Spiegel der Offenbarung
der anderen Richtung, und er hat seine Truppen aufgespalten. Die einen halten die Gog/Magog auf, die anderen reiten Veda entgegen, um ihr den Durchbruch zu ermöglichen. Sie werden die Hunde in die Zange nehmen.«
Laura jubelte innerlich und sah den anderen Frauen an, dass sie ebenso erleichtert waren, diese Nachricht zu hören.
»Dann haben wir also einen mächtigen Verbündeten gewonnen«, sagte Josce. »Gut. Das ist sehr gut!«
»Aber ... dann sind Leonidas und Veda jetzt zusammengetroffen?«, ließ Laura übermitteln. »Veda ist ja auf dem Pegasus unterwegs und kann Kontakt aufnehmen ...«
Das wäre ja eine Sensation. Auf dieses Treffen hatte ganz Innistìr schon lange gewartet – und nun trafen sie einander als Verbündete? Wie würden sie miteinander umgehen?
»Oh«, kam es zurück, »Verzeihung, da habe ich mich wohl unklar ausgedrückt. Es sind seine Leute, die unterwegs sind, unter Delios' Kommando, Leonidas' Stellvertreter. Leonidas selbst ist verschwunden.«
4.
Die Schlacht um Morgenröte beginnt
Jeder Einzelne auf der Cyria Rani zuckte zusammen, als die Tür zur Kapitänskajüte mit einem Knall aufflog und Arun mit wehenden Haaren herausstürmte.
»Steuermann!«, schrie er und fuchtelte hektisch mit den Armen. »Halsen, ich meine beidrehen, ich meine wenden, und das sofort und ein bisschen plötzlich! Schnell, schnell, wir haben eine Schlacht zu schlagen! Zurück, zurück nach Morgenröte, besetzt die Geschütze, Kanonen bereit, die Lunten scharf, die Munition in Reihen gestapelt! Eilt euch, jeder Handgriff muss sitzen, wir dürfen keinen Lidschlag zögern!«
Er hatte die Mitte des Decks erreicht, verhielt und drehte sich langsam im Kreis.
»Tausend Fässer Rum, was starrt ihr mich so an? Wird's bald! «, brüllte er.
»Und los!« Nach der Schrecksekunde übernahm der Steuermann das Kommando; er ließ die Befehle nur so herunterhageln, damit sie wirklich jeden erreichten, und die hektischste Betriebsamkeit, die nur möglich war, brach aus. Dabei aber entstand kein Chaos – alle waren erfahrene Seeleute und wussten, was zu tun war, jeder Handgriff saß, und in kürzester Zeit hatten sie das Schiff gewendet, die Segel gerefft oder gehisst, je nach Anforderung. Pfeilschnell glitt die schlanke Schebecke durch die Lüfte, dem Palast entgegen. Ebenso wurden die Geschütze vorbereitet, die speziellen Aufbauten für Werfer besetzt, die riesigen Armbrüste in Stellung gebracht, die Schleudern bestückt. Die Cyria Rani präsentierte sich nunmehr als Kriegsschiff und zeigte nicht nur die eigene, sondern auch die Flagge der Iolair.
Arun war schon wieder unterwegs und holte seine Flaschen aus der Kajüte, in der die Sieben Stürme gefangen waren. Er reihte sie auf dem Achterdeck auf, griff dazwischen immer wieder zum Fernglas und warf einen Blick hindurch.
Aswig wusste nicht, wohin, also blieb er in der Nähe und beobachtete alles ganz genau. Außerdem war ihm aufgetragen worden, auf den Kapitän aufzupassen.
Der Steuermann schritt auf seinen Herrn zu. »Käpt'n ...«
»Was?«, murmelte Arun abwesend, während er, über die Flaschen gebeugt, den Korsarenhut tief in den Nacken geschoben, an ihnen herumwischte oder ihre Anordnung änderte.
»... nichts.«
»Gut.«
Der Steuermann zog sich zurück.
Die Cyria Rani eilte der Schlacht entgegen.
Stunde um Stunde wogte der Kampf hin und her wie ein stürmisches Meer, schwenkte mal zur einen, mal zur anderen Seite, zog sich zusammen, floss in die Breite. Kurze Unterbrechungen gab es nur in der Nacht, aber selbst da fanden noch Scharmützel statt, um heimlich vorgeschickte Späher und Truppen aufzuhalten. Aus dem ganzen Land strömten ununterbrochen die Krieger herbei, um für das Reich zu kämpfen. Es waren immer noch zu wenige, doch das machten sie mit umso mehr Entschlossenheit wett – und mit Magie.
Sie besaßen zwei Vorteile den Gog/Magog gegenüber. Zum einen die Flugschar und zum anderen die Möglichkeit, Bannflüche und Zauber einzusetzen. Darüber verfügten die Kannibalen nicht. Aber ihre Übermacht glich das aus. Innerhalb einer Stunde konnten tausend von ihnen sterben, dreitausend rückten nach. So war kaum zu erkennen, dass ihre Verluste sehr viel höher waren als die der Verteidiger.
Ab und zu mussten sie auch tagsüber notgedrungen Gefechtspausen einlegen, weil kein Vorankommen mehr möglich war. Berge von Leichen türmten sich auf, der Boden war schlammig von Blut. Also mussten sie das Feld zumindest teilweise räumen. Riesige
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