Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)
dem Weg, den sie zuvor entlang gefahren war. Als sie auf der Höhe des Hauses war, blieb sie stehen. Das Grundstück war lediglich mit Stacheldraht gesichert, der in Abständen von etwa vierzig Zentimetern mit drei Drähten gespannt war. Obwohl sie sich in dem Leder nicht so beweglich fühlte, schaffte Sam es problemlos, sich zwischen dem untersten und dem mittleren Draht hindurch zu bewegen, ohne das Leder ihrer Bekleidung einzureißen. Dann schritt sie quer über das Feld, welches sie von dem Haus trennte. Langsam ging sie auf das Gebäude zu, in dem sie noch immer kein Licht ausmachen konnte. Auch die Nebengebäude waren unbeleuchtet. Ob er am Ende gar nicht im Haus, sondern in einem der Ställe war? Oder war vielleicht gar niemand da? Konnte es möglich sein, dass Bruno das Auto gewechselt hatte, und jetzt mit einem ganz anderen Fahrzeug unterwegs war? Sam glaubte nicht wirklich daran. Dieses Haus war doch ideal für sein Vorhaben. Warum sollte er noch ein weiteres Objekt unterhalten? Nein, er würde hier zu finden sein.
Die Detektivin fragte sich, wie sie es an seiner Stelle gemacht hätte. Wo waren die Probleme des Mannes, und wie würde er sie lösen? Obwohl es so abgelegen war, musste er davon ausgehen, dass auf der Straße durchaus Menschen vorbeikommen konnten. Er brauchte also einen Raum, der gut schallisoliert war, damit es draußen nicht zu hören war, wenn jemand schrie. Entweder lag das Zimmer nach hinten raus, oder es befand sich im Keller. Da auch hinten in keinem Zimmer Licht zu sehen war, tippte Sam auf den Keller. Das würde ihr Eindringen ins Haus erleichtern. Trotzdem sollte sie vorsichtshalber damit rechnen, dass Bruno sich irgendwo anders im Haus aufhielt. Konnte es am Ende sogar sein, dass er an einem der Fenster stand und die Gegend überwachte? Wartete er womöglich auf sie? Aber wie hätte er wissen sollen, dass sie in der Lage war, ihn zu finden? Ganz ausschließen wollte Sam es aber nicht. Vorsichtshalber legte sie sich ins Gras und robbte langsam auf dem Bauch weiter. Ohne Nachtsichtgerät würde Bruno sie so nicht entdecken können, denn auf dieser Seite des Hauses war es einfach zu dunkel.
Es war mühsam, sich in der steifen Lederbekleidung so fortzubewegen, aber nach einer Weile erreichte sie unbehelligt eine Terrasse. Sie krabbelte an einem Tisch mit sechs Stühlen vorbei und gelangte zu einer gläsernen Tür. In dem Raum dahinter schien niemand zu sein. Offenbar war es eine Art Esszimmer, denn eine lange Tafel, deren Größe Sam als ausreichend für bestimmt zwölf Personen schätzte, nahm einen großen Teil des Platzes ein. Dazu gab es an der gegenüberliegenden Wand eine Anrichte. Rechter Hand war schemenhaft ein großer Schrank zu sehen. Weder Couch noch Sessel waren vorhanden. Ein vorsichtiges Drücken gegen die Tür zeigte Sam, was sie ohnehin vermutet hatte, nämlich, dass sie verschlossen war.
Langsam schlich sie, dicht an die Hauswand gedrängt, zum nächsten Fenster. Ein Blick durch die Scheibe ließ nichts erkennen, denn hier fiel wegen einem nahestehenden Baum überhaupt kein Licht vom Mond hinein.
Sie ging in die Hocke und wollte unter dem Fenster hindurch krabbeln, als sie bemerkte, dass sich vor dem Fenster ein breiter Lüftungsschacht befand, der von einem Gitter überdacht wurde. Das Gitter war dafür gedacht, dass man drüber laufen konnte, daher waren die Abstände der einzelnen Streben so klein, dass sie ihre Finger nicht dazwischen quetschen konnte. Schade. Wäre sie in der Lage gewesen das Gitter heraus zu holen, hätte sie sich in den Schacht hinab lassen können. Vielleicht hätte es unten ein etwas leichter zu öffnendes Fenster gegeben.
Konnte sie das Gitter anders anheben? Sie brauchte irgendetwas als Werkzeug. Mit der rechten Hand tastete sie in der Tasche der Lederhose nach dem Motorradschlüssel und holte ihn heraus. Dann steckte sie ihn durch eine der zahllosen Öffnungen in dem Gitter und verkantete ihn. Vorsichtig versuchte sie ihn nun zusammen mit dem Gitter nach oben zu ziehen. Es bewegte sich etwas, aber noch nicht weit genug, um eine Hand darunter schieben zu können. Am meisten Angst hatte Sam davor, dass sie zu viel Krach machen könnte und Bruno aufmerksam wurde. Sie setzte etwas mehr Kraft ein, und das Gitter bewegte sich noch ein Stück nach oben. Es reichte immer noch nicht. Nun schien es zu klemmen. Die Detektivin wandte jetzt viel Kraft auf, um zum Ziel zu gelangen. Plötzlich war das Gitter frei, glitt schwungvoll nach oben, und
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