Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)
geduscht. Sam ging ins Schlafzimmer und zog den Bademantel aus, um sich sofort aufs Bett fallen zu lassen. Als sie zur Tür sah, bemerkte sie Nika.
„Es wäre nett, wenn du mir wenigstens eine Decke geben könntest“, sagte das Mädchen in beleidigtem Tonfall.
„Versprichst du mir, mich nicht anzufassen, wenn ich dich hier schlafen lasse?“, fragte Sam.
Das „Nein“ kam schnell und bestimmt.
Die Detektivin dachte nach. Mit der Kleinen hätte sie im Zweifelsfall leichtes Spiel. Aber wenn es zu einer solchen Situation einmal gekommen war, würde es immer zwischen ihnen stehen, und das wollte sie nicht. Sie mochte Nika und wollte keinen Streit mit ihr. Mit einem Seufzen fragte sie: „Was soll ich nur mit dir machen?“
„Mich hier schlafen lassen?“, schlug Nika vor.
Wieder seufzte Sam und antwortete: „Lass bloß die Finger von mir.“ Damit drehte sie sich auf die Seite und signalisierte so, dass das Gespräch beendet war. Sie hörte, wie Nika sich auszog. Dann bewegte sich das Wasser in der Matratze, als das Gewicht des Mädchens es verdrängte. Sam löschte das Licht, und sie sagten sich „Gute Nacht“.
Schlafen konnte Sam allerdings nicht. Sie überlegte, wie sie reagieren würde, wenn Nika sie tatsächlich anfasste. Wie stand sie zu Frauen? Sie erinnerte sich dunkel an die Zeit, als sie in die Pubertät gekommen war. Damals hatte sie mit Jungs nichts anfangen können. Die meinten alle, wie toll sie seien, aber Sam konnte selten etwas Tolles an ihnen finden. Die Mädchen waren viel reifer und auch lieber gewesen, und hatten sich mit sinnvolleren Dingen beschäftigt. Für Sam waren Zärtlichkeiten mit Jungen schlichtweg nicht in Frage gekommen, weil Jungs einfach uninteressant gewesen waren. In ihren Fantasien, wenn sie es sich selbst machte, hatten tatsächlich Mädchen eine Rolle gespielt. Das gab sich allerdings schlagartig, als sie ihr erstes sexuelles Erlebnis mit einem Mann gehabt hatte. Es war ein viel älterer Mann gewesen, der ihr seine Liebe gestanden hatte. Zunächst war Sam eher belustigt gewesen, auch wenn sie sich geschmeichelt gefühlt hatte. Sie hatte ein bisschen verbal mit ihm herumgespielt, bis sie bemerkte, dass der Kerl offenbar bereit war, einiges zu machen, um Zärtlichkeiten mit ihr austauschen zu können. Er hatte gesagt, dass er alles für sie tun wollte, was immer es sei. Sie war neugierig darauf geworden, wie weit dieses "Alles" ging und hatte die Probe aufs Exempel gemacht. Keck hatte sie gefordert, dass er sich fesseln lassen sollte, wenn er sie begehrte. Er hatte sich ohne Diskussion darauf eingelassen, und ihr erstes Spiel begann.
Die Macht, die sie dabei empfunden hatte, war unglaublich gewesen. Sie hatte über das Wohlsein oder Unwohlsein eines Mannes entschieden, eines Mannes, der um einiges reifer als sie gewesen war, hatte mit ihm spielen können, wie es ihr beliebte, ohne dass er auch nur das Geringste dagegen hätte unternehmen können. Als sie dann noch festgestellt hatte, dass es dem Mann durchaus ebenso Spaß machte, war die Domina Sam geboren. Bei den wenigen Malen, an denen sie sich nochmals mit dem Mann getroffen hatte, konnte sie der Versuchung nicht widerstehen und trieb ihre Spiele immer weiter. Je weiter die Spiele gingen, umso mehr Gefallen hatte sie daran gefunden.
Der Gedanke an gewöhnlichen Sex mit Jungen langweilte sie fortan. Dabei hatte sie sich so sehr mit der Thematik beschäftigt, dass ihre Gedanken an Frauen langsam verblasst waren.
Davor aber hatte sie regelmäßig an das gleiche Geschlecht gedacht. Eine ihrer Fantasien von damals drängte sich in ihr Gehirn, und der früher gesichtslose Frauenkörper bekam das Gesicht von Nika.
Sam erschrak. Sie fühlte sich erregt. Hätte es sich einfach um ein Spiel gehandelt, wäre es überhaupt kein Thema gewesen. Sie hätte sich einfach den neuen Gefühlen hingegeben, denn sie schämte sich keiner ihrer sexuellen Bedürfnisse, egal wie ungewöhnlich sie einem Stino – einem Stinknormalen – auch erscheinen mochten. Doch von Nika wusste sie, dass da Gefühle mit im Spiel waren, und das verkomplizierte das Ganze. Sie hatte ja noch nicht mal eine normale Liebesbeziehung zu einem Mann gehabt – das war für sie bisher immer undenkbar gewesen. Sie wollte keine Beziehung. Das würde sie nur binden und einengen. Auf der anderen Seite kannte sie natürlich auch die Einsamkeit. Manchmal war sie froh gewesen, wenn sie sich bei Jan ein wenig anlehnen konnte. Er war der einzige Mensch in ihrem Leben
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