Spiel der Finsternis: Der Bund der Schattengänger 10 - Roman (German Edition)
wollte mehr als körperliche Anziehungskraft. Bedauerlicherweise schienen seine Beziehungen nie über die erste Verabredung hinauszugehen. Er hatte nie einen weiblichen Soldaten in Betracht gezogen, nicht ein einziges Mal, wenn er sich Gedanken über eine mögliche Partnerin gemacht hatte, aber Azami Yoshiie war verflucht sexy, wenn sie Pfeil und Bogen in den Händen hielt und auf ihrem Gesicht dieser gefasste, gleichmütige Ausdruck stand.
»Was ist los?«, fragte sie.
Ihre Stimme sang in seinen Adern, als sei sie eigens auf seinen Körper eingestimmt. Er wandte sich von ihr ab, als ihm ein Gedanke durch den Kopf ging. War er zu gut auf sie eingestimmt? War hier noch etwas anderes am Werk? Er schüttelte den Kopf und war dankbar dafür, dass ihr sein Rücken zugewandt war. Seine Gedanken waren zu unerhört, um in Betracht gezogen zu werden – aber andererseits hatte Whitney männliche und weibliche Soldaten als Paare angelegt, unter Verwendung von Pheromonen und einer Art Virus, das im Gehirn reagierte, um Pfade zu erschaffen, die Gefährten aneinander banden.
Er nahm sich Zeit, ihre Umgebung eingehend zu mustern. Dort irgendwo war etwas, und es kam auf sie zu, nicht in dem Fahrzeug, das sich von ihnen zu entfernen schien. Ein Amateurtrick. Er hatte Azami zu dem nächstgelegenen Bunker geführt, der gut sechs Meter unter der Erde lag, weil er beabsichtigt hatte, sie aus der Gefahr zu befreien und sie dort unter Verschluss zu halten, wo der Feind keine Chance hatte, sie an sich zu bringen oder sie zu töten, während er sie bewachte. Daiki Yoshiies Schwester könnte dem Milliardär Geheimnisse wert sein. Er war sicher, dass sie von dem Bunker abgeschnitten waren, zu dem er zu gelangen versuchte.
»Was bedeuten eure Namen? Azami ist ein hübscher Name. Hat er auch eine hübsche Bedeutung?« Sämtliche weiblichen Schattengänger, kleine Mädchen, die Whitney aus Waisenhäusern auf der ganzen Welt geholt hatte, um an ihnen zu experimentieren, hatten die Namen von Blumen oder Jahreszeiten bekommen. Whitney hatte sie entmenschlicht und ihnen nicht einmal erlaubt, ihr eigenes Geburtsdatum zu kennen. Azami Yoshiie konnte unmöglich eines dieser Mädchen sein, doch sein Körper fühlte sich zu sehr zu ihr hingezogen, und sie versetzte ihn in eine solche Alarmbereitschaft, dass sein Radar schrillte. Irgendetwas stimmte hier nicht. Er achtete darauf, in einem ganz beiläufigen Tonfall und mit gesenkter Stimme mit ihr zu reden, als sprächen sie über das Wetter und das Thema spielte überhaupt keine Rolle, wobei er die Schallwellen ausschließlich auf sie richtete.
»Mein Name kann als ›Herz der Distel‹ oder ›Blüte der Distel‹ ausgelegt werden. Jedenfalls fand mein Vater den Namen hübsch.« Sie sprach genauso leise wie er. Aus ihrer Stimme war große Zuneigung zu ihrem Adoptivvater herauszuhören.
Sam machte nicht den Fehler, sich umzudrehen, doch bei dem Wort »Blüte« bekam er einen Moment lang Herzrasen. »Und deine Brüder?«
»Eiji kann als ›zwei Beschützer‹ gedeutet werden.«
»Ein guter Name für einen Leibwächter«, bemerkte Sam. »Und Daiki?«
Sie lachte leise, und jetzt drehte er sich doch um, denn es klang faszinierend und melodisch. Diesem Klang hätte er für alle Zeiten lauschen können. Sie war immer noch in Bereitschaft und hielt Pfeil und Bogen, doch die Erinnerungen hatten ihre Augen sanft werden lassen.
»Daiki bedeutet ›großer Baum‹. Er war sogar schon als kleiner Junge groß.« Sie zögerte. »Wir ziehen ihn damit auf, dass er so groß und kräftig ist, aber sein Name kann auch ›Edler‹ bedeuten, und – ganz unter uns, damit er sich nichts darauf einbildet – ich glaube insgeheim, sein Name sagt, wer er wirklich ist.«
Das Knacken eines Zweiges, der brach, war deutlich zu hören. Etwas schlug mit einem lauten Knall gegen einen Baumstamm. Sam drehte sich um und warf sich auf Azami, alles in einer einzigen Bewegung. Er presste sie auf den Boden, schlang beide Arme um sie und wälzte sich mit ihr von dem Geräusch fort. Er tat sein Bestes, um sie vor den schlimmsten Steinen und abgebrochenen Ästen zu schützen. Azami wehrte sich nicht; stattdessen zog sie ihren Kopf ein und schmiegte ihn an seinen Brustkorb, und während er sie beide so weit wie möglich von dem Geräusch entfernte, hielt sie sich an ihm fest.
Die Explosion erschütterte den Boden, und das Geräusch war so laut, dass es in den Ohren schmerzte. Sam legte seine Lippen an Azamis Ohr, damit sie fühlen
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