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Spieglein, Spieglein an der Wand

Spieglein, Spieglein an der Wand

Titel: Spieglein, Spieglein an der Wand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Bruhn
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ihre Mutter sein. Es scheint, als haben sie ihre philippinische Haussklavin geschickt, um die Tochter zu holen.“
    „Nee, meinst du echt?“
    „Okay, vielleicht ist sie auch aus Thailand.“
    Die zierliche Frau hat Schwierigkeiten, Sille vom Sofa zu hieven. Also müssen Nick und ich noch einmal zur Heldentat schreiten und ihr helfen, das Mädchen zum Auto zu tragen. Wir setzen Sille auf den Rücksitz und legen ihr den Gurt um.
    „Ich glaube nicht, dass sie ins Krankenhaus muss“, sagt Nick. „Aber behalten Sie sie lieber in den nächsten Stunden im Auge.“
    Die Frau sieht uns verständnislos an. Sie nuschelt einige schnelle „Thank-yo“s und klettert hinter das Steuer. Im ersten Gang rollen sie die Straße hinab.
    „Hast du nicht mit ihren Eltern gesprochen?“
    „Schon, aber die waren auch gerade auf einer Party.“
    „Das kann doch nicht wahr sein.“
    „Doch.“
    Sowohl Nick als auch ich haben uns manchmal bis zur Besinnungslosigkeit betrunken und wurden von unseren Eltern abgeholt. Damals war es einem natürlich hochnotpeinlich, wenn die Freunde die Mutter alarmiert hatten. Der Anschiss amnächsten Morgen war auch nicht besonders schön. Aber wir waren trotzdem froh, dass sich unsere Eltern die Mühe machten.
    Carl-Philip kommt aus dem Haus und setzt sich ins Auto. Er ist sehr schweigsam und will uns nicht in die Augen sehen. Kurz darauf schläft er ein. Wir decken ihn zu und öffnen die Tür, damit er nicht das ganze Auto vollstinkt. Anscheinend hat er irgendeinen Lakritzschnaps getrunken und ein Großteil davon klebt in schwarzen Flecken auf seiner Hose. Ich bekomme eine SMS von Liv, in der sie mich bittet, zu ihnen hochzukommen.
    Inzwischen wurde die Partygesellschaft durch einige Jungs erweitert, die nicht so aussehen, als gingen sie in die siebte Klasse. Zwei Mädchen, vermutlich Mollys große Schwester und ihre Freundin, diskutieren mit ihnen. Offenbar haben die Typen keine Lust, schon wieder zu gehen. Ich winke Nick mit herein, vielleicht kann er helfen.
    Im ersten Stock sitzen Liv und Arendse im Gästezimmer auf dem Bett. Arendses Augen sind gerötet, ihre Wangen gestreift von Tränen.
    Liv sieht mich an: „Arendse möchte sich gerne bei dir entschuldigen.“
    „Entschuldigung“, murmelt Arendse.
    „Wir haben ein bisschen geredet und Arendse hat inzwischen eingesehen, dass es nicht schlau war, dir weismachen zu wollen, sie wäre sechzehn.“
    „Das ist schon okay“, sage ich zahm.
    „Du wiederum bist ein ziemlicher Arsch, weil du anschließend nicht mit ihr reden wolltest“, sagt Liv und sieht mich streng an. „Es ist nicht besonders toll, wenn einen der Typ danach einfach ignoriert, stimmt’s?“
    Am liebsten würde ich sagen, dass sie mich nach unsererNacht im Bücherlager genauso behandelt hat, aber ich halte den Mund.
    „Also habe ich Arendse versprochen, dass du so etwas nie wieder einem anderen Mädchen antust. Im Gegenzug hat sie mir versprochen, dass sie niemandem von eurer Nacht im Hotel erzählt. Und wenn ihre Klassenkameraden es weitertratschen, wird Arendse behaupten, sie hätte sich das alles nur ausgedacht.“
    Ein Stein …
    Schwer …
    Fällt mir vom Herzen …
    Liv nennt alle Punkte der Einigung, die Arendse und sie soeben erzielt haben. Ich verstehe zu gut, warum Livs Eltern der Meinung sind, sie solle genau wie ihr Vater Anwalt werden. In Verhandlungen ist sie gnadenlos. Arendse sagt nichts, sie nickt lediglich zu allem, was Liv sagt. Plötzlich kommt mir der schreckliche Gedanke, dass sie Details über meine Fähigkeiten im Bett ausgetauscht haben könnten. Haben sie gemeinsame Beanstandungen gefunden und sich gut über meine Unfähigkeit amüsiert?
    Mein Mund wird trocken.
    „Ihr habt euch also lange unterhalten?“, frage ich nervös.
    „Ja, Arendse kennt ja auch Carl-Philip.“ Liv reibt mit ihren Daumen Arendses Wangen ab, wie es die Gouvernanten in Filmen tun, wenn die Kinder zu weinen aufgehört haben. „So! Und jetzt klatschst du dir ein bisschen kaltes Wasser ins Gesicht und gehst wieder runter zur Party. Und wenn dich jemand nach Mateus fragt?“
    „Dann sage ich, ich hätte mit ihm Schluss gemacht.“
    „Korrekt. Du hast ihn sausen lassen, nicht umgekehrt.“
    Arendse steht auf und geht zur Tür, wo ich noch immerdumm herumstehe. Sie sieht mir kurz in die Augen, sagt aber nichts. Dann verschwindet sie aus der Tür und auch aus meinem Leben.
    „Danke für die Hilfe.“
    „Keine Ursache.“
    „Heißt das, du bist nicht sauer?“
    „Warum sollte

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