Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)
reichen.
Zunächst erschien Gerd Pranger. Sam fing an, den Gang entlang zu schreiten, während er sich zu seinem Zimmer drehte und sagte: „Lege dich noch ein bisschen schlafen, meine kleine Butterblume, und träume von mir.“
Dann hatte Sam mehr Glück, als sie zu hoffen gewagt hatte. Zwei schlanke Arme reichten aus dem Zimmer, und schlangen sich um Prangers Hals. Ein handtuchumwickelter Frauenkörper folgte und schmiegte sich an den Mann. Der Kuss, der folgte, konnte nur als innig bezeichnet werden. Wenn Sam es richtig einschätzte, dann hatte sie eine Großaufnahme davon. Kurz darauf war sie an den beiden schon vorbei. Mit unveränderter Geschwindigkeit lief sie zum Aufzug, und sagte hin und wieder „ja“ oder „doch, doch“ oder „ich weiß nicht“. Dann kam der Fahrstuhl und Sam konnte alleine nach unten fahren. Jetzt machte sie noch ein paar Bilder von dem Mercedes aus diversen Blickwinkeln. Außerdem nahm sie den kleinen Sender wieder an sich.
Im Auto sah sie sich ihr Werk an und lächelte zufrieden. Von dem Geld, das sie mit dem Auftrag von Frau Pranger verdiente, konnte sie zwei volle Raten von ihrem Hauskredit bezahlen, und das auch dann noch, wenn sie ein Drittel für die Steuer zurücklegte. Nachdem der Mann von Sams Auftraggeberin eine Viertelstunde später weggefahren war, ging Sam hinauf, um die Karte für ihr Zimmer abzugeben.
21 | Maria und Herbert
Der Schlafmangel ließ den Tag für Sam endlos lang erscheinen. Am frühen Nachmittag hatte sie sich mit Frau Pranger getroffen und ihr eine DVD mit den Filmaufnahmen übergeben. Dafür hatte Sam mittags die wichtigsten Szenen zusammengeschnitten und Bilder von Herrn Prangers Auto in der Tiefgarage hinzugefügt. Ihre Kundin war sehr zufrieden und gab bekannt, dass sie noch am selben Abend ihren Mann vor die Tür setzen wollte. Außerdem bezahlte sie Sam, die eine abschließende Rechnung mitgebracht hatte, in bar.
Nach dem Treffen war Sam nach Frankfurt gefahren, hatte in Niederrad bei Da Cimino eine Pasta gegessen, und befand sich jetzt in der Sprachschule.
Auch die Lehrerin von Marias Klasse war hilfsbereit. Allerdings war das Gespräch mit der ehemaligen Mitschülerin von Deborah relativ kurz. Innerlich hatte Sam sich das Bild von einer hysterischen Frau vorgestellt, die schlangenzüngig Spaß daran hatte, Schlechtes über andere zu verbreiten. Die Realität sah jedoch anders aus. Maria gab sich hilfsbereit und erklärte, sie wollte gerne weiterhelfen. Allerdings hätte sie Angst, dass sie irgendwas falsch wiedergab. Sie wollte niemandem schaden, und sich daher für ein Gespräch lieber Zeit nehmen. Die knapp zehn Minuten bis zum Unterrichtsbeginn reichten ihr nicht, und sie schlug vor, dass Sam nach dem Unterricht mit zu ihr nach Hause kam. Sie würde auch einen guten, brasilianischen Kaffee machen. Obwohl Sam hundemüde war, nahm sie das Angebot an.
Während Maria im Unterricht saß, schlenderte Sam vor der Schule herum. Dabei blieb sie immer soweit in der Nähe ihres Autos, damit sie es im Auge behalten konnte, versuchte aber weit genug entfernt zu bleiben, dass sie nicht auffiel. Ihr Wagen parkte an ähnlicher Stelle wie beim letzten Mal, und Sam hoffte inständig, dass dieser verfluchte Kerl, der ihr den Reifen zerstochen hat, es noch einmal probieren würde. Diesmal würde sie ihn schnappen.
Nach einer langen Zeit des untätigen Wartens lief ein junger Mann die Straße entlang und betrachtete jedes Auto. Langsam näherte er sich dem Peugeot, und blieb tatsächlich vor ihm stehen. Einen Moment zögerte er, dann umkreiste er den Wagen, wobei er scheinbar jedes Detail einer genauen visuellen Inspektion unterzog. Sam schätzte ihn auf etwa dreißig Jahre. Sein unrasiertes Gesicht wurde von mittellangen, dunklen Haaren umrahmt. Die Statur war drahtig. Aus der Entfernung vermutete Sam, dass er mindestens einen Kopf größer war als sie. Bevor sie zielstrebig auf ihn zuging, machte sie noch ein Foto von ihm. Kurz bevor sie das Auto erreichte, steckte der Mann die rechte Hand in seine Jacke.
‚Jetzt holt er sein Messer heraus‘, dachte Sam, und beschleunigte ihren Schritt. Es trennten sie nur noch drei Schritte von dem Mann, als seine Hand wieder auftauchte – nicht mit einem Messer, sondern mit einer kleinen Visitenkarte. Er war schon im Begriff, sie unter den Scheibenwischer zu klemmen, als er Sam bemerkte. Sein Gesicht wurde freundlicher, als er inne hielt und sich an Sam wandte.
„Ist das Ihr Auto?“, fragte er mit einem
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