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Spiegelblut

Spiegelblut

Titel: Spiegelblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta Maier
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Finger krochen unter den nachgebenden Stoff, meereskalt wie Tentakel tasteten sie sich über meinen Bauch, weiter hinauf, umfassten meine Brust.
    Bitte nicht! Bitte nicht!
    »Ich wollte warten …«, flüsterte er. Seine Hand krallte sich in mein Fleisch. Die Bewegung erinnerte mich an Damontez, wenn er gegen seine Qual kämpfte. Vor Schmerz krampfte sich mein Körper unter ihm zusammen. Wütend zog Draca die Wunden tiefer, als wäre seine Unbeherrschtheit meine Schuld. »Aber ich schaffe es nicht, dein Blut ist zu stark. Es musiziert – hörst du? Hörst du das?«
    Wir lauschten beide in die Nacht. Ich hörte nichts mehr außer dem Rauschen des Blutes in meinen Ohren und den schrecklichen Tönen der Angst, die mir meine Spiegelsicht schickte.
    »Wo ist Fa-Faylin? Weiß er, dass ihr mich habt?« Ich versuchte, deutlich zu sprechen, aber sein Bann lähmte meine Zunge.
    »Natürlich weiß er es. Wenn wir mit dir fertig sind, bringen wir dich zu ihm.«
    Damit er mich persönlich töten kann? Oder will Faylin meine Kraft erst für seinen Krieg nutzen? Spiegel Dracas Seele! Verwirr ihn!
    Ein Flattern regte sich in mir, leicht wie ein Lufthauch. Es prickelte und mit einem Ruck glättete sich das Origami wie ein Segel im Wind. Mein Körper spannte sich, ich bog mich Draca entgegen. Ein Stern fiel über mir vom Himmel, zumindest sah es so aus.
    Draca sprang auf, und ich flog auf die Beine, hob die Arme und spürte das helle Leuchten in mir wie im Kirklee-Tunnel. Es schien aus meiner Haut herauszustrahlen.
    »Es ist wieder Frühling!« Dracas Augen wurden groß wie die eines erstaunten Kindes. Für einen winzigen Augenblick wirkte er menschlich. Empfindungen und Bilder zuckten von mir zu ihm: Ein Blumenmädchen mit einem Kranz voller Schneeglöckchen, es hielt Hyazinthen in den Händen …
    »Bring sie mir zurück!« Betteln und Befehl. »Bring. Sie. Mir. Zurück. Du kannst es! Du bist ein Spiegelblut!«
    Er kam auf mich zu. Halb verrückt vor Sehnsucht und Zorn. Aber ich wusste nicht, was ich tun musste, um eine Seele zurückzugeben.
    »Ich kann es nicht!«, schrie ich nach oben. »Wieso gelingt es mir nicht?« Ich wäre durchaus bereit gewesen, ihm seine Seele für mein Leben zu geben.
    Das Origami knitterte, fiel zusammen, so sehr ich mir auch Mühe gab, es zu halten. Draca und ich starrten uns an. Sekunden vergingen. Er war von seiner eigenen Seele versucht. Jetzt würde er mich töten. Jede Bewegung, die ich machte, war unendlich langsam, fast wie in Zeitlupe. Ich drehte mich um, meine Haare wehten, ich rannte los. Keinen Wimpernschlag später riss er mich um, knallte meinen Kopf auf den Waldboden.
    »Ich hab gesagt: Bring sie mir zurück!«
    »Draca!« Raven zerrte den Vampir über mir in die Höhe. »Reiß dich am Riemen!«
    Draca flog zehn Meter nach hinten und prallte an einen knorrigen Stamm. Sofort kam ich auf die Beine, wollte nach vorne stürzen, doch Raven erschien wie aus dem Nichts vor mir, als hätte er sich dort materialisiert.
    »Nein, kleines Spiegelblut.« Er schüttelte gespielt bedauernd den Kopf. »Wir widmen uns jetzt deinen Kräften.« Oh. Mein. Gott! Sie wollten den Test mit mir durchführen. Aber wieso? Sie wussten, was ich war. Doch ich verstand es, noch ehe ich zurückwich. Sie machten mein Blut kostbarer, mächtiger. Wenn sie es danach tranken, wäre es viel mehr wert.
    »Hast du alles dabei?« Draca kam wieder näher und blieb hinter mir stehen. Sandwichtaktik. Obwohl mich keiner von ihnen derzeit mit einem Bann belegte, konnte ich mich nicht rühren. Ich sah zu, wie Raven drei Stricke aus den Untiefen seines schwarzen Ledermantels zog und achtlos auf den Boden warf.
    »Augenbinde? Ohrstöpsel?« Draca packte meine Handgelenke und hielt sie fest.
    »Ich hab alles dabei, reg dich ab!« Raven war der erste Vampir, der ein wenig neumodischer sprach. Es ließ ihn jünger und menschlicher wirken, aber es konnte mich nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, was er war: ein gerissener, skrupelloser Spiegelblutjäger, der zudem die mörderische Eleganz und das Aussehen einer Großkatze besaß.
    Er kramte weiter in seinen Taschen und präsentierte Draca kurze Zeit später ein schwarzes Tuch und die Ohrstöpsel, als hätte er sie wie ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert.
    »Und nun zu dir, mein Herz.« Draca ruckte so hart an meinen Armen, dass ich dachte, meine Schultergelenke würden auskugeln. Nur mit Mühe unterdrückte ich einen Aufschrei. »Ich wünsche mir von dir jetzt das gefällige und

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