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Spieglein, Spieglein an der Wand

Spieglein, Spieglein an der Wand

Titel: Spieglein, Spieglein an der Wand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Bruhn
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niemandem“, antworte ich und hebe fragend die Flasche. „Cognac?“
    Sie setzt sich neben mich in den Sand und nach ein paar Schlucken rücken wir enger zusammen. Ich ziehe meine Jacke aus und lege sie über uns.
    „Wie alt bist du eigentlich?“, fragt Arendse und wischt sich mit dem Handrücken den Mund ab.
    „Ich bin achtzehn. Und du?“
    „Ich werde im August siebzehn. Hast du eine Freundin?“
    „Nein, momentan nicht.“
    Und sonst auch nie.
    „Ich habe auch keinen Freund.“
    „Gibt es auf dem Øregård keine geeigneten Kandidaten?“
    „Nee, wirklich nicht. Die sind alle total unreif. Weißt du was?“
    Arendse sieht zu mir auf. Das schwarze Make-up ist unterden Augen verschmiert, aber eigentlich sieht sie dadurch noch hübscher aus. „Man sollte ein Ziel haben in seinem Leben. Stimmt’s?“
    „Ja, sollte man“, sage ich altklug und hoffe, dass sie mich nicht nach meinem fragt.
    „Man sollte nicht einfach eine Kopie seiner Eltern oder Geschwister werden. Man sollte etwas wollen, und dann muss man in die weite Welt hinausziehen und …“
    „… sich selbst finden?“
    „Alles Mögliche. Das Ganze.“ Sie zeigt mit dem Arm auf das Meer und die Sterne auf der anderen Seite des Sunds.
    „In Schweden kannst du jedenfalls damit anfangen, Elche und Zimtschnecken zu suchen.“ Sie lächelt und legt ihren Kopf an meine Schulter. „Meine große Schwester hat schon geplant, wie ihr Hochzeitskleid aussehen und wohin die Hochzeitsreise gehen soll. Aber erst will sie ihr Jurastudium fertig machen. Und sie weiß schon genau, in welchem Anwaltsbüro sie später mal arbeiten will. Das ist doch total langweilig.“
    „Stinklangweilig.“
    „Wenn sie Ulrik heiratet, dann hat sie in ihrem Leben gerade mal zwei Freunde gehabt! Und ihr erster Freund sah haargenau so aus wie Ulrik, also hatte sie in Wirklichkeit sogar nur einen.“
    „Und du planst, einmal viele Freunde zu haben?“
    „Ich könnte mir vorstellen, irgendwann mal mit einem Indianer zusammen zu sein.“
    „Mit einem Indianer?“, erwidere ich lachend.
    „Ja, es gibt doch so viele davon. Und du? Was ist mit dir?“
    „Was soll mit mir sein?“
    „Du weißt genau, was ich meine.“
    Tja, das stimmt wohl.

14. März
    Mein Körper sagt mir, dass ich höchstens drei Stunden geschlafen habe, und mein Kopf ist überhaupt nicht in der Lage, eine Einschätzung vorzunehmen, sondern will lediglich wissen, warum wir ausgerechnet jetzt wach werden mussten. Es ist hell, aber ich habe keinerlei Zeitgefühl. Champagner, Wein und Cognac hämmern in meinem Kopf und sorgen ganz nebenbei auch für einen Brechreiz im Hals.
    Irgendein Lärm ist zu hören.
    Da war was mit einer Schwester. Camilla? Carina?
    Jedenfalls hatte sie einen Freund mit einem eigenen Zimmer und deshalb hatte Arendse das Doppelzimmer für sich allein.
    Wieder der Lärm. Sollte ich darauf irgendwie reagieren? Vielleicht sogar, indem ich mich bewege? Oh je, das war eine schlechte Idee. Ich trinke nie wieder Cognac. Hau ab, Welt.
    Arendse bewegt sich. Ihr schwarzes Haar breitet sich auf dem Hotelkissen aus, das so weiß ist, dass es in den Augen wehtut.
    Jahrelang habe ich Pläne geschmiedet und mir Taktiken zurechtgelegt, wie ich Mädchen abschleppen könnte, und dann passiert es einfach so, ohne jede Vorbereitung. Ein Mädchen schleift mich auf ihr Hotelzimmer, wo wir so selbstverständlich Sex haben, dass es nicht mal einen Grund gibt, darüber zu reden. Es war nicht wie damals mit Liv. Nein, eigentlich war es Lichtjahre davon entfernt. Stattdessen war es wild und hastig.Ich riss ihr die Kleider vom Leib. Sie küsste mich gierig. Als müsse sie mir irgendwas beweisen. Sie zerrte am meinem Ding, dass es mehr wehtat als gut, dann war der Ringkampf plötzlich vorbei und sie zog mich auf sich.
    Sagte sie etwas?
    Komm schon …
    Das ist alles, woran ich mich erinnere. Vielleicht hat sie noch mehr gesagt, was mir aber entfallen ist.
    Als ich dann in ihr war, lag sie ganz still da und starrte mich an. Ich dachte noch kurz, dass es ihr vielleicht doch zu schnell gegangen ist, aber dann zog sie mein Gesicht zu sich hinunter und biss mir fest ins Ohr. Ich schrie wie ein Schwein und brüllte wie ein Stier. Der Sex war pumpend, primitiv und alles andere als elegant. Ich ließ mich vom Sturm mitreißen und glitt aus ihr hinaus, als es vorbei war, schnell und unschön zugleich. Wir rollten uns voneinander los und lagen wie zwei gestrandete Schiffe auf einem großen, weißen Strand, ohne zu sprechen. Wenn

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