Spiel der Teufel
paar Stunden
wieder.«
Sie ging nach draußen und schloss die Tür hinter sich. Igor
stand an die Wand gelehnt da. Seine Haltung straffte sich, als
Petrowa auf ihn zukam.
»In mein Büro«, sagte sie in scharfem Befehlston. Er folgte ihr
wie ein geprügelter Hund, denn er ahnte, was auf ihn zukommen
würde, dazu kannte er die Petrowa zu gut. In ihrem Büro,
das sie höchstens einmal im Monat, in der Regel sogar seltener
betrat, weil sie den größten Teil ihrer Arbeit von zu Hause aus
erledigte oder sich mit jemandem an einem andern Ort traf,
herrschte sie ihn an: »Was ist bloß in dich gefahren? Seit einiger
Zeit schon handelst du immer wieder gegen die Regeln. Wie
lange soll ich mir das noch ansehen? Jetzt bin ich schon so selten
hier, doch in den letzten Monaten bist du nicht mehr der
Igor, den ich kennengelernt habe. Erklär mir, was mit dir los
ist? Hast du Stress? Brauchst du jemanden zum Vögeln? Du
weißt doch, wo die ganzen schönen Frauen sind, die alles mit
sich machen lassen. Oder gibt es außer Samenstau einen andern
Grund für dein Verhalten?«
Igor fühlte sich in die Enge getrieben, und er hasste es, von einer
Frau auf sein Sexualleben angesprochen zu werden, was er
sich jedoch nicht anmerken lassen durfte. Sie hätte er gerne mal
im Bett gehabt, aber sie war nicht mehr zu haben, auch wenn es
nur ein Gerücht war. Doch sollte es wahr sein, dann durfte er
nicht einmal an sie denken.
»Es tut mir leid, aber ...«
»Es gibt kein Aber. Jeder, der hier ankommt, muss das Gefühl
haben, in Sicherheit zu sein. Das Letzte, was wir brauchen,
sind Neue, die sich fürchten. Wir können dein Verhalten nicht
länger dulden, das ist dir doch klar?«
In Igors Augen blitzte Angst auf. Er wusste, dass er kurz davor
stand, seinen Job zu verlieren, was nichts anderes als den Tod
bedeutete. Und er wusste auch, dass jeder ersetzbar war und
einige nur darauf warteten, seinen Platz einzunehmen.
»Ich verspreche, mich in Zukunft zurückzuhalten«, sagte er leise.
»Das hast du schon ein paarmal gesagt, aber ich will das nie
wieder von dir hören. Ich habe stets auf dich gebaut, du warst
bis vor kurzem einer unserer besten Männer. Was ist bloß los?
Hast du Probleme?«
»Nein.«
»Was ist es dann?«
»Nichts.«
»Wenn Koljakow davon erfährt, schickt er dich zurück nach
Russland. In einer Kiste.«
»Bitte, gib mir noch eine Chance. Wenn ich noch mal Mist
baue, bin ich bereit, die Konsequenzen zu tragen.«
Ȇber die Konsequenzen bestimmst nicht du, sondern wir.
Aber gut, du sollst diese letzte Chance bekommen. Ich gebe dir
einen Auftrag, für den du ganz allein verantwortlich bist. Kein
Wort darüber zu niemandem, weder zu Koljakow noch zu irgendeinem
andern. Ich hoffe für dich, du hältst dich daran,
denn wenn nicht, kann ich leider nichts mehr für dich tun.«
Sie ging um den Tisch herum, nahm eine Mappe in die Hand
und reichte sie Igor.
»Da drin steht alles, was du tun musst. Vorerst wirst du nur
beobachten und mir täglich Bericht erstatten, und zwar nur
mir allein. Koljakow will damit nicht behelligt werden, er hat
mich beauftragt, dich einzusetzen. Ich hoffe, du missbrauchst
sein und mein Vertrauen nicht. Noch einmal - du sprichst mit
niemandem darüber, du machst nicht einmal eine Andeutung,
du benimmst dich wie immer. Das ist ein Auftrag, den du ausnahmsweise
ganz allein erledigst, kapiert? Und du unternimmst
nichts auf eigene Faust, ich verlasse mich darauf. Falls doch,
bist du ein toter Mann. Kein eigenmächtiges Handeln, nur Informationen.
Es täte mir unendlich leid, dich zu verlieren, aber
so ist das Gesetz. Haben wir uns verstanden?«
»Verstanden. Soll ich rund um die Uhr oder ...«
»Nein, du musst ja auch irgendwann mal schlafen. Sagen wir
von acht Uhr morgens bis zehn Uhr abends. Ich erwarte deinen
ersten Bericht am Freitag um neunzehn Uhr.«
»Darf ich kurz reinschauen?«, sagte er und deutete auf die
Mappe.
»Ich bitte sogar darum.«
Und nach wenigen Minuten und mit starrer Miene: »Das wird
schwierig. Was, wenn ich entdeckt werde?«
»Das wäre ganz allein dein Problem. Denk dran, es ist deine
letzte Chance. Und nun geh, ich habe zu tun.«
Igor schlich aus dem Zimmer, sein Herz schlug bis zum Hals.
Auch wenn er es sich nicht anmerken ließ, so hatte er doch
zum ersten Mal, seit er für die Firma arbeitete, Angst. Er ging
zu seinem Auto und fuhr los. Unterwegs hielt er an einer
Tankstelle, holte sich eine Flasche Wodka,
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