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Spiel der Angst (German Edition)

Spiel der Angst (German Edition)

Titel: Spiel der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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ist.«
    Sie hatten den Eingang erreicht.
    »Und was sollen wir jetzt hier machen?«, fragte Julia, als sie die Fassade hinaufblinzelte.
    »Das wird uns dieser Irre sicherlich gleich sagen«, sagte Emily.
    In dem Moment klingelte ihr Handy.
    Instinktiv riss sie das Smartphone ans Ohr.
    »Ja?«
    »New York«, sagte die bekannte, verzerrte Stimme, »nannte man auch einmal den Empire State. Und aus dem Gebäude, das New York wie kein anderes versinnbildlicht, wurde dann das Empire State Building. «
    Emily schluckte einen Moment. Konnte dieser Wahnsinnige etwa auch Gedanken lesen?
    »Es wurde in nur einem Jahr gebaut«, sprach die Stimme. »Und hat dennoch über hundert Stockwerke.« Kurze Pause. »Jetzt hör zu.«
    Emilys Nerven waren zum Zerreißen gespannt. »Du gehst zum Empfang und fragst nach der Firma Archer & Spade. Einer Anwaltskanzlei. Du sagst, dein Name ist Emily Waters und du kommst wegen des Vorstellungsgesprächs als Sekretärin –«
    »Sekretärin?«, platzte es aus Emily heraus.
    »Ich bestimme«, tönte es weiter aus dem Telefon. »Denn wenn du das hier überstehst, wirst du froh sein, Sekretärin zu sein und zu leben. Wie auch immer.«
    Wieder eine von diesen Pausen.
    »Du sagst, du kommst wegen des Vorstellungsgesprächs. Oben wird dich eine Dame in Empfang nehmen und in einen Warteraum bringen. Und dort machst du das, wofür dieser Raum da ist. Warten. Und …«
    »Und was?«
    »Und deine gute Freundin bleibt schön hier unten.«
    Die Verbindung endete.
    Emily blickte ratlos auf ihr Smartphone, das noch kurz leuchtete und dann wieder dunkel wurde.
    »Verdammt«, sagte sie und erklärte Julia, was ihr gerade befohlen worden war.
    »Meinst du, er sieht, wenn du mitkommst?«
    Julia zuckte ratlos die Schultern. »Diesem Psycho traue ich alles zu.«
    »Gut«, sagte Emily und straffte die Schultern, als wollte sie tatsächlich zu einem Vorstellungsgespräch. »Passieren kann mir da oben doch eigentlich nichts?«
    »Hoffen wir mal.« Wider Erwarten musste Julia lachen. »Wenigstens hast du da oben eine schöne Aussicht. Kostenlos. Andere zahlen dafür fünfzehn Dollar.« Sie blickte auf die Preisliste am Eingang, wo die Aussichtsplattform angepriesen wurde.
    »Sehr witzig. Du bleibst aber hier?«
    Julia lächelte wieder ihr unwiderstehliches Grinsen. »Klar, ich bin deine beste Freundin und werde hier brav auf dich warten.«
    Emily betrat die Lobby des Empire State Buildings. Wie hieß die Firma noch? Archer und Spade?
    »Guten Tag«, sagte sie dem Herrn am Empfang, der von seinem Sudoku-Rätsel aufblickte, »mein Name ist Emily Waters. Ich habe ein Vorstellungsgespräch bei der Firma Archer & Spade.«
    Der Mann blickte in seinen Kalender und griff dann zum Telefon.
    »Ah ja, hier haben wir’s.« Er schaute sie an. »Ich rufe an, dass Sie da sind. Einen Moment.«
    Emily blickte sich um. Anzugsträger und Touristen strömten gleichermaßen in das Gebäude und aus dem Gebäude heraus. Eine Gruppe japanischer Touristen, angeführt von einer Reiseleiterin, die einen kleinen Regenschirm in die Höhe hielt, pilgerten Richtung Aufzug zur Aussichtsplattform.
    »Ms Waters«, sagte der Mann jetzt zu ihr, »nehmen sie Aufzug drei.« Er zeigt auf den Fahrstuhl, der sich gerade öffnete. »Fährt direkt in den neunundneunzigsten Stock. Dort wird man sie in Empfang nehmen.«
    »Danke.«
    Sie schaute noch einmal in das Glas vor dem Empfang, in dem sich ihr Abbild spiegelte, und hoffte, dass sie gut aussah. Kurz kam es ihr vor, als wäre sie wirklich auf dem Weg zu einem Vorstellungsgespräch.
    Der Aufzug fuhr nach oben. Die Stockwerke zogen über die digitale Anzeige, als der Fahrstuhl Etage um Etage mit blitzartiger Geschwindigkeit hinter sich ließ. 10, 12, 13, 14, 15. Sie spürte in ihrem Magen die Geschwindigkeit, und sie stellte fest, dass mit solcher Geschwindigkeit nach oben zu fahren ähnlich war, als würde man nach unten fallen. Und je höher man kam, desto tiefer konnte man fallen. Für einen kurzen Moment sah sie vor ihrem inneren Auge New York unter sich. Und gleich wurde ihr schwindelig. Sie öffnete die Augen.
    In dem Moment öffnete sich auch die Fahrstuhltür.
    Eine untersetzte Dame mit Hornbrille und Hochsteckfrisur wartete bereits am Eingang.
    »Ms Waters?«
    »Das bin ich.«
    »Schön, dass Sie gekommen sind.« Sie wies mit einer Hand Richtung Korridor. »Nehmen Sie noch einen Moment im Warteraum Platz. Möchten Sie ein Wasser oder einen Kaffee?«
    »Äh, nein, vielen Dank.«
    Der Warteraum sah aus

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