Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)
entriss ihrer Hand den Schlüssel. Schnell versuchte sie mit der anderen Hand nachzufassen, doch sie sah so gut wie gar nichts und ihre Finger griffen ins Leere. Mit einem Scheppern fiel das Gitter zu Boden, und Sams Herz machte einen Satz. Danach begann es, heftig in ihrer Brust zu schlagen.
Bruno musste das Geräusch gehört haben. Oder vielleicht auch nicht? Konnte er orten, wo es hergekommen war? Minutenlang verharrte sie hockend in ihrer Position und horchte auf jedes noch so kleine Geräusch.
Nichts geschah. Kein Licht, das im Haus angegangen wäre, kein Rufen, keine Tür, die geöffnet wurde. Nichts. Sie hatte Glück gehabt. Ihr Herzschlag war trotzdem noch immer beschleunigt.
Mit aller Vorsicht hob sie das Gitter vollends beiseite. Dann tastete sie mit einer Hand in den Schacht hinein. Sie wollte ergründen, wie tief er war, doch die Länge ihrer Arme reichte nicht aus, um den Grund zu berühren. Ihre Finger glitten über die Kellerwand. Dort erfühlten sie eine Nische, die Sam einem möglichen Fenster zuordnete. Sie würde es einfach probieren müssen. Langsam ließ sie ihre Beine in die Öffnung gleiten. Dann rutschte sie vorsichtig immer weiter hinab, bis sie den Boden spürte. Nun stand sie bis zur Hüfte in dem Schacht. Da sie selbst ein sehr altes Haus hatte und wusste, welche Dinge normalerweise ausgetauscht und durch neue ersetzt wurden, war sie der festen Überzeugung, dass die Kellerfenster in einem recht maroden Zustand waren und sich leicht öffnen lassen würden. Wenn Bruno sich in diesem Haus befand, dann würde sie es schaffen, ihn zu überwältigen. Dachte sie.
Bis ihr eine plötzliche Umklammerung an beiden Fesseln einen jähen Schock versetzte. Wie von Schraubstöcken wurden ihre Beine festgehalten und im nächsten Moment unter ihrem Körper weggezogen. Sam verlor das Gleichgewicht, und ihr Kopf schlug hart auf die Kante des Gitterrahmens. Ihr wurde so schwarz vor Augen, dass sie eine deutliche Verdüsterung zur dunklen Nacht wahrnahm. Nur einen Lidschlag später wurde ihr schwindelig. Sie wehrte sich gegen die Ohnmacht so gut sie konnte – und verlor. Die Finsternis um sie herum wurde vollkommen, die Schmerzen an ihrem Hinterkopf verschwanden, und eine barmherzige Besinnungslosigkeit erfasste sie.
38 | Dunkel
Ihr Schädel wurde von einem Schmerz durchzogen, der seinen Ursprung irgendwo am Hinterkopf hatte. Außerdem tat ihr der Rücken weh, und ihre offenbar liegende Körperhaltung war unbequem. Bevor sie die Augen öffnete, versuchte sie sich gemütlicher hinzulegen. Allerdings ohne Erfolg. Die Hände waren auf dem Rücken zusammen gebunden, sodass ihre Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt war. Außerdem war es kalt.
Rechts von ihr waren Geräusche, deren Ursprung sie nicht zuordnen konnte. Sie wollte gerade ihre Augen öffnen, als sich mit einem Klatschen etwas Eiskaltes, Flüssiges über ihren Körper ergoss.
Erschrocken riss sie die Augen auf, keuchte, hyperventilierte für ein paar Sekunden. Sie blickte direkt in eine nackte, helle Glühbirne, die über ihr an der rohverputzten Decke hing. Der Mann neben ihr hatte einen roten Eimer in den Händen. Das Gesicht des Mannes war von tiefer Genugtuung erfüllt.
Die Detektivin hätte ihn nicht wiedererkannt. Sie hatte ihn eher schmal in Erinnerung, jetzt aber spannte sich sein T-Shirt über mächtige Brustmuskeln, und die Oberarme zeugten von langem, hartem Training.
„Du wirst dich hier gefälligst nicht in eine Ohnmacht retten, kleine Samantha“, sagte er, während er den Wassereimer wegstellte.
Nun sah Sam an ihrem Körper hinab und bemerkte, dass sie nackt war. Während ihre Arme zur Bewegungslosigkeit verurteilt waren, hatte der Mann ihre Füße nicht gefesselt. Sie fror erbärmlich.
Am anderen Ende des Zimmers saß Nika. Auch sie war nackt und saß auf einem Stuhl. Dort wurde sie von dünnen Stricken gehalten. Ohne sich darum zu kümmern, dass Bruno sie mit einem Schlag zurückbefördern konnte, richtete Sam ihren Oberkörper etwas auf, um besser über ihre eigenen Füße hinwegsehen zu können. Bevor die Hand ihr Gesicht erreichte, stellte sie fest, dass die Fesseln um den gesamten Oberkörper von Nika gingen. Die Arme waren links und rechts am Körper fixiert, hatten aber keine zusätzlichen, eigenen Fesseln. Nikas linkes Auge wurde von einem Veilchen geziert, und am Mundwinkel auf der gleichen Seite klebte Blut. Ihr Körper schien ansonsten unversehrt. Die Beine waren in Höhe der Knöchel zusammengebunden, aber
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