Spiel der Teufel
gingen nach einer Katzenwäsche gleich ins Bett.
Der Tag hatte an ihren Kräften gezehrt, mehr noch, sie waren
mit etwas konfrontiert worden, das weit über ihre Vorstellungskraft
hinausreichte - Organhandel in diesem Ausmaß.
Sie lagen eine Weile wach, jeder auf seiner Seite, bis Santos
meinte: »Mir geht das mit Nina nicht aus dem Kopf. Angenommen,
es stimmt, was Ivana erzählt hat, dass Gerd nichts
von der Schwangerschaft wusste ...«
»Das hat sie so nicht gesagt.«
»Doch, denn angeblich hat Gerd mit ihr über alles gesprochen.
Also hätte er es ihr erzählt. Was mich aber außerdem nachdenklich
macht, ist, dass Gerd und Nina sich angeblich nichts
mehr zu sagen hatten. Wessen Version stimmt, die von Ivana
oder die von Nina, die behauptet, dass zwischen ihr und Gerd
alles in bester Ordnung war? Haben die uns die ganze Zeit
über nur was vorgespielt? Wenn ja, dann war es perfekte Schauspielerei.
Hat er mit dir eigentlich nie über irgendwelche Eheprobleme
gesprochen?«
»Ach, Lisa, weißt du, ihr Frauen redet untereinander über so
was, bei uns Männern ist das anders. Ich hab immer gedacht,
dass die beiden eine harmonische Ehe führen, aber vielleicht ist
ja an den Behauptungen von Ivana nichts dran.«
»Aber sie und Gerd hatten eine Beziehung, die weit über das
Freundschaftliche hinausging. Du kanntest ihn doch so lange.
Glaubst du, dass er sich mit einer andern Frau eingelassen hätte,
wenn in der Ehe alles in bester Butter gewesen wäre?«
»Keine Ahnung. Das alles ist mir sowieso viel zu hoch. Aber
sollen wir hingehen und Nina darauf ansprechen? Sie würde
mit Sicherheit alles abstreiten und uns als Lügner hinstellen.«
»Und wenn? Würdest du es nicht, wenn jemand mit einer solchen
Behauptung käme?«
»Keine Ahnung. Ich frag mich nur, von wem Nina schwanger
ist, wenn nicht von Gerd.«
»Dann sollten wir sie doch fragen«, sagte Santos.
»Nee, das tu ich mir nicht an. Mein Gott, wenn's bei denen
nicht gestimmt hat, dann war's eben so. Es gibt keine perfekte
Ehe. Und ich werde einen Teufel tun und Nina fragen, wer sie
geschwängert hat. War's Gerd oder ein anderer Mann? Die
würde uns hochkant rauswerfen. Ich mach mir viel mehr Gedanken
darüber, wie wir diesen Chirurgen ausfindig machen
können.«
»Das dürfte das geringste Problem sein. Problematisch wird's,
wenn wir mit ihm sprechen und er alles abstreitet. Aber weißt
du was, ich kann und will auch nicht mehr darüber nachdenken.
Lass uns schlafen und morgen alles durchgehen.«
»Und was ist mit Volker und Kurt?«
»Wir sollten zumindest Volker einweihen. Ich fände es ungerecht,
ihn über unsere Aktivitäten im Unklaren zu lassen«,
sagte Santos. »Wir bewegen uns so schon auf extrem dünnem
Eis, und ich habe keine Lust einzubrechen. Ich hänge nämlich
an meinem Leben. Und mit Volker im Rücken fühle ich mich
ehrlich gesagt stärker.«
»Und Kurt?«
»Wir sind doch nicht in seiner Abteilung. Und jetzt halt die
Klappe und mach die Augen zu.«
»Ist ja gut. Nacht.«
»Nacht.«
Nach ein paar Minuten sagte Henning in das Dunkel hinein:
»Schläfst du schon?«
»Jetzt nicht mehr.«
»Mir ist gerade eben was durch den Kopf gegangen. Darf ich
Licht anmachen?«
»Wenn's unbedingt sein muss«, murmelte sie.
Er schaltete die Nachttischlampe an und setzte sich auf. Lisa
lag mit dem Gesicht zu ihm, die Decke bis zum Kinn hochgezogen,
die Augen geschlossen.
»Hörst du zu?«
»Ja, doch.«
»Okay. Ivana hat doch gesagt, wer alles bestochen wird und
dass das bis in die obersten Reihen geht. Dann könnten die
das doch eigentlich auch ganz legal machen, wenn eh alle Bescheid
wissen und nicht kontrolliert wird. Verstehst du, was
ich meine?«
»He, es ist spät, und ich bin müde. Aber damit du endlich auch
mal zur Ruhe kommst, Gerd hat doch selbst lange nicht Bescheid
gewusst, und wir noch viel weniger. Ich gehe davon aus,
dass mindestens achtundneunzig Prozent unserer Kollegen
keine Ahnung von diesen Vorgängen haben.«
»Das erklärt aber nicht diese extremen Vorsichtsmaßnahmen.«
»Wenn die Medien davon Wind bekämen, gesetzestreue Bürger
auf die Barrikaden gingen und integre Bullen sich zusammenschließen
würden, dann wäre Feuer im Busch«, sagte Santos
und setzte sich ebenfalls auf, die Knie angezogen, die Arme
darauf abgestützt. »Das würde zu einem regelrechten Flächenbrand
ausufern, und das können die nicht wollen. Es werden
immer nur ein paar wenige eingeweiht, die
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