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Spiegelblut

Spiegelblut

Titel: Spiegelblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta Maier
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raus.«
    Das hatte er getan, viel zu früh. Heute wusste er es sicherlich. Nur ich hinkte seiner Frage seit Jahren hinterher.

8. Kapitel
    »Düfte sind wie die Seelen der Blumen,
man kann sie fühlen,
selbst im Reich der Schatten.«
    JOSEPH JOUBERT
    Als Damontez gesagt hatte, ich dürfte mich in der Gegenwart anderer Vampire nur mit Blinzeln verständig machen, hatte ich glatt vergessen, dass auch Pontus ein Vampir war. Umso schlimmer war es für mich, als ich Pontus plötzlich in der Heiligen Halle gegenüberstand. Ich wollte freudig auf ihn zustürmen, froh, Damontez nicht mehr alleine ausgeliefert zu sein, doch dieser hielt mich am Arm zurück. Mit einem einzigen Blick machte er mir klar, wo mein Platz war, und zog mich mit einer achtlosen Bewegung hinter sich wie ein räudiges Tier. Er würde für Pontus keine Sonderregel gelten lassen.
    Als ich Pontus’ fragenden Blick auf mir spürte, saßen meine Tränen lockerer als in all den Stunden zuvor. Meinen Kopf unten zu halten, kostete keine Kraft, es kam mir vor, als hätte Damontez mir einen Schlag ins Genick verpasst.
    »Was genau soll das werden, wenn es fertig ist?«, hörte ich Pontus mit einer Stimme fragen, an der man Messer hätte schärfen können.
    »Ich habe sie unter meine Obhut gestellt. Alles, was ich will, hast du gesagt.« Es lag Trotz in Damontez’ Worten, und obwohl er ihn gut mit Überheblichkeit kaschierte, entging er mir nicht.
    »Das sind die Methoden der Seelenlosen!«, antwortete Pontus geringschätzig.
    »Und ich dachte immer, es sei ein Märchen. Ich habe es dir ja schon angedeutet: Es könnte schwieriger werden, als du denkst.«
    »Aber nicht auf diese Art, verdammt, nicht so, Damontez!«
    »Securum est!«
    »Securum estne? Sicher? In nomine dei – du hast doch den Verstand verloren … Coco …« Pontus flüsterte mit mir. »Hey, Coco!« Das Band der Vertrautheit wollte meinen Blick aufrichten, aber ich wagte es nicht, mich Damontez’ Anordnungen zu widersetzen. Sonst dürfte ich Pontus vielleicht gar nicht mehr treffen. Leider war es mir unmöglich, mich ihm verständlich zu machen.
    »Was hast du mit ihr gemacht?« Pontus klang entrüstet. Obwohl er sich lautlos bewegen konnte, hörte ich seine Schritte. Wahrscheinlich wollte er mir zeigen, dass er da war, nah bei mir.
    »Hast du ihr etwas mitzuteilen, geschieht das durch mich. Und ebenso wird sie sich über mich dazu äußern.«
    Ich schielte nach oben, ohne den Kopf zu heben, so konnte ich ein bisschen was erkennen, doch es stach wahnsinnig in den Augenhöhlen. Sie fixierten sich starr. Sie schienen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gegeneinander abzuwiegen und zu verhandeln, einzig mit ihren Blicken, vielleicht auch mit ihren Erinnerungen. Sie mussten sich gut kennen. Gestern hatte Pontus Damontez noch alle Freiheiten zugesichert, aber da hatte er noch nicht gewusst, dass diese Freiheiten meine eigenen zunichtemachten.
    »Ich möchte mit ihr unter vier Augen sprechen«, sagte Pontus dann nach einer Weile. Mit dieser Aussage akzeptierte er sämtliche Bedingungen von Damontez und versuchte gleichzeitig, eine Ausnahmesituation zu schaffen.
    »Du weißt, dass das gegen die Regel ist. Kein Vampir darf allein mit dem Mädchen eines anderen sprechen. Und antworten darf sie dir sowieso nicht!«
    »Sie ist nicht dein Mädchen!«, spie Pontus ihm vor die Füße.
    »Sie steht unter meiner Obhut.«
    »Du hast keine Ahnung von Menschen. Von Mädchen schon gar nicht. Hilf ihr ein bisschen bei der Eingewöhnung. Lass mich mit ihr reden! Mir vertraut sie.«
    »Wenn du darauf bestehst: Fragen wir sie doch einfach, ob sie auch will. Möchtest du ihn treffen, Coco-Marie?« Damontez sah mich über seine Schulter hinweg von oben herab an. Er wusste, dass ich es wollte, wieso fragte er mich? Um mich absichtlich zu demütigen oder um zu testen, ob ich mich an diese Regel erinnerte? Ich bekam den Kopf kaum hoch, um ihn anzusehen, blinzelte deutlich, einmal. Meine Augen brannten so sehr. Ich ballte die Hände zu Fäusten, öffnete sie wieder und ließ den Kopf sinken.
    »Sie möchte. Leider hat sie sich heute nicht an alle Regeln halten können, vielleicht klappt es ja morgen besser.«
    Noch ein Schlag in meinen brennenden Nacken.
    »Okay, dann eben morgen.« Pontus gab sofort nach. Was immer sie vorhin verhandelt hatten, er hatte verloren oder kapituliert. »Ich werde ihr trotzdem nachher ein paar Sachen vorbeibringen, egal, was du dazu sagst.«
    Bitte, geh nicht weg, geh nicht weg

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