Spiel der Teufel
kennenlernten, war er zwar schon
mit ihr zusammen, vorgestellt worden sind wir uns allerdings
nicht. Und das blieb auch so, als ich nach Kiel kam. Nina war
tabu, ich weiß von ihr nur aus einigen wenigen Erzählungen.«
»Bei den beiden Personen, die heute Morgen das Auto von
Gerd abgeholt haben, handelte es sich um einen Mann und eine
Frau. Die Beschreibung von Nina würde fast auf Sie zutreffen.
Wenn wir ihr ein Foto von Ihnen zeigen würden, würde Sie sie
dann wiedererkennen?«
»Definitiv nicht, das garantiere ich Ihnen«, antwortete Ivana
mit fester Stimme. »Welchen Grund sollte ich haben, Gerds
Auto abzuholen? Ich habe selber eins.«
»Ja, diese alte Schrottmühle«, sagte Henning.
»Diese alte Schrottmühle ist mein kleiner unauffälliger Zweitwagen,
wie ihn viele haben. Normalerweise fahre ich auch einen
BMW.«
Henning holte ein Foto aus seiner Jackentasche und reichte es
Ivana. »Kennen Sie diese Frau?«
Sie betrachtete das Foto eine Weile und gab es Henning zurück.
»Tut mir leid, die habe ich noch nie gesehen. Was ist mit ihr?«
»Das ist ja wohl ziemlich eindeutig, oder? Sie wurde letzte
Nacht tot am Hafen gefunden. Wir gehen davon aus, dass sie
als Profikillerin tätig war.«
»Wenn dem so sein sollte, dann tut es mir nicht leid um sie.
Eine Ratte weniger.«
»Ivana«, sagte Santos und kam auf sie zu, »Sie waren doch ursprünglich
Polizistin, bevor Sie die Seiten gewechselt haben ...«
»Ich bin immer noch Polizistin, und ich ermittle weiterhin
undercover, obwohl ich mich schon seit längerem frage, welchen
Sinn das haben soll. Wem ist damit gedient? Ich weiß, dass
Larissa tot ist, ich weiß, dass jedes Jahr viele tausend Menschen
in den Westen kommen, ich weiß aber auch, dass die großen
Bosse niemals belangt werden, weil man sie nicht belangen
will.«
»Wer außer Gerd weiß noch von Ihrer Tätigkeit?«
»Niemand.«
»Woher sollen wir wissen, dass wir Ihnen vertrauen können?«
»Reicht Ihnen nicht, was ich Ihnen bis jetzt erzählt habe?«
»In der Nacht von Montag auf Dienstag wurde Gerd ermordet.
Von wem haben Sie diese Information? Bisher stand nichts
davon in der Zeitung, nicht einmal von seinem angeblichen
Selbstmord, denn so sollte es eigentlich aussehen.«
»Sie gehen sehr unterschiedlich vor. Normalerweise werden
lästige Personen mit drei Schüssen liquidiert. Manchmal kommen
die Zielpersonen aber auch durch einen Unfall ums Leben
oder ...« Sie hob die Brauen und fuhr fort: »Aber das habe ich
vorhin schon erwähnt. Wie hat man es bei Gerd gemacht?«
»Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet, nämlich, was
Ihre Aufgabe in der Firma ist«, sagte Santos.
»Ich arbeite in der Verwaltung, genau genommen in der Buchhaltung
...«
»Wow, Buchhaltung. Da haben Sie's sicher mit ganz schönen
Summen zu tun, oder?«, bemerkte Henning, ohne den Blick
von Ivana zu nehmen, die er immer hübscher fand, je länger er
sie ansah, fast schön.
»Ja und nein. Ich bin nicht allein verantwortlich, so wie niemand
in irgendeinem Bereich die alleinige Verantwortung
trägt. Das wäre für die Firma zu riskant. Es sind immer mindestens
zwei. Ich bekomme die Listen mit den Zahlen auf den
Tisch und sorge dafür, dass alles ordnungsgemäß verbucht
wird. Dann werden die Gelder auf verschiedene Konten transferiert,
na ja, Sie kennen das Procedere wahrscheinlich.«
»Und die Logistik? Irgendjemand muss doch für den reibungslosen
Ablauf der Frachten sorgen.«
»Natürlich, aber das ist strikt von uns getrennt. Jeder weiß eigentlich
nur über seinen eigenen Bereich Bescheid. Ich erfahre
zum Beispiel immer erst, wo welches Schiff eingelaufen ist,
wenn ich die Zahlen bekomme. Die gehen kein Risiko ein.
Niemand außer den Bossen weiß über alles Bescheid.«
»Okay, aber jetzt noch mal die Frage: Woher haben Sie die Information,
dass Gerd tot ist?«
»Gestern Vormittag kam ein Mitarbeiter zu mir und hat gesagt,
dass Gerd von der Liste der Gehaltsempfänger gestrichen werden
kann, Code 77. Damit können Sie vermutlich nichts anfangen.
Code 77 bedeutet, dass die entsprechende Person liquidiert wurde. Sie können sich gar nicht vorstellen, was da in mir
abgelaufen ist. Das war, als hätte mir jemand eine kalte Faust in
den Magen gedrückt. Aber ich durfte mir nichts anmerken lassen.
Sofort, als sich die Gelegenheit dazu bot, habe ich Gerd
angerufen, doch es sprang nur seine Mailbox an. Ich habe es
noch ein paarmal probiert, aber immer
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