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Spiegelblut

Spiegelblut

Titel: Spiegelblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta Maier
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jemandem auszuleben, der dasselbe Bedürfnis hat, ist nicht verwerflich. Alle anderen Begierden muss man kontrollieren. Es ist nur sehr schwierig, wenn man einen Seelenbruder hat, der genau das nicht tut. Aber …«
    »Aber?«
    »Aber ich fürchte, die Liebe ist trotzdem stärker. Es wird mir nicht immer gelingen, meine Gefühle für dich zurückzudrängen.«
    Die Liebe ist stärker! Diese Worte fühlten sich groß an in meiner Brust. Sie sollten mich freuen und mich glücklich machen, und doch weckten sie nur Sehnsucht nach seinen Berührungen.
    »Das hoffe ich«, presste ich nur hervor.
    »Nein, hoffe es nicht.« Er klang ein bisschen wehmütig unter den hundert Lagen Kontrolle. »Denn sonst wird er hierherkommen, dich töten oder mitnehmen. Die Liebe ist ein Hindernis in seinem Leben.«
    »Und wenn er nicht kommt, muss ich dann dich fürchten? Wirst du mich töten, wenn die Macht in meinem Blut zu groß wird?«, fragte ich leise. »Du hast vorhin gesagt …«
    »Ich könnte dir niemals wieder wehtun!« Jetzt stand er abermals ganz nahe vor mir, der Mund hart, die Augen sanft. Ich spürte seine Beherrschung fast körperlich. War meine Kraft gewachsen, weil ich beim Lichtwechsel immer Remos Seelenanteil spiegelte? Aber wenn ich ihm das sagte, würde er es mir verbieten. »Niemals, Coco-Marie!« Wieder legte er die Hand in meinen Nacken, weder sanft noch fest. Einfach nur nachdrücklich. Er zog mich ein Stückchen nach oben.
    »Du hast ein Faible für den Nacken einer Frau, oder?«, wisperte ich.
    »Nein, nur für deinen.«
    »Hast du mich deswegen damals am Genick auf den Tisch geknallt?«, fragte ich ihn und diesmal war es an mir, Missbilligung zu zeigen.
    »Vielleicht.« Er zwinkerte und sah so tief, weich und dunkel in mich hinein, dass meine Knie zitterten. »Es tut mir leid, was ich getan habe. Ich habe Shanny gefragt, welche Strafen bei Menschen üblich sind …«
    »Bei den Menschen üblich …?«
    »Sie wusste nicht, wieso ich sie das gefragt habe. Sie hat mir verschiedene Erziehungsmethoden im Laufe der Jahrhunderte aufgezählt. Erst als ich dich eingesperrt habe, hat sie mich zur Rede gestellt und mir vorgeworfen, ich hätte ihr Vertrauen missbraucht …« Er strich mir mit seiner freien Hand über die Wange. »Ich kenne mich nicht damit aus, was normale Menschen so tun. Ich habe sie gemieden, seitdem ich das Königshaus verlassen habe.«
    »Leben dort auch normale Menschen?«
    »Ein paar Bedienstete. Aber sie wissen nicht, was wir sind.« Wieder ließ er die Finger über meine Wange gleiten, als wollte er sich damit für seine Schläge entschuldigen. »Natürlich habe ich Kontakt zu meinen Lichtträgern, doch sie kennen uns und unsere Gesetze. Das kann man nicht mit unwissenden Menschen vergleichen. Lichtträger sind an die Härte unserer Rasse gewöhnt, immerhin kämpfen sie mit uns auf Leben und Tod. Aber dich konnte ich schlecht auf unsere Art für deinen Ungehorsam bestrafen.«
    »Für meinen Ungehorsam?«
    »Das wäre zu hart gewesen.«
    »Zu hart?« Coco, gleich wachsen dir Federn und du fängst an zu krächzen!
    Er nickte. »Selbst, wenn es nicht die alten Traditionen gewesen wären … Es war auch so hart genug, aber ich musste ja gleichzeitig verhindern, dass du mich magst …«
    »Allein deine Obhutregeln haben mich dich verachten lassen …«, sagte ich leise.
    »Die waren und sind notwendig. Zu deinem Schutz, Coco-Marie.« Seine Finger schlangen sich ein bisschen fester um meinen Nacken. »Gerade weil du wirklich ein Spiegelblut bist.«
    »Kann ich denn jetzt immer spüren, was du fühlst?« Ich wand mich ein bisschen herum, ich mochte es nicht, wenn er mir seine Stärke demonstrierte, auch wenn er es neckend meinte.
    »Du meinst, was Remo und ich fühlen? Ich kann es ein wenig abblocken. Ich bin nicht umsonst schon Jahrhunderte alt. Aber deine Macht wächst. Du wirst immer geübter darin werden. Es wird eine Herausforderung sein – ich meine, wie sollte ich dich sonst davor bewahren, über mich herzufallen?« Ganz sanft zog er seine Hand aus meinem Genick.
    Ich musste kichern. Es war seltsam befreiend, in seiner Nähe zu lachen – ich spürte einen winzigen Impuls Wehmut in ihm, vielleicht, weil er es nicht konnte.
    »Es wird jetzt immer schwerer, deine Kraft vor den anderen geheim zu halten, Coco.«
    Warum bist du plötzlich so ernst und siehst mich so eigenartig an?
    »Ich weiß nicht, ob die anderen Vampire dein Blut bereits wahrnehmen, ich tue es auf jeden Fall. Noch ist es eine Ahnung,

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