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Spiel Der Sehnsucht

Spiel Der Sehnsucht

Titel: Spiel Der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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vergrößern und nicht mehr direkt in seine Augen blicken zu müssen. Fieberhaft suchte sie nach einer Möglichkeit, das Thema zu wechseln und das Feuer zu löschen, das er irgendwo tief in ihr entfacht hatte. »Ich finde es sehr interessant - Sie vielleicht weniger -, aber auch jetzt erinnern Sie mich stark an meinen Neffen. Er reizt seinen Bruder ständig, ärgert und neckt ihn auf jede erdenkliche Weise, bis dieser schließlich vor Wut außer sich gerät. Er versuchte dieses Spielchen auch oft mit mir, aber jetzt nicht mehr so häufig, denn er weiß inzwischen, daß ich nicht mehr darauf hereinfalle. Ebensowenig, wie ich auf Sie hereinfalle, Mylord.«
    Sie war während ihrer Rede hinter einen breiten Eichentisch geschlüpft, wo sie sich ein wenig sicherer fühlte. Trotzdem war ihr bewußt, daß sie genauso sinnlos daherredete wie ihre Schwägerin Hortense, um ihre Nervosität zu überspielen.
    Vielleicht konnte es ihr mit Geschick gelingen, Ivans Aufmerksamkeit auf Valerie zu lenken und diese gleichzeitig vor ihm zu beschützen. Sie nahm all ihre Kraft zusammen und schenkte ihm ein süßes Lächeln. »Ich schlage einen Pakt zwischen uns vor, Lord Westcott, eine Übereinkunft, die uns beiden zugute kommen könnte.«
    »Eine Übereinkunft, die uns beiden zugute kommen könnte?« Er sah sie eindringlich an. Nie zuvor hätte Lucy gedacht, daß blaue Augen so warm blicken und ein solches Gefühl in ihr erwecken konnten. »Meine liebe Lucy, haben Sie mir eben einen Antrag gemacht?«
    »Was?!« Seine Worte rissen Lucy jäh aus ihrer Betrachtung seiner blauen Augen. »Einen Antrag? Was meinen Sie - oh!« Ihre Augen wurden zu Schlitzen, und sie stemmte die Fäuste in die Hüften. Ihre Wangen waren glühendrot vor Verlegenheit. Doch das stachelte ihre Wut nur noch mehr an. »Wenn Sie darauf bestehen, sich weiter aufzuführen wie ein aufsässiger kleiner Junge, dann haben wir wohl nichts mehr zu besprechen.«
    Mit dem Ausdruck des unschuldig Gekränkten breitete Ivan die Arme aus. »Ein kleiner Junge? Das trifft mich tief. Sehe ich aus wie ein kleiner Junge?«
    Lucys strapazierte Nerven ließen sie heftiger als gewohnt antworten. »O nein. Sie sehen wie ein Mann aus, wie ein Mann, der sich seiner Anziehungskraft auf Frauen sehr sicher ist. Und doch steckt in Ihnen ein ver-
    ängstigter kleiner Junge. Ein zorniger, heulender kleiner Junge, der nicht über seine einsame, erschreckende Kindheit hinweggekommen ist.«
    Die Atmosphäre in der Bibliothek erkaltete so fühlbar, als wäre jedes von Lucys Worten aus Eis gewesen.
    Ivans gute Laune war sichtlich geschwunden. »Ich halte Ihnen zugute, Miss Drysdale, daß Ihre Erfahrungen sich vermutlich mehr auf Jungen denn auf Männer erstrecken, sonst würden Sie besser urteilen. Ich bin kein Junge mehr, seit man mich in Bastard Hall abgestellt hat.
    Ich bin kein Junge mehr«, fuhr er leise, verächtlich fort, »seit ich von meiner Verbindung zu dieser amoralischen Familie weiß und von meiner Verbindung zu dieser amoralischen Gesellschaft, die sich für so überlegen hält. Was immer an Kindlichem in mir war, ist mir vor so langen Jahren ausgetrieben worden, daß ich mich nicht mehr daran erinnern kann.«
    Er war großartig in seinem Zorn, großartig, bedrohlich und gefährlich. Aber er war auch verletzlich, und es war diese winzige Spur der Verletzlichkeit, die an Lucys Herz rührte und sie nicht vor ihm zurückschrecken ließ.
    »Sie haben jedes Recht, auf Ihre Großmutter wütend zu sein«, murmelte sie in dem Versuch, ihm Trost zu spenden. »Sie haben jedes Recht, sie ebenso zu verletzen, wie sie Sie verletzt hat.«
    Doch Ivan wollte ihren Trost nicht. Mit drei Schritten hatte er den Tisch umrundet. Seine Hände packten Lucys Schultern. »Allen Zorn, den ich gegen sie fühle, werde ich sie spüren lassen. In diesem Augenblick jedoch, Miss Drysdale, Lucy, gilt mein Zorn nur Ihnen«, sagte er mit heiserer Stimme.
    »Was tun Sie?« rief Lucy mit einer Stimme, die hoch und fremd in ihren eigenen Ohren klang.
    »Ich lasse meine Wut an Ihnen aus. Ein Mann, kein Junge, der seine Wut an einer Frau ausläßt, nicht an einem kleinen Schulmädchen.«
    Lucy hatte den Sinn seiner Worte verstanden. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust. Sie könnt kaum atmen, doch es gelang ihr, ihm eine Antwort entgegenzusetzen: »Wenn Sie glauben, mich küssen zu können, so haben Sie sich getäuscht.«
    Er beugte sich zu ihr herab. »Meine liebe Miss Drysdale, ich werde noch viel mehr tun, als Sie nur zu

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