Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)
seinen Umschlag, merkte sich aber die Absenderadresse. Vielleicht würde sie Barbara einmal kontaktieren und sehen, was aus ihr geworden ist.
Sie blickte sich um. Ein Schreibtisch hatte eine einzelne schmale Schublade, der andere vier übereinander liegende. Sam fing bei der einzelnen an. Erneut hatte sie alle möglichen Papiere vor sich, die sie gesamtheitlich aus der Schublade nahm und auf den Schreibtisch legte. Obenauf waren zwei Strafzettel wegen zu schnellen Fahrens, darunter lag eine lose Blattsammlung. Das oberste Blatt ließ Sam ein großes Unbehagen verspüren, denn als Titel war mit dickem, schwarzem Edding draufgeschrieben: Samantha Veselkova. Das Blatt enthielt neben ihrer Anschrift, Telefonnummer und Emailadresse die Kennzeichen ihrer Fahrzeuge, diverse Gewohnheiten wie beispielsweise die häufige Anlieferung von Speisen durch einen Lieferdienst, sowie die Namen von Personen, mit denen sie in den vergangenen Wochen Kontakt hatte. Um Jans Name war ein roter Kreis gezogen worden, ebenso um Michaels und Nikas. Als sie das sah, zog sich Sams Magen zusammen. Jan war gestorben, Jan hatte einen roten Kreis. Michael hätte bei dem Unfall sterben können und hatte auch einen roten Kreis. Und Nika hatte einen roten Kreis.
Selbst Personen wie beispielsweise Frau Pranger waren aufgeführt, aber ohne zusätzliche Markierung.
Nachdem Sam eine Zeit lang auf das Papier gestarrt hatte, legte sie es ärgerlich weg. Es fiel ihr schwer, die Ruhe zu bewahren.
Das folgende Blatt enthielt einen Ausdruck von der Internetseite Immobilienscout.de. Es handelte sich um das Angebot eines Bauernhofs, welches allerdings über die gesamte Seite hinweg rot durchgestrichen war. Offenbar hatte irgendetwas nicht gepasst.
Auch die nächsten zwei Blätter waren Objektangebote, die scheinbar aus irgendwelchen Gründen nicht in Frage gekommen waren.
Als Sam ein weiteres Blatt begutachtete, fing ihr Herz an schneller zu schlagen. Wieder wurde ein Bauernhof angeboten, dieser war aber nicht durchgestrichen worden. Stattdessen hatte jemand mit dem dicken Edding einen großen Haken draufgemalt.
Sam kontrollierte die nächsten Seiten. Es gab 21-mal den gleichen Ausdruck, immer wieder vom gleichen Hof. Warum hatte Bruno sich das Blatt so oft ausgedruckt?
Sam versuchte, Unterschiede festzustellen. Es dauerte eine Weile, bis sie bemerkte, dass die Ausdrucke alle ein anderes Datum trugen. Scheinbar hatte Bruno sich das Angebot einmal pro Woche ausgedruckt. Das bedeutete, dass der Bauernhof seit mindestens fünf Monaten zum Verkauf stand, eventuell auch noch länger. War es das, was Bruno herausfinden wollte? Hatte er ein Objekt gesucht, das sich schwer verkaufen ließ? Bei dem er kaum mit ungebetenen Gästen zu rechnen hatte, weil sich niemand dafür interessierte?
Sam versuchte, sich in seine Lage zu versetzen. Bei sich zuhause eine Geisel zu halten wäre leichtsinnig gewesen. Aber wo konnte man unbemerkt eine Geisel unterbringen? Und wenn man etwas gefunden hatte, wo sollte man das Geld hernehmen, um eine zweite Miete zu bezahlen? Da wäre ein leerstehendes Objekt doch die optimale Lösung. Ein Hof, möglichst außerhalb einer geschlossenen Ortschaft, wo niemand so genau guckte, was damit passierte. Wem sollte schon auffallen, wenn sich jemand Zugang dazu verschafft hatte und das Haus für seine Zwecke missbrauchte? Das musste es sein!
Auf dem Blatt mit dem großen Haken war handschriftlich eine Adresse in Selters-Eisenbach eingetragen. Für Sam gab es keinen Zweifel daran, dass es sich um die zum Hof gehörende Anschrift handelte. Sie versuchte sich die Adresse einzuprägen und steckte den Zettel dann in ihre Innentasche. Dann nahm sie den Helm vom Schreibtisch, wo sie ihn zuvor abgelegt hatte.
Beim Durchqueren des Hauptzimmers dachte sie unnötigerweise daran, dass die Couch mit Sicherheit in ein Bett umfunktioniert werden konnte, denn ein Schlafzimmer hatte die Wohnung nicht. Schnell löschte sie die Lichter und ging zur Wohnungstür.
Draußen war es dunkel, und Geräusche gab es auch keine. Ohne Rücksicht auf die Lautstärke öffnete sie die Tür, machte das Treppenhauslicht an, zog vernehmlich die Tür hinter sich zu, und lief die Treppe nach unten. Wer sollte sich bei den gewöhnlichen Lauten, die auftraten, wenn jemand seine Wohnung verlässt, etwas denken?
Unbehelligt trat Sam auf die Straße und lief zu ihrem Motorrad. Schnell war sie angezogen und saß auf der Maschine. Bevor sie die Adresse von dem Zettel in ihr
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