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Spiegel der Offenbarung

Spiegel der Offenbarung

Titel: Spiegel der Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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wankelmütig Elfen sein mochten, in solchen Dingen sahen sie sich gebunden, selbst ohne Bann. Wie bei einem Handel – sie fühlten sich verpflichtet, und das zogen sie durch bis zum Ende.
    Und dann war da noch Arun.
    Von allen Wesen, die sie kennengelernt hatte, war er das undurchsichtigste. Er gab ganz den Korsaren und hatte wahrscheinlich Pate für Johnny Depp in Fluch der Karibik gestanden. Unwiderstehlich, voller Charme und Charisma, ihm flogen die Herzen von Frauen und Männern gleichermaßen zu. Er war unglaublich reich an Erfahrungen, sein Alter überhaupt nicht abschätzbar, und er trat unerschütterlich für das Gute ein – Pirat hin oder her. Er mied Gefechte, hasste Blut, liebte Feste und die Gefahr, die er immer wieder herausforderte und seinen Spaß dabei hatte. Angst kannte er nicht, und seine gute Laune und Fröhlichkeit brachte jedem trüben Tag die Sonne.
    Und doch trug er dieses Monster in sich, dieses düstere Geheimnis, das ihm der Auskunft seines Steuermanns zufolge seit der Ankunft in Innistìr mehr und mehr zu schaffen machte. Bei ihm war es am meisten verständlich, weshalb er zum Spiegel wollte. Jahrtausendelang keine Frau berühren zu dürfen, das war eine grausame Strafe für jemanden wie ihn. Zum zölibatären Asketen war er nicht geschaffen, könnte er niemals werden, egal was passierte. Nicht einmal die Frau, die er aufrichtig geliebt hatte und deren Namen das Schiff trug, hatte ihn erlösen können, obwohl sie nach langer Reise in der Verbannung wieder zur Göttin geworden war. Ihm wünschte Laura am meisten, dass er sein Schicksal finden möge.
    Und der Schattenlord? Laura wusste nicht, was sie denken sollte. Fünfzehn Wochen lang hatte er sie in seinen Klauen gehabt, hatte er sie eingeschüchtert und geängstigt. Hatte grausame Morde begangen, Freunde und Gefährten gegeneinander aufgebracht, war zwischen Intrigen und grober Gewalt hin und her gewechselt. Aber auch er war Beschränkungen unterworfen, sodass er einen ähnlichen Weg gehen musste wie alle anderen. Hinauf zum Spiegel, der vielleicht auch nur ein großer Flop war und überhaupt nicht das darstellte, was sie sich alle erhofften. Schließlich war es nur ein Gerücht. Königin Anne hatte zwar so gewirkt, als würde sie den Spiegel verabscheuen, aber sie war seit Johannes' Tod nicht dort oben gewesen. Also war es möglich, dass die Macht der Offenbarung mit dem Tod des Priesterkönigs geschwunden war und vielleicht gar nicht mehr existierte.
    Laura musste unwillkürlich schmunzeln. Das wäre natürlich der Gipfel der Ironie, aber sie hielt inzwischen alles für möglich. Der große Moment ... verpuffte. Nicht einmal Filmemacher würden sich so etwas trauen. Es würde aber zu Lauras Lebenslauf passen.
     
    »Gibt's da mal ein Ende?«, beschwerte sich Emma, die an sich sehr sportlich und durchtrainiert wirkte. Typisch für Miami, von woher sie und Reggie stammten. South Beach war einer der größten Körperkulturorte der Welt; nirgendwo sonst gab es eine höhere Dichte an perfekten Körpern, die beim Jogging oder an den Stangen zur Schau gestellt wurden.
    Die Stufen waren recht bequem, nicht zu hoch und breit. Trotzdem, Laura musste es zugeben – und sie war nun einmal alles andere als sportlich, wenn auch in letzter Zeit zwangsläufig trainiert –, sie hatten schon einige Abschnitte absolviert. Der Turm war mit dreißig Metern nicht sonderlich hoch, und vor allem mussten sie nur bis zur Mitte gelangen. War dies etwa nicht der echte Aufgang gewesen, sondern ein weiteres Trugbild?
    »Langweilig«, konstatierte Spyridon, der es gern hatte, wenn »etwas los« war und er mittendrin.
    »Ihr seid nie zufrieden«, bemerkte Milt. »Genießt doch mal, dass es keine Gefahr und keine Fallen gibt.«
    »Hatten wir im Kristallpalast schon«, versetzte der dunkelhaarige Elf. »Noch langweiliger.«
    »Dort gab es aber jede Menge Fallen«, wies Laura hin.
    »Die habe ich nicht bemerkt, und du hast sie einfach aufgelöst – also noch langweiliger geht es überhaupt nicht.«
    »Ich glaube, da ist eine Tür«, bemerkte Finn und wies auf den letzten Absatz.
     
    Tatsächlich. Dort endeten die Stufen, und dahinter lag in der Wand eine Tür.
    »Ich gehe voran!«, rief Spyridon aufgeregt. Kaum war er dort, löste auch diese Tür sich auf und gab den Blick frei nach draußen. Dort war die Brücke, die sich über den Spalt zwischen Turm und Hügel spannte, und auf der anderen Seite begannen die einhundertfünfundzwanzig Stufen.
    Spyridon sicherte

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