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Spiel Der Sehnsucht

Spiel Der Sehnsucht

Titel: Spiel Der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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machte?
    Sofort wich ihre Reue einem aufsteigenden Zorn. »Ich spreche gewiß für Lady Valerie ebenso wie für mich selbst, wenn ich sage, daß wir beide nichts mehr erstreben, als für einen Mann von solch erlesenem Geschmack, wie Sie es sind, eine Abwechslung darstellen zu dürfen.«
    Ivan grinste und betrachtete genüßlich ihren Mund, ehe er ihr wieder in die Augen sah. »Darf ich hoffen, daß sich hinter Ihrem Sarkasmus der Wunsch verbirgt, mehr als eine Abwechslung zu sein?«
    Lucy stieß den Stuhl zurück und sprang auf die Füße.
    »Lassen Sie sich in Ihren Ausführungen nicht stören«, sagte sie bissig und wandte sich dann an Lady Westcott.
    »Sie entschuldigen mich?« Ohne eine Antwort abzuwarten, rauschte sie aus dem Zimmer.
    Nach ihrem Abgang herrschte tiefes Schweigen. Ivan war so sehr in eine Vision vertieft, wie dieser leidenschaftliche Zorn sich zu einer Leidenschaft anderer Art formen ließe, daß er zuerst gar nicht hörte, daß seine Großmutter zu ihm sprach.
    »Geht hier etwas vor, von dem ich nichts weiß?«
    Als Ivan sie nur wortlos anstarrte, fuhr sie fort: »Er-wägst du, dich mit einer Angestellten einzulassen?«
    Ivans gute Laune schlug um. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn es so wäre? Ich würde in einem solchen Fall nur dem Beispiel meines geschätzten Vaters folgen.«
    »Miss Drysdale ist eine Dame und verdient deinen Respekt.«
    »Wohingegen meine Mutter nur eine Zigeunerin war und nichts verdiente, richtig?«
    Lady Westcott tupfte ihren Mund mit einer bestickten Serviette und legte diese dann beiseite. »Das habe ich nicht gesagt. Verdreh mir nicht die Worte im Mund.«
    »Aber Sie glauben es. Sie glaubten es, als Sie heraus-fanden, daß Ihr Sohn eine Zigeunerin geschwängert hatte. Sie glaubten es, als Sie erfuhren, daß diese Zigeunerin Ihren ersten Enkel zur Welt gebracht hatte. Sie glaubten es, als Sie zu der Erkenntnis gelangen mußten, daß ich Ihr einziger Enkel bleiben würde. Ihr einziger Erbe. Sie haben mich meiner Mutter gestohlen.«
    »Sie hat dich mir verkauft!«
    Lady Westcott erhob diese Behauptung nicht zum ersten Mal. Und jedesmal, wenn er sie hörte, sah Ivan rot.
    »Sie hatte zum Teufel noch mal keine andere Chance!
    Wahrscheinlich hat sie geglaubt, daß ich als Sohn eines Grafen ein besseres Leben hätte. Wie sehr sie sich ge-täuscht hat.« Er sprang so heftig auf, daß der Stuhl umfiel. »Sie haben alles versucht, den Namen Thornton von dem Makel des Zigeunerbluts reinzuwaschen. Aber es ist Ihnen nicht gelungen! Ich bin ein halber Zigeuner, und wenn ich mir eine Frau nehme, so wird es eine Zigeunerin sein. Die sind mir weitaus lieber als jede fischblütige Engländerin!«
    Lady Westcott saß wie versteinert, während Ivan da-vonstürmte und zuerst die Türen krachend hinter sich zuwarf. Er lief zu den Ställen, ließ sich ein Pferd bringen und sattelte es in seiner Ungeduld selbst. Dann machte er sich auf und davon, flog die Allee zur Berkeley Street hinunter und trieb sein Pferd, ohne auf Fahrzeuge oder Fußgänger zu achten, nach Picadilly, wo er den Kopf des Pferdes freigab, nachdem er den Park erreicht hatte. Er mied jedoch die Rotten Row und andere Plätze, an denen er weiteren Reitern hätte begegnen können.
    Während er sein Reittier über die ungemähten Wiesen galoppieren ließ, schien er mit dem Pferd wie verwach-sen zu sein - wie man es von einem Zigeuner erwartete.
    Anfeuernd flüsterte er dem edlen Tier ins Ohr. Das Pferd, als habe es verstanden, erhöhte noch seine Anstrengung.
    Vorwärts ging es, über eine Hecke, durch einen Bach, dann einen Hügel hinauf in den Schatten eines Weißbu-chenhaines.
    Erst da ließ er das Tier den Schritt verlangsamen, und erst jetzt gestattete er sich, über seinen momentanen Zorn und Schmerz hinauszudenken.
    Obwohl er seine vorigen Worte als Waffe gebraucht hatte, erschien ihm der Gedanke an eine Zigeunerfrau einigermaßen verlockend. Schon öfter hatte er darüber nachgedacht. Andererseits hatte er in den vergangenen Jahren genug Zeit mit Zigeunern verbracht, um festzu-stellen, daß er nicht mehr zu ihnen paßte. Er fühlte sich unter Zigeunern genauso unwohl wie in der vornehmen Gesellschaft. Er war weder Fisch noch Fleisch, sondern ein Heimatloser zwischen zwei Welten, zwei Kulturen.
    Er hatte sich im Zwiespalt befunden, so lange er denken konnte. Aber jetzt, da er in der Lage war, sich an der Frau und der Gesellschaft, die sein Leben zu einer endlosen Hölle gemacht hatten, zu rächen, mußte er

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