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Spiegelschatten (German Edition)

Spiegelschatten (German Edition)

Titel: Spiegelschatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Bedeutung hat die Tatsache, dass der Mörder seine Opfer auf immer dieselbe Art und Weise tötet?«
    » Nach welchen Kriterien hat er seine Opfer ausgewählt?«
    » Wieso tötet er lediglich homosexuelle Männer? Warum keine lesbischen Frauen?«
    Die meisten Fragen blieben unbeantwortet. Bert Melzig war nicht der Mann, der öffentlich Spekulationen anstellte, und er hatte kein Problem damit, das zu äußern.
    » Sie sollten nicht Polizei und Staatsanwalt fragen«, raunte Ingo Romy zu, » sondern einen Psychologen.«
    Genau das hatte Romy sich gerade überlegt.
    » Der erste Mord liegt sechs Tage zurück«, hörte sie eine Kollegin vom Bonner Stadtanzeiger sagen. » Inzwischen hat der Täter zwei weitere homosexuelle Männer getötet. Die polizeilichen Ermittlungen verlaufen angesichts dieses Tempos ja geradezu gemütlich.«
    Der Staatsanwalt wies diese Unterstellung scharf zurück. Bert Melzig blieb äußerlich unbeeindruckt.
    » Sie sagen, es waren keine Sexualmorde?«
    » Nein. Es gab keine Anzeichen einer sexuellen Handlung.« Bert Melzig wandte sich wieder den übrigen Journalisten zu.
    » Können Sie ausschließen, dass es sich bei dem Täter um eine Frau handelt?«
    » Dazu möchten wir uns nicht äußern, um den Gang der Ermittlungen nicht zu gefährden.«
    Ingo bewegte sich unruhig auf seinem Stuhl. » Die Allzweckwaffe der Polizei«, sagte er höhnisch. » Das gibt ihnen die Möglichkeit, zu allem zu schweigen, was sie noch unter der Decke halten möchten.«
    Am Ende der Pressekonferenz war klar gewesen, dass die Polizei von einer heißen Spur noch Meilen entfernt war.
    Während Romy zu Abend aß, ließ sie sich die Gespräche mit den Maltesern noch einmal durch den Kopf gehen. Sie waren leider auch nicht ergiebig gewesen. Die meisten Kollegen hatten Tobias nicht besonders gut gekannt. Er hatte kaum Nähe zugelassen und nach den ersten Wochen hatten sie keine Nähe mehr gesucht.
    Niemandem war an den Tagen vor dem Mord an Tobias etwas Verdächtiges aufgefallen. Keine Unbefugten in der Nähe der Geschäftsstelle oder der Einsatzfahrzeuge. Keine sonderbaren Vorkommnisse während der Arbeit. Keine merkwürdigen Anrufe. Keine Drohbriefe.
    Alles war gewesen wie immer.
    Trügerisch ruhig.
    Enttäuscht war Romy zu der Verabredung mit Björn gegangen. Sie hatten sich im Eiscafé am Markt getroffen, und es hatte sie erschreckt, wie blass und angespannt sein Gesicht gewesen war.
    » Wir geben uns alle unbefangen, fast abgebrüht«, hatte er gesagt. » Dabei lauert unter der Oberfläche die Panik. Jeder von uns schleicht um eine einzige Frage herum: Wer wird der Nächste sein?«
    Beide dachten dasselbe, doch sie sprachen es nicht aus.
    Schweigend löffelten sie ihr Eis.
    » Du«, sagte Romy schließlich zögernd.
    » Oder Maxim.« Björn nickte. » Der Täter hat längst rausgekriegt, dass er zurzeit bei mir wohnt.« Er ließ den Löffel sinken. » Er weiß alles, Romy. Alles. Er weiß ja sogar von dir.«
    Romy spürte, wie sich das Entsetzen, das sie den ganzen Tag unter Kontrolle zu halten versucht hatte, wieder in ihr regte. Das durfte sie nicht zulassen.
    » Er hat recherchiert, wie Journalisten das tun. Er war fleißig und hat sich gut vorbereitet. Aber er ist nicht allwissend, Björn.«
    Eine Gruppe von jungen Leuten kam herein und brachte die Kälte von draußen mit. Björn zog unwillkürlich die Schultern zusammen.
    » Hast du gehört, Björn?«
    Er reagierte nicht, war mit den Gedanken ganz woanders.
    » Er ist nicht Gott!«
    » Nein«, antwortete Björn. » Er ist das Gegenteil. Der Teufel.«
    Romy griff nach seiner Hand und drückte sie hilflos.
    » Ich habe lange darüber nachgedacht«, sagte Björn. » Keiner von uns hat eine Chance. Ob wir weglaufen oder bleiben– er wird uns finden.«
    » Das ist Quatsch, Björn. Er kann nicht überall zugleich sein. Nicht mal er.«
    » Aber es kommt mir verdammt so vor.«
    Hinter ihnen explodierte Gelächter und beide zuckten zusammen.
    » Wie schreckhaft wir geworden sind«, sagte Romy.
    » Und wie feige.«
    » Das stimmt nicht, Björn! Wir haben dem Kerl die Stirn geboten. Wir haben ihn offen attackiert und…«
    » Wir? Ihn? Attackiert?« Björn verzog die Lippen zu einem ironischen Grinsen. » Die Maus hat gequiekt. Du glaubst doch nicht wirklich, dass sie der Katze damit Angst macht?«
    Danach stockte ihr Gespräch, und Romy spürte, wie sie ärgerlich wurde. Sie winkte dem Kellner.
    » Ich lade dich ein«, sagte sie kalt. » Und dann überlasse ich dich deiner

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