Sprengung der Felsspalte das Skelett des kleinen Mannes befreien und ihm dann ein christliches Begräbnis geben. Du wirst sehen, Lissy, wie bald du dann die schreckl ichen Ereignisse hier vergessen wirst.“
     
    * * *
     
    Einige Zeit war vergangen. John hatte seine Absichten sofort wahrgemacht. Auch der kleine Puck war auf dem Dorffriedhof beigesetzt worden.
    Die Räume in den beiden hinteren Türmen wu rden zu modernen Zimmern umgestaltet, die Folterkammer, Gefängnisse und Geheimverliese zugemauert. Elisabeth, die behauptet hatte, in diesem Schloss nicht mehr schlafen zu können, schlief wieder wie ein Murmeltier. Selbst Silvia hatte ihre frühere Fröhlichkeit wiedergefunden, zumal sie das Gefühl hatte, Daphne und Pierre erlöst zu haben.
    Wenn sie an den unglücklichen Geiger dachte, übermannte sie oft die Sehnsucht nach ihrem Peter. Schon einige Male war sie nahe daran gewesen, ihm zu schreiben, aber ihr Trotz war stä rker.
    Elisabeth, John, Silvia und Pamela saßen im Esszimmer und warteten auf das Dinner. Pamela hatte die entsetzlichen Erlebnisse ziemlich schnell vergessen. Nur von dem abwesenden Sandro sprach sie oft und

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