Spiel der Finsternis: Der Bund der Schattengänger 10 - Roman (German Edition)
abzulenken, und aus keinem anderen Grund. Er hatte schon die ganze Zeit gewusst, dass der Jeep in ihrer Nähe war.
Über ihren Köpfen konnten sie auch den nahenden Hubschrauber hören, dessen Rotorengeräusche immer lauter wurden. Azami lächelte ihn wieder an und machte eine Bewegung, als wollte sie aufstehen. Eine Woge von Sorge erfasste ihn, und Sam packte ihr Handgelenk und zerrte sie wieder in Sicherheit. Sie wehrte sich nicht und wirkte noch nicht einmal verärgert. Sie schaute einfach nur auf die Finger hinunter, die sie festhielten, blickte dann wieder in sein Gesicht auf und zog eine Augenbraue hoch.
Verflucht, sie hatte die Ruhe weg. Das gefiel ihm. Ihm gefiel auch, dass sich ihre Finger um den Griff ihres Messers gelegt hatten. Seine Finger umschlossen ihre und hielten ihre Hand still. »Du vertraust mir nicht.«
»Ich kenne dich nicht. Aber ich sehe, dass es auch dir an Vertrauen zu mir fehlt.«
Er lächelte matt. »Ich kenne dich auch nicht.« Er wies mit seinem Kinn auf den Baldachin aus Laub. »Das sind nicht unsere.«
Thorn blickte zum Himmel auf, und das Herz donnerte in ihrem Brustkorb. Zwei Hubschrauber? Das war eine ernstzunehmende Schlagkraft. Gekaufte Söldner und Iraner. Was ging hier vor? Jemand wollte entweder Sam Johnson oder sie, und zwar unbedingt.
Seile wurden aus dem Hubschrauber herabgelassen, der ein gutes Stück entfernt in der Luft schwebte, und etliche Männer rutschten rasch an den Seilen hinunter. Azami taxierte den Schaden, den Sam davongetragen hatte. Er war getroffen worden. Es sah nach einem glatten Durchschuss aus, aber die Kugel war auf seiner rechten Seite in ihn eingedrungen und an seinem Rücken wieder herausgekommen. Er hatte viel Blut verloren. Nur sein Training und sein eiserner Wille hatten den Schmerz in Schach gehalten und dafür gesorgt, dass der Soldat nicht ohnmächtig geworden war.
Für eine Frau wie Thorn war es unmöglich, Sam nicht zu bewundern, als er sich auf die Knie hochzog, seine Waffe vor sich hielt und sich flach auf den Bauch legte, ohne auch nur zusammenzuzucken. Sein Hemd war am Rücken mit Blut bedeckt, und weiteres Blut war an seiner Wade zu sehen. »Du solltest stillhalten«, riet sie ihm. »Und tief Luft holen.«
Sie ließ ihm keine Zeit zum Nachdenken, sondern zog ein dünnes, ziemlich großes, rechteckiges Pflaster aus einer Innentasche ihres Jacketts hervor, schob sein Hemd hoch und klatschte es auf die Wunde. Er keuchte und sah sie mit Argwohn in den Augen über seine Schulter an. Sie ignorierte seine Reaktion und griff nach der Knopfleiste seines Hemdes.
»Das fühlt sich an wie eine Variante eines Mittels namens Zenith. Meine Blutgefäße dehnen sich schnell aus. Mein Körper wird heiß und schüttet reichlich Adrenalin aus. Zenith löst dieselben Reaktionen aus.« Seine Stimme klang anklagend. »Ich hatte keine Ahnung, dass es das auch zur äußeren Anwendung gibt. Bevor es verboten wurde, wurde es durch Spritzen verabreicht.«
Sie klatschte ein weiteres Arzneipflaster auf die Eintrittswunde. »Das ist Zenith der zweiten Generation. Es wird dich ganz bestimmt nicht töten, also reg dich ab.«
Sie konnte seinen Augen ansehen, dass sich sein Verdacht nicht legte, doch er wandte sich wieder dem Feind zu. Es gab so oder so nichts, was er tun konnte, denn die Pflaster waren aufgeklebt worden, und das Zenith war in seinem Blutkreislauf. Daher wandte er sich mit einem lässigen Achselzucken von ihr ab, und dafür bewunderte sie ihn umso mehr.
»Woher könntest du von Zenith wissen, wenn du Dr. Whitney nicht kennst?«
»Ich habe nicht gesagt, dass ich die Bekanntschaft dieses Mannes nicht gemacht habe. Du hast mich nie danach gefragt.«
Thorn glitt an seine Seite, legte sich neben ihm auf den Bauch und beobachtete, wie die feindlichen Kräfte sich auffächerten und im Unterholz verschwanden. »Militär. Gut ausgebildet. Ich glaube, wir haben es mit einer Elitetruppe zu tun«, lautete ihre Einschätzung des Feindes.
»Mein Team wird in wenigen Minuten eintreffen«, wiederholte er zuversichtlich. »Zieh den Kopf ein.«
Sie bedachte ihn mit einem finsteren Blick, in dem sich ein scharfer Tadel ausdrückte. Sie hatte ihm schon zu viele Geheimnisse verraten, aber andererseits hatte er das auch getan. Dafür respektierte sie ihn. Er hatte seine Aufgabe, sie zu beschützen, sehr ernst genommen, selbst dann noch, als er gesehen hatte, dass sie auf sich selbst aufpassen konnte. Er hatte nicht versucht, sie in den Hintergrund zu verbannen,
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