Spiel Der Sehnsucht
...«
»Du bist in anderen Umständen!«
»Ja.«
Lady Irene umarmte ihre Tochter und drückte sie heftig an sich. »Ach, mein Liebling, mein liebes kleines Mädchen! Wie lange habe ich auf diesen Tag gewartet.
Hast du es deinem Mann schon gesagt?«
Lucys Wohlbehagen, das sie in der Umarmung ihrer Mutter empfunden hatte, schwand. »Ja, er weiß es.«
Lady Irene runzelte die Stirn, als sie Lucys mangelnde Begeisterung bemerkte. »Freut er sich nicht darüber?«
Ein nahezu überwältigendes Verlangen, sich ihrer Mutter anzuvertrauen, überkam Lucy. Doch sie hielt sich zurück. Es würde alles nur noch schlimmer machen, wenn Ivan der Kritik seiner Schwiegermutter ausgesetzt würde.
»Er war - überrascht«, antwortete sie schließlich.
»Aber langsam gewöhnt er sich an den Gedanken. Du darfst nicht vergessen, Mama, wie überstürzt wir geheiratet haben. Und nun so schnell Eltern zu werden ist für uns beide ein ziemlich seltsames Gefühl.«
»Nun, nun«, sagte Lady Irene und tätschelte Lucys Hand, »was ist seltsam daran, eine Familie zu gründen?
Wenn ihr noch länger gewartet hättet, wäre es vielleicht zu spät gewesen. Ihr kommt schließlich beide nicht mehr frisch von der Schulbank. Aber zum Glück habt ihr nicht gewartet, und nun werde ich im nächsten Frühjahr ein neues Enkelchen haben. Ihr geht doch nicht wieder in die Stadt zurück, oder? Aber nein, natürlich nicht«, fuhr sie fort, ehe Lucy antworten konnte. »Es wäre viel besser für dich, die Zeit deiner Schwangerschaft hier zu verbringen, obwohl die Gräfinwitwe dich zweifellos in Westcott Manor haben möchte. Weiß sie schon von dem Baby?«
Lucy schrieb am nächsten Morgen an Lady Westcott.
Ivan sagte sie nichts davon, da sie fürchtete, er wäre dagegen. Dann würde es eine Szene geben, und ihre ganze Familie würde von dem unguten Verhältnis zwischen Ivan und seiner Großmutter erfahren - und möglicherweise auch etwas von den Schwierigkeiten zwischen Lu-cy und Ivan erahnen. Außerdem, so sagte sie sich, hatte sie gar keine Gelegenheit gehabt, ihm ihre Absicht mitzuteilen. Er war spät ins Schlafzimmer gekommen, hatte auf der Couch geschlafen und war morgens schon wieder weg gewesen, als Lucy aufwachte. Prudence erzähl-te ihr, daß er mit Graham, Stanley und Derek beim Fischen sei.
Also schrieb sie den Brief, obwohl sie wußte, daß Ivan dagegen wäre. Sie weigerte sich, sich in die Familienfeh-de der Westcotts hineinziehen zu lassen, und nahm sich vor, beide so zu behandeln, wie die guten Manieren es verlangten. Lady VVestcott hatte das Recht, von dem neuen Leben zu erfahren, das in Lucy heranwuchs.
Lucy erzählte Ivan auf der Treppe davon, als sie gemeinsam zum Abendessen hinunter gingen. Es war das erste Mal, daß sie in Houghton Manor allein mit ihm sprach.
»Du hast ihr von dem Baby geschrieben?« Ivan blieb auf den Stufen stehen. »Ich habe nicht die Absicht, dieses Kind mit ihr zu teilen. Sie wird nie etwas mit ihm zu tun haben. Hast du verstanden?«
Lucy blickte zu ihm auf. Er hatte sich zum Abendessen umgezogen. Seinen Ohrring hatte er ausnahmsweise abgenommen. Doch das änderte nichts an seinem wilden, zigeunerhaften Aussehen. Die zurückhaltende Kleidung schien sein Zigeunerblut eher noch zu betonen.
Und genauso, wie sein dezenter Anzug und seine aristokratischen blauen Augen seine dunkle Haut unterstrichen, so sehr unterstrichen auch seine leise Stimme und seine makellosen Manieren seinen Zorn.
Lucy war nach Weinen zumute. Andererseits brachte sie in letzter Zeit fast alles zum Weinen. Also nahm sie sich zusammen und hielt Ivans durchdringendem Blick stand. »Ich korrespondiere, mit wem ich möchte. So wie ich es immer getan habe.«
Ivans Augen blickten kalt. »Weshalb bestehst du darauf, mir zu widersprechen?«
»Ich dachte, das sei es gewesen, was dich zu mir hingezogen hat - daß ich mir nicht alles gefallen lasse.« Die Antwort klang schneidend, aber innerlich war Lucy weh zumute.
Ivan schenkte ihr ein gefährliches Lächeln, das ihr Herz schneller schlagen ließ. »Was mich zu dir hingezogen hat, war dein leidenschaftliches Wesen, das du so gut unter deiner anständigen Fassade zu verbergen weißt.«
Lucy wußte, daß Ivan sie verunsichern wollte, und sie ärgerte sich darüber, daß es ihm zu gelingen schien. Sie hob das Kinn. »Du hast eine merkwürdige Art, dein Interesse an meinem leidenschaftlichen Wesen zu zeigen.«
In Ivans Augen blitzte ein Funke. »Fühlst du dich vernachlässigt?«
»Kaum«, gab
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