Spiel der Finsternis: Der Bund der Schattengänger 10 - Roman (German Edition)
worden. Sie könnten glauben, er sei als Soldat nicht gut genug, um ihre Schwester zu beschützen. »Die Sache ist dringend, sonst würde ich Sie nicht so spät noch stören. Ich möchte mit Ihnen und Ihrem Bruder reden.«
Eiji musterte ihn noch einen Moment lang und trat dann zurück, wobei seine Gewänder um ihn wogten, da er dieselben fließenden Bewegungen machte, die Sam schon bei Azami aufgefallen waren. In dem Apartment brannten Kerzen und nicht die grellere Deckenbeleuchtung. Zwischen zwei Stühlen war auf dem kleineren Couchtisch ein Spielbrett aufgestellt; offenbar hatten die beiden Go gespielt. Ihm fiel gegen seinen Willen auf, dass wenige Zentimeter von Daikis Fingerspitzen ein langes Samuraischwert in einer kunstvoll verzierten Scheide lag.
Daiki erhob sich und machte diese perfekt einstudierte Verbeugung, die beide Männer so wirken ließ, als seien sie traditionelle Krieger von einst. »Ich hatte gehofft, Ihre Wunden seien nicht so schlimm«, sagte er zur Begrüßung. »Danke, dass Sie auf Azami aufgepasst haben.«
Sam stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und gestattete sich ein Lächeln. »Ich glaube, das hat auf Gegenseitigkeit beruht.«
Daiki bedeutete ihm, sich zu setzen. Sam hätte fast gestöhnt. Nicht schon wieder ein Stuhl. Er schaffte es zwar, sich zu setzen und wieder aufzustehen, aber wenn er das tat, wirkte er wie ein alter Mann. Er holte tief Atem und ließ sich nieder.
»Ich weiß nicht, wie das in Ihrer Familie gehandhabt wird, und daher komme ich gleich zur Sache. Ich hätte gern Ihre Genehmigung, Azami zu heiraten. Ich weiß, dass ich nach nichts aussehe und einen äußerst riskanten Job habe, aber wir sind … wir … passen zusammen. Ich werde sie glücklich machen. Ich weiß, dass ich sie glücklich machen werde.«
»Ihr Glück steht nicht an erster Stelle«, sagte Daiki. »Unsere oberste Priorität ist ihre Sicherheit. Azami würde sich schützend vor diejenigen werfen, die sie liebt, um eine Kugel abzufangen.«
»Ich täte dasselbe«, sagte Sam. Er wusste nicht, was er sonst hätte sagen können. Daiki sagte ihm die Wahrheit über Azami, und Sam wusste, dass es die Wahrheit war. Ebenso wie er selbst würde auch sie sich nicht davon abhalten lassen, diejenigen zu beschützen, die sie liebte. Er war sicher, dass diese schlichte Aussage dazu diente, ihn auf die Probe zu stellen, um seine Reaktion zu sehen. Azami war Azami, und sie war nicht zu ändern, aber das würde er auch gar nicht wollen.
»Sie ist eine freie und selbstständige Frau. Ich werde sie mit meinem Leben beschützen und sie bis ans Ende meiner Tage lieben und wertschätzen.« Er kam sich albern dabei vor, Fremden gegenüber laut die Wahrheit auszusprechen, selbst wenn diese Männer Azamis Brüder waren.
Daiki sah ihm lange ins Gesicht, ehe er vortrat und seine Hand öffnete. »Dieser Ring ist von unserem Vater für den Mann angefertigt worden, der sich über die Vergangenheit hinwegsetzen kann, ihr wahres Ich erkennt und sie glücklich machen wird. Ihre Wahl ist auf Sie gefallen.«
Der Ring war so klein und zart wie Azami, aber so kompliziert wie ihre Persönlichkeit. Die Blüte einer Distel, umgeben von Dornen, saß auf einer Ringschiene in Form eines fein ziselierten, detailgetreuen Samuraischwerts. Die Arbeit war von einem meisterlichen Handwerker ausgeführt worden. Sam blickte auf dieses Symbol der Bindung eines Mannes an eine Frau und wusste, dass der Künstler ebenso begabt gewesen war und ebenso große Sorgfalt auf Details verwandt hatte, wenn es ums Waffenschmieden ging.
»Ich hätte Ihren Vater gern kennengelernt«, murmelte er.
Daiki verbeugte sich, als er den Ring auf Sams Handfläche legte. »Er hätte Sie auch gern kennengelernt.«
Sam schloss seine Finger um den Ring und fühlte, wie sich sein Herz zu einem seltsamen Höhenflug aufschwang.
»Mein Vater hat meinen Bruder und mich ebenso wie Azami auf der Straße gefunden. Mehrere Nächte in der Woche sind wir mit ihm durch diese Straßen gelaufen. Als er sie gefunden hat, standen diejenigen um sie herum, die sie auf den Babystrich geschickt hätten. Sie kannten ihn und wussten, dass er bis zum Tod um sie gekämpft hätte. Schon dort in dieser abscheulichen Gasse hat er ihre Tapferkeit gesehen, das Licht in ihren Augen, den Mut, den sie besaß. Sie hat eine Seelenstärke, die kein Ungeheuer kleinkriegen könnte. Das hat mein Vater ihr angesehen, und er wusste, dass ein Mann kommen würde, der eben diese Seelenstärke sehen würde. Ich
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