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Spiegelriss

Spiegelriss

Titel: Spiegelriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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Flammen. Sssie haben uns in Richtung Ausgang getrieben.«
    »Und dann seid ihr hier gelandet?«
    Sie nickt und schaut zu Kojote hoch, der uns reglos zuhört.
    »Wo ist das Quadrum, Ksü?«, frage ich. »Ihr seid dadurch zurückgekommen, also existiert es noch. Warum habt ihr es abgehängt? Habt ihr Angst?«
    Sie senkt den Blick. »Ivan wollte essssss so«, sagt sie.
    »Verstehe«, sage ich heiser.
    »Nein, es ist nicht sssso, wie du denkst«, sagt sie eilig und wieder schießt ihre Zunge hervor, ich sehe ihr gespaltenes Ende, bevor sie sich einen Bruchteil von Sekunden später zurückzieht.
    »Habt ihr die Quadren überhaupt noch?«, frage ich. »Oder habt ihr alle entsorgt?«
    Sie streckt wie selbstverständlich die Hand nach mir aus. »Komm mit. Ich zeig dir wassss.«
    Ich reiche ihr meine Finger, bemüht, mir meine neue Angst vor ihr nicht anmerken zu lassen. Dann durchflutet mich die Erinnerung daran, wie wir uns in den schlimmsten Momenten an den Händen gehalten haben. Die Wärme ihres Händedrucks hat mich damals aufrecht gehalten. Jetzt ist ihre Haut kalt und trocken, aber mit einem Mal ekele ich mich nicht mehr davor. Trotzdem kann ich ihr immer noch nicht ins Gesicht schauen, das sich so verändert hat.
    Kojote folgt uns lautlos. Ksü ignoriert ihn, als hätte ich einen seelenlosen Bodyguard mitgebracht, den man wie ein Möbelstück behandeln kann. Das sieht der früheren Ksü gar nicht ähnlich. Ich denke flüchtig daran, dass ich Kojote vielleicht bitten sollte, in der Küche zu warten. Aber ich weiß auch selber, dass die Vorstellung absurd ist. Kojote ist nicht der Typ, der gehorsam in der Küche wartet.
    Die Treppenstufen knarzen vertraut unter unseren Füßen. Wieder atme ich gierig ein, wieder bleibt das erwartete Glücksgefühl aus. Ein verwinkelter Flur, noch eine Treppe und dann macht Ksü eine Tür auf.
    »Aber krieg keinen Schschschock«, zischt sie.
    Genauso gut hätte sie mir das Luftholen verbieten können. Hier war ich noch nie gewesen. Ich hatte mir den Abstellraum der Quadren meiner Mutter immer wie eine kleine Kammer unter der Treppe vorgestellt, die man nur gebückt betreten kann. Aber das abgedunkelte Zimmer ist groß. Nur atmen lässt es sich schwer darin, es riecht verraucht und brennt sofort in meinen leidgeprüften Lungen. Ich höre Kojote neben mir kurz würgen.
    »Ich wusste gar nicht, dass es so viele Quadren gibt«, flüstere ich. »Sind das alles Zugänge zum Wald? Wenn ich das früher geahnt hätte.«
    »Nicht sssso schnell«, sagt Ksü und drückt auf den Lichtschalter. Es wird schlagartig so hell, dass es mir in den Augen brennt. Durch die Schlitze zwischen den zusammengekniffenen Augenlidern sehe ich mehrere Dutzend Rahmen in unterschiedlichen Größen. Aber meine Freude darüber verpufft sofort.
    Sie sind alle verkohlt. Die Leinwände sind komplett zerstört, nur verrußte Fetzen hängen wie verbrannte Haut herunter.
    »Was ist hier passiert?«, flüstere ich. »Wieder ein Attentat?«
    Ksü schüttelt traurig den Kopf.
    »Die waren schon sssso, als wir hier ankamen. Auch das Quadrum, aus dem wir rausgeflogen waren. Sie fühlten sich alle noch warm an. Ssssonst war nichts zerstört.«
    »Das Waldfeuer hat also auch die Zugänge verbrannt.«
    »Ja«, sagt Ksü. »Und wie es aussssssieht, komplett.«
    »Aber meine Mutter ist mit meinen Geschwistern dadrin geblieben!«, brülle ich und breche in Tränen aus, wie die frühere Juli, die keine bessere Antwort auf Schwierigkeiten wusste. »Das heißt, wenn alle Quadren vernichtet sind, kann ich nicht mehr zu meiner Familie in den Wald zurück! Falls sie überhaupt noch am Leben sind.«
    »Vielleicht gibt es irgendwo doch noch eins, das heil geblieben ist«, sagt Kojote plötzlich.
    Ksü und ich, wir drehen uns gleichzeitig zu ihm um. Wir hatten beide fast vergessen, dass wir nicht unter uns sind – so lautlos hatte er sich an unsere Fersen geheftet, so unauffällig, fast mit der Umgebung verschmolzen. Ksü mustert ihn erneut misstrauisch von Kopf bis Fuß, in ihrem Gesicht steht Abneigung, die mich überrascht.
    In mir regt sich die frühere Normale Juli Rettemi, die sich ihrer Manieren entsinnt. Ich habe die beiden nicht einmal einander vorgestellt, denke ich.
    »Kojote, das ist Ksü«, sage ich. »Meine allerbeste Freundin«, füge ich hinzu, als hätte ich eine Menge Freundinnen, die besten und die weniger besten. »Wir… wir haben viel zusammen durchgemacht. Ich versuche es dir ein andermal zu erklären, wenn es dich

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