Spiel der Herzen (German Edition)
will. Weil meine Begierde mein Urteilsvermögen trübt. Die Frage ist nur, warum sind Sie hier?«
Sie sah ihn mit großen Augen an. »Weil ich will, dass Sie uns helfen.«
»Und das ist Ihnen so wichtig, dass Sie Ihren Körper dafür verkaufen?«
Sie erbleichte. »Ich verkaufe meinen Körper nicht. Es ist eine Wette. Die ich zu gewinnen hoffe.«
»Ah. Und was ist mit der Möglichkeit, dass Sie nicht gewinnen?«
»Es ist ein kalkuliertes Risiko.«
Gesprochen wie ein würdiger Gegner. Sie suchte noch ein paar Kerzen und zündete sie an der ersten an. Dann steckte sie sie in die Halter, die auf dem Schreibtisch standen, und nahm dahinter Platz – dem einzigen anderen Stuhl im Raum gegenüber, der mit der Rückenlehne zum Fenster stand.
»Sehr raffiniert, Annabel«, sagte er grimmig und stellte den Stuhl an die Seite des Schreibtischs. »Aber da sich in der Fensterscheibe alles spiegelt, weil es dahinter dunkel ist, haben Sie hoffentlich nichts dagegen, wenn ich ein wenig umarrangiere.«
Sie sah erstaunt zum Fenster. »Gott, das habe ich gar nicht gemerkt.«
»Natürlich nicht.« Er zog ein Kartenspiel aus der Tasche und setzte sich.
»Wirklich nicht! Ich würde niemals schummeln.« Als er eine Augenbraue hochzog und zu mischen begann, knurrte sie: »Und ich könnte hinter Ihnen in der Scheibe doch auch gar nichts sehen. Ihr Dickschädel würde Ihre Karten verdecken!«
Er unterdrückte ein Lachen. Verdammt, es war schwer, ihr böse zu sein, wenn sie so … typisch Annabel war. Und hätte er es ihr verdenken können, wenn sie tatsächlich daran gedacht hätte zu schummeln? Vielleicht hatte sie es als die einzige Möglichkeit angesehen, um zu bekommen, was sie wollte. Als die einzige Möglichkeit, ihm zu entkommen.
Ihn packte abermals die kalte Wut, aber diesmal nicht ihretwegen. »Sagen Sie, meine Liebe, wie lange tun Sie schon, was nötig ist, um Lake Ale zu retten?«
Sie sah ihn argwöhnisch an. »Wie meinen Sie das?«
»Ihr Bruder hat den Betrieb vor drei Jahren geerbt. Halten Sie seine Inkompetenz seitdem geheim? Oder hat es schon früher angefangen?«
»Eigentlich …« Sie zögerte, dann straffte sie die Schultern. »Um genau zu sein, hat Hugh die Brauerei nicht von meinem Vater geerbt. Vater hat Lake Ale vielmehr seinem unverheirateten Bruder hinterlassen. In seinem Testament hat er uns eine Hälfte der Erträge vermacht und die andere unserem Onkel, aber der eigentliche Besitzer war unser Onkel.«
Jarret hörte auf zu mischen. So etwas tat man in England nicht. Das Erstgeburtsrecht hatte eine beinahe uneingeschränkte Gültigkeit. Ein Mann vermachte sein Eigentum seinem ältesten Sohn. Tat er das nicht, war irgendetwas nicht in Ordnung. Ganz und gar nicht. »Warum in Gottes Namen hat Ihr Vater das getan?«
»Es gab eine Reihe von Gründen. Hugh war nie wie Vater – er ist ein stiller, sanfter Mann, der ruhigere Beschäftigungen bevorzugt. Sie haben sich wegen jeder Kleinigkeit gestritten. Hugh hat einen guten Geschäftssinn, aber er vertraut nicht auf seinen Instinkt, und Papa war … eine sehr starke Persönlichkeit. Er hat Hugh immer wegen seines mangelnden Muts gescholten. Papa hat wohl gedacht, es sei besser für uns alle, wenn der Onkel den Betrieb führt und wir das Geld bekommen.«
Jarret legte den Kartenstoß vor ihr auf den Tisch. »Hat Hugh es auch so gesehen?«
Sie schaute auf die Karten. »Nein. Er fühlte sich verraten.«
Aber selbstverständlich! Wie sollte sich ein Mann sonst fühlen, dem der Vater nicht den Familienbetrieb anvertrauen wollte?
Genauso hatte er sich als Kind gefühlt, weil seine Großmutter nicht gewollt hatte, dass er die Brauerei übernahm.
Der alte Schmerz kam wieder hoch. Selbst jetzt hatte Großmutter erst krank werden müssen, um auf die Idee zu kommen, ihn die Brauerei leiten zu lassen.
Er verzog mürrisch das Gesicht. Wie konnte er sich nur mit Hugh Lake vergleichen? Der Mann war ein Trinker. Er nicht.
Nein, er war ein verantwortungsloser Spieler. Und als solcher wesentlich besser dazu geeignet, ein Familienunternehmen zu leiten …
In seiner Verärgerung bemerkte er schnodderig: »Na, aber heute gehört die Brauerei ja Ihrem Bruder.«
Sie hob ab, zeigte ihm die Karte, die zuoberst auf dem verbliebenen Stapel lag, und gab ihm die Karten zurück. »Ja, weil mein Onkel als Junggeselle starb und Hugh zu seinem Erben bestimmt hat. So hat er sie letzten Endes doch bekommen.«
Jarret hob ebenfalls ab und hatte die höhere Karte. Er ließ Annabel geben,
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