Spiegel der Offenbarung
uns nicht entgangen, Herr. Werden wir nun zuschlagen?«
Die Zeit ist gekommen, Akuró. Eure Zeit, die Bestimmung der Gog/Magog, wird sich nun erfüllen. Das, wofür ihr geboren wurdet. Worauf ihr so lange gewartet habt.
»Danke, Herr.« Akuró wurde erfüllt von wilder, grausamer Freude. »Wir werden ein Massaker veranstalten, wie es die Welten noch nie erlebt haben.«
Ihr werdet Gelegenheit dazu bekommen.
»Wir haben deine Ansprache vernommen, o Schattenlord, und sie mit Freuden empfangen. Verfüge über uns.«
Morgen zieht ihr gegen Morgenröte. Hindert Veda daran, dorthin zu gelangen. Erwartet meine baldige Ankunft.
»Was ist mit den Iolair von Cuan Bé?«
Sie werden kommen.
Akurós buschige Brauen wölbten sich über das rote Glühen. »Du hast sie freigegeben?«
Stört dich das?
Der Wolfskönig merkte, dass er seine Frage besser nicht vertiefen sollte. »Selbstverständlich nicht. Und wenn noch dreimal so viele Krieger kämen, haben sie keine Chance gegen uns. Wir sind die Gog/Magog, wir sind unbesiegbar, unsere Zahl unendlich.«
Nicht ganz unendlich , empfing er Unheil verkündend.
Akurós Ohren legten sich leicht an. »Was muss ich erfahren, Herr?«
Hast du das Schiff abfliegen sehen?
»Ja. Ich nahm an, es befindet sich auf der Flucht.«
Nein, es fliegt den Iolair entgegen. Doch es war noch an etwas anderem beteiligt.
Akurós rechte Krallenhand schloss sich. Er begriff sofort. »Was ist mit meinem Volk?«, fragte er ruhig. »Denen, die ich hinter der Mauer zurückgelassen habe?«
Tot , kam die Antwort. Dein gesamtes Reich ist vernichtet, Akuró, mein General. Es ist in sich zusammengestürzt. Nicht ein Einziger hat überlebt. Und das Schiff war daran beteiligt. Ja, es hat sogar alles verursacht.
Akuró riss den Rachen weit auf, ein Hecheln entrang sich ihm. »Alle? Welpen, Frauen, Alte ...«
Halbwüchsige, Heranwachsende, der Rat, Schmiede, Versorger ... keine Ausnahme.
Der König der Gog/Magog senkte leicht den Kopf. Und er hatte es nicht einmal gespürt, obwohl er so innig mit seinem Volk verbunden war. Vernichtet. Ausgelöscht. Dann sah er wieder hoch zu dem wabernden Schwarz, und seine Ohren richteten sich auf.
»Ich werde viele neue Nachkommen zeugen und ebenso meine besten Krieger. Der Großteil meines Volkes ist bei mir. Frauen und Männer, die Besten und Stärksten, in der Blüte ihrer Jahre. Das kann uns nicht entmutigen. Wir wären ohnehin nicht dort geblieben, und es erspart mir sogar noch die Auslese.«
Er hob den Arm und stieß einen Krallenfinger in die Richtung, in der das Schiff verschwunden war. »Aber dafür wird er büßen. Ich werde ihn persönlich zur Rechenschaft ziehen und seinen Körper in Stücke reißen, bevor ich sein Herz zerquetsche und verschlinge.«
Nichts anderes erwarte ich von dir. Morgen! Führe sie, mein General, und ich werde im Triumph in Morgenröte einziehen.
»Dies ist dein Reich, und wir preisen dich, o Herr«, antwortete Akuró, verneigte sich und machte sich auf den Weg zurück zum Lager.
Laura schlief die ganze Nacht hindurch tief und traumlos, völlig entspannt. Sie nahm an, dass die schwarzknochige Venorim, die mit an Bord war, ein entsprechendes Mittel in den Gewürzwein gegeben hatte, denn normalerweise hätte sie bei ihrer Anspannung kein Auge zugetan. Sie war der Giftmischerin dankbar dafür.
Sie drehte sich zur Seite, wo Milt neben ihr lag, und betrachtete sein stilles Gesicht. Als sie ihn vorsichtig berührte, erwachte er halbwegs, nahm schlaftrunken ihre Hand und führte sie an seine Lippen. »Musst du nun gehen?«, wisperte er.
Sie nickte. Es gab eine Menge zu tun.
»Vergiss nicht zu essen«, nuschelte er und schloss die Augen wieder.
Sie beugte sich über ihn und küsste ihn. Dann stand sie auf und machte sich auf die Suche nach Josce. Also gut, mit einem Umweg übers Frühstück.
»Gehen wir an den Rand und blicken Richtung Morgenröte«, sagte Venorim, die sich schon einmal an der Suche nach dem Verschollenen Palast beteiligt hatte. Hanin, Josce und Laura hatten sich mit ihr zusammengetan.
Ein weiterer sonniger Tag war angebrochen. Aber etwas war anders – der Himmel zeigte sich düster, in einem dunklen Lila, wie es bei manchen menschlichen Völkern die Farbe des Todes war. Als würde der Schatten des Finsteren bereits über das ganze Land fallen.
Es waren so gut wie keine Vögel mehr zu sehen, auch am Boden bewegte sich kaum etwas. Abgesehen von Kampfwilligen, die grüßend die Schwerter oder Speere erhoben,
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