Spiel der Herzen
nicht mehr abzubringen war, »nach dem Motto ›Eine Hand wäscht die andere‹ vorgehen.«
Vor Frank Petar tat sich dadurch eine Perspektive auf, die ihn erschreckte.
»Werner«, entfuhr es ihm, »woran denkst du?«
»Paß auf dein Glas auf, Frank, du hättest es beinahe umgestoßen.«
»Woran denkst du, Werner?«
»Ich glaube nicht, sage ich noch einmal, daß die alle so sind wie früher. Ich muß nur den richtigen erwischen.«
»Sei da bloß vorsichtig.«
»Wer nicht wagt, der nicht gewinnt«, führte Werner schon wieder ein Motto im Mund.
»Und wenn der Schuß nach hinten losgeht?« fragte ihn Frank pessimistisch. »Wenn du da doch einen falsch einschätzt und er dir ein Verfahren an den Hals hängt?«
»Ein Verfahren an den Hals hängt?« Werner fand das geradezu lächerlich. »Das, was mir vorschwebt, ist doch heute gang und gäbe. Ich verstehe dich nicht.«
»Ich denke gerade an einen mir bekannten Architekten in Braunschweig, der deine Ansichten teilte. Er ging erst kürzlich ins Städtische Bauamt hinein, und als er wieder herauskam, war er praktisch seine Lizenz los.«
»Ein Bauamt ist doch kein Postamt, Frank.«
»Ich weiß nicht, Werner …«
»Außerdem«, fuhr Werner fort, »ist bei mir keine Lizenz in Gefahr. Ich habe keine. Ich bin Redakteur. Redakteure üben ihren Beruf ohne Lizenz aus.«
Werner Ebert ließ sich sein Vorhaben nicht mehr ausreden. Das sah auch Frank Petar endlich ein. Er seufzte.
»Du mußt wissen, was du tust«, sagte er.
»Und zwar sehr bald«, nickte Werner entschlossen.
»Wann?«
Werner dachte kurz nach, dann erwiderte er: »Du kennst meinen Grundsatz, nichts auf die lange Bank zu schieben. Morgen oder übermorgen habe ich noch keine Zeit. Aber dann!«
Die Wirtin kam an den Tisch und sagte zu Frank: »Herr Petar, Sie werden am Telefon verlangt …«
»Von wem?«
»Von Ihrer Sekretärin. Sind Sie da oder nicht? Ich sagte ihr, ich müßte erst nachsehen.«
»Ich bin nicht da. Was die will, kann sie mir auch morgen sagen.«
Die Wirtin nickte und ging zurück zur Theke.
»Was will sie denn?« fragte Werner.
Frank zuckte die Achseln.
»Ich weiß es nicht. Sicher irgend etwas Unwichtiges. Vielleicht mich fragen, ob sie mich morgen telefonisch wecken soll.«
»Wieso? Bist du denn allein?«
»Ja.«
»Und Helga?«
»Die ist weggefahren.«
»Wohin?«
»Nach Düsseldorf.«
»Ohne dich?« fragte Werner erstaunt. »Das kennt man ja gar nicht von ihr.«
»Ihre Freundin hat sie eingeladen, für ein paar Tage mitzukommen.«
»Wohnt die in Düsseldorf?«
»Ja.«
Werner verdrehte die Augen.
»Eine Superfrau! Ich bin ihr begegnet.«
»Ich weiß, Helga hat es mir erzählt.«
»Besucht die euch mal wieder?«
»Sie versprach es.«
»Dann ladet ihr mich aber auch ein.«
Frank grinste impertinent.
»Zusammen mit Clara, ja.«
Die Wirtin näherte sich ein zweitesmal. Sie ließ verlauten: »Herr Petar, Ihre Sekretärin bat mich, Ihnen, wenn ich Sie heute noch sehen sollte, zu bestellen, daß Sie sich um Ihr Frühstück morgen nicht zu kümmern brauchen. Das bekommen Sie im Büro.«
»Danke«, sagte Frank sehr knapp.
Als sich die Wirtin wieder entfernt hatte, ließ Werner seiner Ironie freien Lauf.
»Jetzt weiß ich, was die von dir will«, erklärte er.
»Nicht das, was du schon wieder denkst«, sagte Frank.
»Bist du sicher?«
»Ja.«
»Wie alt ist sie denn?«
»Du siehst sie doch dauernd, wenn du zu mir ins Büro kommst.«
»Richtig«, nickte Werner grinsend. »Und deshalb sage ich dir, daß ich mich auskenne.«
Frank winkte abwehrend mit der Hand.
Unbeeindruckt davon, fing Werner an, seinen eigenen Grundsatz zu preisen, als Sekretärin keine Kraft unter fünfundfünfzig einzustellen. Nur so sei in seinem Büro gewährleistet, daß an nichts anderes als an Arbeit gedacht würde. Von beiden Seiten nicht.
»Hast du keinen anderen Gesprächsstoff?« fragte Frank.
»Doch, du kannst morgen schon mal anfangen, an deinem ersten Brief an Thekla zu feilen …«
Spontan schüttelte Frank den Kopf.
»Nee.«
»Warum nicht?«
»Weil ich das erst mache, wenn ich weiß, daß das Ganze einen Sinn hat. Ich bürde mir doch keine Arbeit auf, die sich, wie's jetzt aussieht, als überflüssig erweisen kann.«
Dagegen war nichts Stichhaltiges zu sagen.
»Na schön«, brummte deshalb Werner.
»Trinken wir noch einen?« fragte Frank.
»Gerne, du bist doch Strohwitwer«, erwiderte Werner. »Dich erwartet zu Hause niemand.«
»Dich auch nicht.«
»Dann können wir
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