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Spiegelriss

Spiegelriss

Titel: Spiegelriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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interessiert.«
    Sein Kinn deutet ein Nicken an. Immerhin.
    »Ksü, das ist Kojote.« Ich weiß nicht, welcher Part dieser Show der schwierigere ist. »Er ist… so eine Art Chef eines Rudels, das gestern von einer Razzia zersprengt wurde. Das Rudel hat mich aufgenommen, als ich orientierungslos durch die Straßen irrte, nachdem…« Ich überlege, wie ich das nennen soll. Nachdem ich vor dem Feuer geflohen war? Ich wollte nicht fliehen. »Nachdem der Wald mich rausgeschmissen hat«, sage ich schließlich.
    »Der Wald hat dich rausgeschmissen?« Ksü reißt ihre Augen auf, wieder schimmert so viel Vertrautes durch die neue Härte ihrer Gesichtszüge durch. »Wie kann das sein?«
    »Hast du nicht gesehen, wie es war?«
    »Ich habe es gesehen«, sagt Ksü. »Du warst mit Laura im Haus. Ihr wart alleine. Ihr habt euch unterhalten. Sehr laut. Es hat… nach einem Streit geklungen, Juli.«
    »Konntest du sehen, was ich getan habe?«, frage ich mit klopfendem Herzen.
    »Nein«, sagt sie und ich atme erleichtert aus. Wenigstens kann ich diese schreckliche Wahrheit für mich behalten.
    »Der Wald war zu laut«, fährt Ksü fort. »Es kam ein Wind auf, alles hat geraschelt, irgendwas hat in der Ferne geheult, ich hab mich noch gefragt, ob es ein wildes Tier ist oder auch nur ein Windstoß. Und dann hat alles um uns herum angefangen zu brennen. Laura rannte heraus und schrie die Flammen an und drängte sie mit den Händen weg. Dann drehte sie sich zu uns um und rief: ›Lauft los! Jetzt wird’s für euch gefährlich.‹ Und wir rannten los. Wir dachten, du hättest das Gleiche gemacht.«
    »Nein, ich war im Haus«, sage ich. »Ich war so wütend auf meine Mutter… Ich hab gar nicht kapiert, dass der Wald brennt. Nicht sofort.«
    Ksü sieht mich verständnislos an. Sie muss denken, dass ich jetzt komplett wahnsinnig bin. Dann zucke ich wieder zusammen, diesmal, weil sich Kojotes Arm ohne Vorwarnung um meine Taille legt. Wieso denkt hier neuerdings jeder, dass er mich begrapschen darf, denke ich genervt. Ich knuffe ihn in die Rippen und mache einen Schritt zur Seite, mit dem ich mich unauffällig hinauswinden will. Klappt nicht wirklich gut.
    Kojote steckt die Hände in die Hosentaschen und verzieht den Mund zu einem schiefen Grinsen. »Juli also«, sagt er gedehnt. »Juli ist der Name, den man in diesen Tagen ständig hört. Kein Aktienkurs stürzt ab, ohne dass Juli ihre Finger mit im Spiel hätte. Kein Lebensmittelskandal, ohne dass sie mitmischt. Du hast sehr interessante Bekanntschaften, Babyfuß.«
    Nichts sagen, Ksü, flehe ich innerlich, halt jetzt einfach den Mund. Ich sehe doch, dass du Kojote nicht leiden kannst, verzichte aber bitte auf diese Überheblichkeitsgeste. Du kennst ihn nicht und kannst auch nicht wissen, dass es seine Art ist, Späße zu machen. Aber warum vertraust du mir nicht? Denkst du, ich bringe einen Feind mit?
    Sie hat recht, man kann mir nicht mehr vertrauen. Ich vertraue ja auch niemandem mehr.
    Was auch immer Kojote denkt, er ist wahnsinnig schlau und ich habe bereits den Fehler gemacht, ihn hierherzubringen. Was natürlich schon wieder Quatsch ist, denn er hat mich hierhergebracht. Er hat mich nach einem Ort gefragt und ich habe geantwortet.
    Sag einfach nichts, richte ich eine stumme Bitte an Ksü, denn du kannst nicht wissen, worauf er hinauswill. Ich weiß es ja selber nicht.
    Aber meine Gedanken haben keinerlei Wirkung auf Ksü, die sich zu Kojote dreht und mit schlecht unterdrücktem Zorn zischt: »Wenn du ihr was antusssst, bissst du tot, Schwachkopf.«
    Halt die Klappe, Ksü, denke ich verzweifelt, bitte halt die Klappe.
    Und dann höre ich zwei Dinge: Kojotes kehliges Lachen und das Knistern von Papier. Ich drehe mich zu ihm und sehe, wie er etwas aus den Tiefen seiner Kleider herausholt und entfaltet, was ziemlich schmutzig und bunt bedruckt ist, er hält es gegen die Wand und streicht es glatt und ich brauche Zeit, um zu kapieren, worum es sich nun genau handelt. Es ist das Fahndungsplakat mit der Haarspangen-Juli, mit den schreienden Buchstaben, die mich zu einer Mörderin erklären.
    Mir entfährt ein erschrockenes Quieken. Ksü runzelt die Stirn und kommt näher. Kojote ignoriert sie.
    »Entspann dich, Babyfuß.« Er klopft mir auf die Schulter. Mit der anderen Hand hält er das Plakat neben meinen Kopf. Ich unterdrücke den Impuls, mir beide Hände vors Gesicht zu schlagen. Ich kann mich nicht mehr verstecken. Mein Herz klopft irgendwo im Hals. Kojote schaut zwischen meiner Nase

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