Spiel der Dämmerung - Feehan, C: Spiel der Dämmerung - Mind Game (Ghost Walkers # 2)
alles war mir vertraut.«
»Genauso geht es mir mit dem Bayou. Dort fühle ich mich sicher. Es ist der einzige Ort, der mir diese Sicherheit gibt. Hier kenne ich die Spielregeln und habe mich nie einsam gefühlt.« Sie drehte den Kopf und schaute ihn über die Schulter hinweg an. »Möglich, dass ich mich jetzt einsam fühlen werde, nachdem ich dich kennengelernt und einen Eindruck gewonnen habe, wie andere Menschen leben.« Sie lächelte traurig. »Ich hätte vorher daran denken sollen, ehe ich mich zu sehr auf dich einließ.«
»Wie sehr ist denn zu sehr, Dahlia?« Es geschah schon
wieder. Sie war immer irgendwie auf dem Sprung, und das trieb ihn schier zum Wahnsinn. Nicolas holte tief Luft, atmete in den Bauch, um seine Mitte zu finden, und drängte dann dieses Gefühl von Panik weg, das ihm so gänzlich fremd war. »Komm her, Liebling. Geh nicht immer so weit weg von mir.« In ihren Augen entdeckte er tausend Geheimnisse – und tausend Wunden. Ein ganzes Leben voll Misstrauen und Verrat. Isolation. Wie konnte man darüber überhaupt hinwegkommen? Nicolas tappte hinter ihr her und zog sie zärtlich in die Arme.
Wo zuvor die kraftvolle Kombination von Dahlia und sexueller Energie in ihm ein rasendes Verlangen und eine schier unstillbare Gier ausgelöst hatte, fühlte er jetzt nur Zärtlichkeit und das Bedürfnis, sie zu trösten. Seine Küsse waren sanft, aufmunternd und absolut nicht fordernd. »Wir müssen uns darüber nicht zu sehr den Kopf zerbrechen, Dahlia. Wir wissen beide, dass wir uns auf unbekanntem Gelände bewegen. Wir haben keinen Schimmer, was zwischen uns in der Zukunft passieren wird. Ich weiß nur, dass ich mit dir zusammen sein will und dass ich mich kenne. Ich werde einen Weg für uns finden.«
Sie hob die Arme, legte ihre Hände auf die seinen. Sie zitterte. Er wusste, dass sie sich vor dem fürchtete, was vor ihnen lag. Sie war aus der behüteten Welt, die man für sie geschaffen hatte, hinausgetreten. Und es verschaffte einem eine gewisse Sicherheit, einen anderen nicht zu sehr zu mögen, sich nicht zu sehr auf ihn einzulassen. Dahlia hatte sich selbst strikte Grenzen gesetzt und sich bisher auch nur innerhalb dieser Grenzen bewegt. Er war derjenige, der sie immer weiter hinaus ins offene Gelände lockte.
Er hob ihre Hände an seinen Mund und bedeckte ihre Fingerspitzen mit winzigen Küssen. Er wollte, dass sie sich
besser fühlte, wollte das schmerzliche Bedauern darüber, in all den Jahren keine Liebe gekannt zu haben, lindern. Wollte, dass sie die wahre Liebe erkannte. Darüber zu sprechen, wagte er freilich nicht, denn er wusste, dass sie abblocken würde. Allmählich lernte er sie kennen, auch die plötzlichen Angstschübe, die sie in der Nacht um den Schlaf brachten. »Wo wolltest du denn hin?«
Sie ließ ein paar Sekunden verstreichen, ehe sie antwortete: »Aufs Dach. Dort oben fühle ich mich immer gut.«
Warum hasste er die Vorstellung, dass sie so viel Zeit damit zubrachte, nachts auf einem Dach zu hocken? Er zog sie enger an sich heran, bedeckte ihr Haar mit Küssen. »Bleib bei mir, Dahlia. Lieg einfach in meinen Armen, und lass dich von mir halten. Ich würde ja vorschlagen, die Tür offen zu lassen, aber unser freundlicher Alligator da draußen wird immer leidenschaftlicher. Auf einen Besuch von ihm kann ich gut verzichten.« Nicolas schob sie sanft in Richtung Bett. Er traf auf Widerstand, aber auf sehr geringen. Schritt für Schritt, sehr langsam, als wollte sie sich testen, ging sie mit ihm zurück.
Dahlia ließ sich von ihm überreden, weil sie ihm nicht widerstehen konnte. Nicolas schien tatsächlich einen negativen Einfluss auf ihre Selbstbeherrschung zu haben. Sie wollte jeden Augenblick mit ihm verbringen, weil sie eines nicht allzu weit entfernten Tages wieder allein wäre. Sich vor ihm zu schützen, dafür war es längst zu spät. Sie wäre nie auf den Gedanken verfallen, dass sie sich in Nicolas verlieben könnte. Allein bei der Vorstellung wurde ihr schon leicht übel. Sie hatte gelernt, ihr Single-Dasein zu genießen. Es hatte so viele Vorzüge. Sie konnte sich das nur nie vergegenwärtigen, wenn sie in seinen Armen lag, wenn er sie mit einer Zärtlichkeit berührte, die beinahe wehtat.
Dahlia ließ sich von ihm ins Bett bringen. Sie kuschelte sich an ihn und verspürte sofort eine ungeheuere Zufriedenheit. Was sehr seltsam war, denn eigentlich hätte sie das Gegenteil spüren müssen. Niemals zuvor hatte sie es jemandem gestattet, sie zu berühren, und
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