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Spiel Der Sehnsucht

Spiel Der Sehnsucht

Titel: Spiel Der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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feststellen, daß er nichts so sehr ersehnte wie Frieden.
    Seine Gedanken schweiften zu Lucy. Er erinnerte sich, wie sehr sie bemüht war, seine Aufmerksamkeiten gegenüber Valerie und ihr selbst abzuwehren. War es sein Zigeunerblut, das sie abstieß, oder war es der Mensch, zu dem er geworden war, dieser illusionslose, unaufrichtige Wüstling, dem alles gleichgültig war außer seinen eigenen selbstsüchtigen Vergnügungen?
    Müde und verschwitzt schwang er sich von seinem schwer schnaufenden Pferd und führte es unter den Bal-dachin der verwobenen Zweige.
    Vielleicht hatte Lucy recht. Vielleicht benahm er sich wirklich wie ihr kleiner Neffe, wie ein verwöhntes, widerspenstiges Kind, wenn es um seine Großmutter ging. Seine Gefühle Lucy gegenüber waren die eines Mannes für eine Frau. Und obwohl sie dagegen an-kämpfte, waren ihre Gefühle für ihn die einer Frau für einen Mann.
    Außer daß sie glaubte, Sir James zu wollen.
    Ivan klopfte den feuchten Hals des Pferdes und führte es weiter. Die Zweige der alten Weißbuchen bildeten ein dichtes Dach über seinem Kopf und hallten wider vom Zetern der Spatzen und Häher und dem Keckem verärgerter Eichhörnchen. Dicke Baumstämme umgaben ihn wie lebende Mauern. Es war kaum zu glauben, daß er sich mitten in London befand, in einer Stadt von mehr als einer Million Einwohnern, die alle ihre eigenen Sorgen hatten.
    Wie gerne würde er sich aus der Stadt zurückziehen, weg von dem widerwärtigen Heiratsmarkt und, vor allem, weg von seiner Großmutter. Und wie schön wäre es, wenn Miss Lucy Drysdale ihn begleiten würde.
    Ivan blieb stehen und überdachte seinen Einfall. Wenn der Zweck ihres Aufenthalts in London nicht mehr exi-stierte, stünde sie allein da. Zuerst mußte er ihre Hoffnungen bezüglich eines gewissen Gelehrten zerstören.
    Allein der Gedanke an ihre Neigung zu diesem Mann erbitterte Ivan. Außerdem mußte er ihre Verbindung zu Valerie und damit zu seiner Großmutter abschneiden.
    Er grinste, denn die Lösung lag auf der Hand. Und der zu erwartende Zorn der Gräfinwirwe war ein zusätzlicher Pluspunkt für den Plan, den er eben ausgeheckt hatte.
    Ivans gute Laune war wieder hergestellt. Er bestieg sein Pferd, das inzwischen ausgeruht war, und ritt ge-mächlich zurück. Was genau er auf lange Sicht mit Lucy vorhatte, konnte er noch nicht sagen. Im Augenblick reichte es ihm, einen Plan zu haben, an den er sich halten konnte. Er wollte Schritt für Schritt vorgehen.
    »Eine Dinnerparty? Warum hat man mich nicht informiert?« wollte Lady Westcott wissen.
    »Ich - ich informiere Sie jetzt, Mylady. Deswegen bin ich gerade hier ...« Die Haushälterin verstummte unter Lady Westcotts vernichtendem Blick und vergrub verlegen die Hände in der Schürze.
    Die plötzliche Stille veranlaßte Lucy, aufzuschauen.
    Sie sah genau in Lady Westcotts Augen.
    »Nun, haben Sie das gehört, Miss Drysdale? Nach diesem unangenehmen Zwischenfall beim gestrigen Früh-stück scheint es nun, daß mein Enkel sich entschlossen hat, eine Dinnerparty zu veranstalten. Was halten Sie von dieser Wendung der Dinge?«
    »Ich habe keine Ahnung davon, was in Lord Westcotts Kopf vorgeht«, antwortete Lucy wahrheitsgemäß. Der Mann war ihr tatsächlich ein Rätsel. Sie hatte ihn nach dem Frühstück des vorigen Tages nicht wiedergesehen.
    Er schien seine Zeit außer Haus verbracht zu haben.
    Auch heute hatte er sich noch nicht blicken lassen.
    Eigentlich hätte sie sich darüber freuen müssen, dachte sie, doch in Wahrheit war sie verärgert, unglücklich und äußerst verwirrt.
    Sie schob eine Nadel in ihr Hütchen und befestigte sie an ihrem Haarknoten. Dann zog sie ihre Handschuhe an und wandte sich Lady Westcott zu. »Danke, daß Sie mir die Kutsche für die Fahrt zur Vorlesung überlassen.«
    Lady Westcott winkte ab. »Wo ist Valerie?«
    Lucy schnitt eine Grimasse. »Sie liegt mit Kopfschmerzen im Bett. Es tut mir leid, daß Sie dadurch die Verabre-dung mit den Pintners nicht einhalten können.«
    »Hettie Pintner ist schwer zu ertragen, genauso wie ihr Gatte. Ein stiller Abend ist wahrscheinlich angenehmer.«
    Sie hielt inne, betrachtete Lucy und fuhr dann fort: »Genießen Sie die Vorlesung, Miss Drysdale. Dann hat wenigstens eine von uns einen Nutzen von dem Stadt-aufenthalt.«
    Einen Nutzen? Während Lucy zur Fatuielle Hall fuhr, kam es ihr gar nicht so vor, als habe sie einen Nutzen von ihrem Aufenthalt in London. Nichts entwickelte sich so, wie sie es erhofft hatte. Statt für einen

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