Spiel der Herzen (German Edition)
du willst mit ihm ins Bett steigen.
Ja gut, das wollte sie. Und es war völlig unvernünftig. Irgendwann musste sie einfach lernen, sich nicht nach Dingen zu sehnen, die nicht gut für sie waren. Wie zum Beispiel gewisse Schufte, die es verstanden, eine Frau mit einem einzigen verwegenen Blick in Pudding zu verwandeln.
Es war nicht gut für sie gewesen, dass er an diesem Abend zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, einen Frack getragen hatte. Als sie ihn so fein gekleidet gesehen hatte, hatte etwas in ihrer Brust einen Sprung gemacht. Neben den Geschäftsmännern mit ihren auffällig gemusterten Westen und dem pomadigen Haar hatten sein maßgeschneiderter schwarzer Frack, die dezente weiße Satinweste und das schneeweiße Leinenhemd ihn deutlich als Mann von Stand ausgewiesen, der für Größeres gemacht war, als mit den wenig eleganten Bierbrauern von Burton zu verkehren.
Doch er hatte kein einziges Mal – weder mit Worten noch mit Taten – gezeigt, dass er sich des Unterschieds bewusst war. Wären sein vornehmes Benehmen und seine geschmackvolle Kleidung nicht gewesen, wäre wohl niemand darauf gekommen, dass er kein gewöhnlicher Brauer war. Annabel hatte einige Gesprächsfetzen mitbekommen und musste zugeben, dass er sich unter den im Sippendenken verwurzelten Brauern auf eine Art und Weise behauptete, wie es Hugh nie gelungen war. Oder ihr selbst.
»Lord Jarret scheint ja doch ein guter Kerl zu sein«, sagte Hugh, der ihr gegenübersaß. »Er weiß tatsächlich mehr über das Brauwesen, als ich gedacht hatte. Aber er hat mich so merkwürdig angesehen, als ich sagte, dass ich mich auf unsere Besprechung morgen früh freue. Wir werden uns doch morgen treffen, nicht wahr?«
»Ja.« Aber nur, wenn ich ihn beim Pikett schlage, dachte sie bei sich.
Sie setzte ihrem Bruder zuliebe ein Lächeln auf. Er hatte Wort gehalten und nur ein bisschen Punsch getrunken, der eigentlich nicht als alkoholisches Getränk zählte, obwohl vermutlich der eine oder andere Schuss Brandy darin enthalten gewesen war.
»Er schien mir sehr interessiert an dir zu sein, Annie«, sagte Hugh. »Hat mich nach Rupert gefragt. Wollte wissen, was für ein Mann er war.«
Annabel erschrak, doch dann machte sie sich bewusst, dass Jarret wahrscheinlich nur versucht hatte herauszufinden, ob sie in Bezug auf ihre verlorene Unschuld die Wahrheit gesagt hatte.
Abermals stieg Scham in ihr auf. Wie konnte er nur denken, dass sie ihn verführen wollte, um ihn in die Heiratsfalle zu locken? Was für ein garstiger Kerl! Aber vermutlich gab es in London genug Frauen, die zu solchen schrecklichen Dingen imstande waren.
Was hatte er gesagt? Ich muss Ihnen sagen, dass Hunderte von Frauen für so ein Leben töten würden. Sie konnte es ihnen nicht verübeln. Die Vorstellung, seine Frau zu sein …
Lächerlich! Sie würde keine Familie mit ihm gründen wollen, selbst wenn er sie heiraten wollte. Aber das wollte er nicht. Und nachdem sie ihn derart belogen hatte, wollte er es sicherlich noch viel weniger.
Sie dachte mit Schaudern an den Zorn, den sie in seinen Augen gesehen hatte, als sie zusammen getanzt hatten. Er war voller Verachtung ihr gegenüber gewesen. Er hatte das nächtliche Treffen mit einer derart grimmigen Entschlossenheit mit ihr vereinbart, dass sie voller Angst daran dachte, wie er sie behandeln würde, wenn er gewann. Sie wusste nicht, ob sie es ertragen konnte, wenn er sie im Zorn nahm.
»Ehrlich gesagt«, fuhr Hugh fort, »wusste ich nicht genau, was ich ihm über Rupert sagen sollte. Also habe ich nur gesagt, er war ein Kriegsheld. Und das stimmt ja auch.«
Ein Kriegsheld. Sie hatte dieses Wort immer gehasst, weil Rupert einen hohen Preis für seinen Heldenmut hatte bezahlen müssen. Inzwischen machte es sie nur noch traurig, daran zu denken, wie wenig es bedeutete, ein Held zu sein, wenn man dafür sein Leben lassen musste.
»Ich glaube, seine Lordschaft ist durchaus an Annabel interessiert«, sagte Sissy mit einem verstohlenen Blick in ihre Richtung.
Oh ja, dachte sie voller Bitterkeit, interessiert ist er. Er war ihr wahrscheinlich nicht mehr freundlich zugetan, aber Gott sei Dank begehrte er sie immer noch.
»Nun, sie könnte es schlechter treffen«, bemerkte Hugh schroff. Er zupfte nervös an seinen Manschetten, dann straffte er die Schultern, als sei er zu einer Entscheidung gelangt. »Annie, ich möchte, dass du morgen dabei bist.«
Sie sah ihn überrascht an. Ihr Bruder hatte ihr noch nie erlaubt, an einer geschäftlichen
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