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Spiegelblut

Spiegelblut

Titel: Spiegelblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta Maier
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unmöglich. Plötzlich hatte ich einen ganz schalen Geschmack im Mund.
    Ich sah Shanny an. »Ich habe Angst!«, flüsterte ich ihr zu.
    »Das hätte ich auch. Leider darf ich nicht mitgehen. Damontez hat es mir untersagt.«
    »Aber ich bin dabei!« Myra knuffte mich in die Seite. »Und ich lasse dich keine Sekunde aus den Augen.« Beide wählten ihre Worte so, dass weder Ashlynn noch Khea Verdacht schöpfen konnten.
    Ich rang mir ein Lächeln ab. »Danke, Myra. Kommst du auch mit, Ashlynn?«
    Die Vampirin nickte. »Willst du mein Kleid sehen? Ich habe es hier bei Khea.« Sie klang so, als freute sie sich auf den Ball, und wenn sie tatsächlich glaubte, es ginge um ein Ende der Kämpfe, konnte ich es ihr noch nicht einmal verdenken, also sagte ich: »Unbedingt!«
    Sie verschwand und kam mit einem lindgrünen Ballkleid mit engem Korsagenoberteil und weitem Reifrock zurück. Am unteren Rand hatte es samtene Stickereien in Gold, die bei jeder Bewegung Bilder entstehen ließen. Mal bildeten die Goldfäden Drachen, dann sah es aus, als flögen Schwäne über ein Meer aus Schilf davon.
    »Oh … es ist zauberhaft!« Ich konnte mich kaum an den goldenen Mustern sattsehen.
    »Die Blutmädchen dürfen keine ausgestellten Ballkleider tragen«, erklärte mir Khea.
    Ich nickte nur und dachte an die Liste, die Damontez mit mir durchgegangen war. Sie enthielt fast nur Verbote. Ich hatte den ganzen Abend nur hübsch auszusehen und brav hinter ihm zu stehen. Wurde er zum Tanz aufgefordert, musste ich mich neben all die anderen Mädchen setzen und die üblichen Regeln beachten. »Du kannst davon ausgehen, dass mich ständig irgendwelche seelenlosen Vampirbräute zum Tanz auffordern werden« – das hatte er tatsächlich so gesagt. »Die Nefarius stiften sie dazu an, damit sie euch Blutmädchen ungestört umgarnen können.« So wie es aussah aber auch, um ihn für sich zu gewinnen, denn er schien nicht nur Glynis zu gefallen. Als Halbseelenträger hatte er wohl Verehrerinnen auf beiden Seiten.
    Shanny brachte mich in den Herrensaal, in dem Damontez bereits auf mich wartete. Kurz bevor wir eintraten, hielt sie mich am Arm zurück, das Gesicht ernst, die Augen flehend.
    »Würdest du heute Abend etwas für mich tun, wenn es dich nicht in Gefahr bringt?« Sie flüsterte, als dürfte es niemand hören, und sprach sofort weiter: »Es gibt da ein Mädchen, das ich kenne. Es steht unter der Obhut von Faylins rechter Hand Draca. Ihr Name ist Leslie.« Sie atmete tief durch, ihre hellen Augen schimmerten von ungeweinten Tränen. »Sag ihr, dass ich bei Damontez bin, sag ihr, dass ich alles tue, um sie dort rauszuholen.«
    »Shanny, was ist …«
    Sie presste die Lippen zusammen und deutete ein Kopfschütteln an. »Frag nicht, bitte !«
    Mein Herz wurde beim Anblick ihrer Trauer noch schwerer, und ich erkannte, dass die Schatten in ihrem blassen Gesicht eine eigene Geschichte erzählten.
    »Mach es nur, wenn es dich nicht in Gefahr bringt! Versprich mir das!«
    Ich nickte mechanisch. Für Shanny würde ich alles tun!
    »Wenn du ein Spiegelblut bist, helfe ich dir wie versprochen bei der Flucht, obwohl du bei Damontez nie etwas zu befürchten hättest!«
    »Er hat mein Blut …«
    Der Druck um meinen Oberarm wurde fester. »Das war notwendig, Coco. Frag nicht !« Das klang fast wie eine geheime Verschwörung. Wieso war es notwendig gewesen, dass er mein Blut getrunken hatte? Das ergab keinen Sinn.
    »Warum hilfst du mir nur, wenn ich ein Spiegelblut bin?«
    »Weil er dich ansonsten sowieso gehen lässt. Aber wenn doch … ich brauche dich.«
    »Für was …« Ich wollte noch viel mehr sagen, aber Shanny hatte bereits die Tür geöffnet.
    Damontez gegenüberzutreten, zurechtgemacht, wie er es vorschrieb, fiel mir noch schwerer, als erwartet. Als er mich in der Tür stehend entdeckte, weiteten sich seine Augen in einer mich beunruhigenden Intensität. Sekundenlang sagte er kein Wort, starrte mich nur an. Mein Blick ging aus lauter Verlegenheit zu Boden, mein Herz klopfte.
    »Komm her zu mir!« So oft hatte er das schon gesagt und doch klang es diesmal ganz anders. Weicher, aber auch ein wenig begehrlich. Ich tat wie geheißen und blieb mit zitternden Knien vor ihm stehen. Er erschien mir noch größer als sonst. Als er den Arm hob, zuckte ich zurück, dann erst bemerkte ich die glitzernden Stahlreifen in seinen Fingern. Der größte davon sah aus wie ein Hundehalsband, trotz der schmückenden Swarovskikristalle. Er öffnete die Verschlüsse und die

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