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Spiegel der Offenbarung

Spiegel der Offenbarung

Titel: Spiegel der Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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als Sucher. Ich muss Laura beschützen.« Cedric winkelte die Arme an wie zum Jogging, seine gewaltigen Armmuskeln spannten sich, als wolle er in einen Ringkampf gehen, und er marschierte los.
    Genau bis zur ersten Stufe. Dann blieb er stehen. Er keuchte. Dann sanken die Schultern nach unten, ebenso sein Kopf.
    »Mist!«, fluchte er leise. »Das darf nicht wahr sein.«
    »Was ist?«, fragte Hanin.
    »Ich kann nicht.«
    »Wie – du kannst nicht?«
    »Ich kann nicht auf die Stufe steigen. Es geht einfach nicht. Ich kann den Fuß nicht heben. Ich ... ich ... bin auch ein Versager.«
    Laura trat zu ihm, legte ihm ihre zierliche Hand auf den zuckenden Rücken und versuchte, ihn zu beruhigen. »Du siehst das völlig falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Deine Aufgabe ist beendet. Du hast alles erfüllt. Für dich gibt es keine weitere Offenbarung mehr.«
    Er sah zu ihr, und sie sah die Tränen in seinen Augen. »Denkst du wirklich?«, fragte er verzagt. So hatte sie ihn noch nie erlebt.
    »Sei nicht blöd, du Supermacho«, antwortete sie lächelnd. »Jetzt versinke mal nicht im Selbstmitleid.« Sie löste den Bierkrug und drückte ihn in seine Hand. »Ich danke dir für alles. Geh hinunter zu den anderen und warte.«
    »Aber ich ...«
    Laura stieg auf die erste Stufe und drehte sich zu ihm um. »Schon mal darüber nachgedacht, dass du mich bis hierher gebracht hast? Dass jeder von euch deswegen dabei ist, weil ihr mich noch ein Stück tragen müsst? So weit, wie es eben erforderlich ist. Das ist alles.«
    Cedrics Miene klärte sich plötzlich. Stumm nickte er, wandte sich ab und ging die Brücke zurück, in der Faust den kleinen Anhänger.
     
    »An deinem Armband sind viel mehr Anhänger, als du Begleiter hast«, bemerkte Hanin, während sie langsam weiter hinaufstiegen. Ungeduld war hier nicht angebracht, der Hügel konnte nicht erstürmt werden. Er hatte seine ganz eigene Zeit.
    »Ja, die sind meine Reserve«, antwortete Laura. »Es hätte sein können, dass wir mehr sind. Na ja, eigentlich sind wir das ebenfalls.«
    »Das ist der eigenartigste Weg, den ich je beschritten habe«, stellte Yevgenji fest.
    Spyridon nickte. »Sehe ich das richtig, Laura – wir hatten gar keine Wahl, aber keiner von uns wird bis oben gelangen?«
    »Ich habe keine Ahnung«, gestand sie. »Ich habe nur dieses Gefühl, ja.« Sie fühlte sich so ruhig und ausgeglichen wie selten in den vergangenen Wochen. Sie wusste , ohne es rational begründen zu können, dass sie oben ankommen würde. Bei ihren Begleitern war sie dessen von Anfang an keineswegs sicher gewesen.
    »So lernen wir alle dazu«, stellte Naburo fest. »Auch ich bin erstaunt. Die Lehre, die ich hier erteilt bekomme, wird sich mir erst später erschließen, doch ich bin dankbar darum.«
    Hanin blieb stehen und beschattete ihre Augen. »Ich kann dieses Leuchten nicht mehr ertragen.« Ihre Augen tränten, als würde sie besonders scharfe Zwiebeln schneiden.
    Laura musste zugeben: Das Leuchten dort oben auf dem Hügel war sehr grell. Und da es von einem Spiegel kam, wäre es kein Wunder, wenn so mancher Elf das nicht ertragen konnte.
    Die Assassinin versuchte, einen Schritt zu gehen, und schüttelte dann den Kopf. »Ich kann nicht. Es ist mir unmöglich, einen einzigen Schritt weiterzugehen.«
    Naburo, der bereits auf der nächsten Stufe war, verharrte. Dann kehrte er zu der Granatäugigen zurück. »Ich werde nicht von deiner Seite weichen.«
    »Macht es dir nichts aus?«
    »Noch nicht.«
    »Dann musst du weitergehen.«
    »Das wird er nicht, Hanin«, erklärte Laura. »Ihr habt erreicht, was ihr erreichen wolltet.«
    »Es ist nicht die höchste Stufe! Das ist inakzeptabel«, stieß Hanin in verletztem Stolz hervor.
    »Es ist deine höchste Stufe«, erklärte Laura geduldig. »Versteh doch, es geht hier nicht um die Höhe und die Bewältigung der einhundertfünfundzwanzig Stufen. Es geht um deinen inneren Pfad.«
    »Ich verstehe deinen menschlichen Priesterkönig nicht.«
    »Unsere Philosophien sind zugegeben sehr verschroben und meistens nicht nachvollziehbar, es sei denn, du verfügst über in sich gedrehte und mehrmals gewundene Gehirnknoten.« Laura nahm die Handtasche und die Eiswaffel und reichte sie den beiden Kriegerelfen. Sie grinste, als sie Naburos verdutztes Gesicht sah.
    »Es ist nur eine symbolische Geste und hat weiter keine Bedeutung.«
    »Das will ich mal glauben.« Er betrachtete die Eiswaffel forschend, bevor er die Faust schloss. »Einen guten Weg, Laura. Wir erwarten

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