Spiel der Finsternis: Der Bund der Schattengänger 10 - Roman (German Edition)
auf ihre Lippen, und augenblicklich war die Welt wie ausgewechselt. Eine Sekunde lang schob sie die eigentümlichen Empfindungen, die sie durchströmten, auf Atemnot, doch dann konnte sie nicht mehr denken. Nur noch fühlen. Ihre Haut war plötzlich wie elektrisiert, ihre Knochen verwandelten sich in Wasser, ihr Blut in Feuer. Seine Lippen waren fest und kühl und ungeheuer fordernd. Sie öffnete ihren Mund und gestattete ihm, sie mitzureißen.
Thorn blieb gar nichts anderes übrig, als ihre Arme um ihn zu schlingen und sich an ihn zu klammern, als der Boden unter ihren Füßen schlingerte. Er ergoss sich in ihr Inneres, heiß und kräftig und entschlossen, sie für sich zu fordern. Sie spürte, wie sich das Heft des Dolches in ihre Handfläche grub, und sie sorgte dafür, dass sie es besser im Griff hatte, bis sie fühlte, dass er sich ihr hingab. Vollständig. Er gab ihr alles, öffnete sich ihr, ließ sie in sein Inneres ein. Er gab ihr genauso viel, wie er ihr nahm.
Die Welt, die er ihr öffnete, war eine Welt reiner Empfindungen. Lust brach in ihr aus wie eine heiße Feuersbrunst. Sie fühlte, wie ihr Körper mit seinem verschmolz, fühlte, wie sein Herz schlug, fühlte jeden seiner Atemzüge, als seien sie ein einziger Mensch und nicht zwei. Ihr Mund schien ihm und nicht länger ihr zu gehören, und sie erwiderte seinen Kuss mit einer Leidenschaft, die sie sich nie zugetraut hätte.
Sam wusste, dass er sich auf gefährlichem Boden befand, aber er konnte sich nicht zurückhalten. Er musste sie kosten. Nein, wenn er ehrlich war, ging dieses entsetzliche Bedürfnis, sie zu küssen, weit darüber hinaus, sie einfach nur zu kosten. Er musste sie für sich fordern. Der Drang war von dem Moment an in ihm gewachsen, als sie ihm das erste Mal unter die Augen gekommen war. Je länger er mit ihr in dieser Extremsituation gewesen war, desto mehr hatte er sie bewundert. Er hatte festgestellt, dass er ihr Lächeln kaum erwarten konnte, das Leuchten ihrer Augen und wie die Sonnenstrahlen in ihrem glatten schwarzen Haar spielten.
Er verspürte das Bedürfnis, alles fallen zu lassen, sämtliche Schutzschilde abzulegen, um sie in sich einzulassen, ganz gleich, wie schlecht diese Idee war. Sowie sich sein Mund auf ihre Lippen senkte, wusste er, dass er zu aggressiv war, insbesondere angesichts dieses leisen, kleinen Eingeständnisses – »Ich habe noch nie jemanden wirklich geküsst« –, das sein Herz heftig schlagen ließ und sein Blut in Wallung brachte. Aber er konnte nicht aufhören. Sie schmeckte – himmlisch. Alles um ihn herum verschwand, versank, bis es nur noch Azami mit ihrer zarten Haut, ihrem seidigen Haar und diesem schwer definierbaren Duft gab, der ihn wahnsinnig machte.
Er rechnete voll und ganz damit, dass diese Frau mit ihrem Dolch sein Herz durchstoßen würde. Im letzten Moment, bevor sich seine Lippen auf ihre legten, hatte er die Furcht in ihren Augen sehen können, und es ging absolut nicht an, einer Frau wie Azami Yoshiie Angst einzujagen. Sie war eine Kriegerin, durch und durch. Pflichtbewusstsein und Ehrgefühl waren ihre herausstechenden Charaktermerkmale. Beherrschung spielte für sie eine ebenso große Rolle wie für ihn, und er führte sie beide an einen Ort, an dem keiner von ihnen die Kontrolle über irgendetwas behalten konnte.
Es machte ihm nichts aus, sein Leben aufs Spiel zu setzen. Für ihn zählte nur noch, sie zu küssen. Er verband sich auf eine undefinierbare Weise mit ihr, sodass beide von glühender Leidenschaft durchströmt wurden. Seine Hand glitt in ihr dichtes, seidiges Haar und packte zu, damit sie für ihn stillhielt, während seine andere Hand ihren schmalen Nacken fand, auf den sich seine Finger weit gespreizt legten, damit sie möglichst viel von ihrer zarten Haut berührten. Er ergoss sich in sie und füllte sie aus, und seine Zunge duellierte sich mit ihrer, während sie beide in sinnlichem Verlangen untergingen.
Azami erschauerte, ihre Lippen bebten, und dann verschlang sie ihn so aggressiv und so ehrlich, wie er sie verschlang. Er fühlte sie in seinem Inneren. Wie Lava floss sie durch seine Adern, schlang sich um sein Herz und füllte ihn bis in die Knochen aus.
»Das ist Wahnsinn«, flüsterte sie mit den Lippen an seinem Mund, als sie beide auftauchten, um Luft zu schnappen. Ihre dunklen Augen sahen forschend in sein Gesicht.
Sam hatte keine Antworten. Er wusste, dass sie recht hatte. Sie könnten in einem tödlichen Krieg auf gegnerischen Seiten stehen, und
Weitere Kostenlose Bücher