Spiel der Teufel
befürchten. In ein paar Tagen schon werdet ihr
die Strapazen und die Unannehmlichkeiten vergessen haben.
Noch Fragen?«
»Was geschieht mit den Kindern?«
»Sie kommen zu Paaren, die keine eigenen Kinder haben, weil
sie keine bekommen können. Sie freuen sich so sehr darauf,
endlich eine richtige Familie zu sein, und es ist auch für mich
jedes Mal schön, diese Freude mitzuerleben. So, wenn es nichts
mehr gibt, dann würde ich gerne als Erstes Alexandra bitten,
mit mir zu kommen, damit Sie versorgt werden. Ihr andern
macht's euch erst einmal gemütlich. Das Essen wird gleich serviert,
danach könnt ihr duschen, und dann lasst einfach alles
auf euch zukommen. Okay? Glaubt mir, euer neues Leben
wird euch nicht nur gefallen, es wird schöner sein, als ihr es
euch in euren schönsten Träumen hättet vorstellen können.
Das garantiere ich euch. Alexandra, kommen Sie bitte.«
Die Angesprochene erhob sich vom Bett, ging zu Petrowa,
warf Igor einen ängstlichen und zugleich eisigen Blick zu und
sagte: »Ich bin noch nie geschlagen worden.«
»Das wird auch nicht wieder vorkommen, das verspreche ich
Ihnen«, entgegnete Petrowa einfühlsam.
Sie verließen den Raum. Alexandra wurde über einen langen
Flur geführt, bis sie an eine Tür gelangten, hinter der sich ein
Behandlungszimmer befand. Ein Arzt mittleren Alters saß ein
Buch lesend hinter seinem Schreibtisch, stand jedoch sofort
auf, als die beiden Frauen hereinkamen, und reichte Alexandra
die Hand.
»Dr. Frank, das ist Alexandra. Sie hat sich die Nase gestoßen.«
»Hallo. Dann setzen Sie sich mal, damit ich mir das Malheur
anschauen kann.«
Alexandra folgte der Aufforderung und setzte sich auf die
Liege. Dr. Frank tupfte ihr vorsichtig das Blut ab, wobei sie
ein paarmal kurz zusammenzuckte, berührte leicht ihre Wangenknochen
und fragte, ob das weh tue, doch sie schüttelte
nur den Kopf. Anschließend tastete er ihre Nase ab, und
Tränen schossen ihr in die Augen. Dr. Frank nickte und
meinte: »Gebrochen ist nichts, das ist nur eine Prellung. Es
wird noch ein paar Tage weh tun. Ich gebe Ihnen jetzt etwas
in die Nase, das die Blutung stillt. Haben Sie sonst irgendwelche
Schmerzen?«
»Nein.«
»Gut. Dann noch einen schönen Abend und vor allem einen
angenehmen Aufenthalt in Deutschland.«
Dr. Frank begab sich hinter seinen Schreibtisch und vertiefte
sich sofort wieder in die Lektüre.
»Geht es Ihnen jetzt besser?«, fragte Petrowa auf dem Flur.
»Hm.«
»Kann ich noch irgendetwas für Sie tun?«
»Nein, danke. Ich habe nur Hunger.«
»Das Essen müsste eigentlich schon da sein. Sie werden staunen,
was wir alles für Ihre Ankunft vorbereitet haben. Sind Sie
müde?«
»Nein, ich habe doch lange genug geschlafen. Welchen Tag haben
wir?«
»Donnerstag, es ist aber mitten in der Nacht.«
»Dann waren wir drei Tage unterwegs?«, sagte Alexandra, die
zunehmend lockerer und auch zutraulicher wurde.
»Ja, ihr seid über Tallinn gefahren und dort auf ein anderes
Schiff gewechselt.«
»Das wurde uns aber vorher nicht gesagt. Es hieß, dass wir am
Mittwoch nach Berlin gebracht werden würden.«
»Der Zeitplan hat sich eben geändert. Und nun stellen Sie bitte
keine Fragen mehr, ich muss mich um so viele Dinge kümmern,
vor allem darum, dass es euch allen gutgeht.«
Sie gelangten wieder zu dem großen Raum. Alexandra sah
staunend auf den reichlich gedeckten Tisch mit Brot, Kartoffeln,
Fleisch, Wurst, Gemüse, Obst, Käse und allerlei Getränken,
nur kein Alkohol - so viel, dass es für dreimal so viel
Leute gereicht hätte. Viele aßen bereits, hatten sich die Teller
bis zum Rand aufgefüllt und machten einen zufriedenen Eindruck.
Nur die Zwillinge wollten nichts essen. Sie hielten jeder
ein Glas Orangensaft in der Hand und nippten ab und zu daran.
Die junge Frau, die sich die ganze Zeit um sie kümmerte,
versuchte sie dazu zu bewegen, doch etwas zu essen, doch sie
weigerten sich.
»Und, habe ich zu viel versprochen? Greifen Sie zu, es ist genügend
da.« Und an die andern gewandt: »Ihr wisst, wo die
Duschen sind, Handtücher liegen bereit, ebenso Zahnbecher
und -bürsten, auf denen die jeweiligen Namen stehen, Kämme
und Bürsten, ihr werdet euch schon zurechtfinden. Es ist ja
nicht auf Dauer. Nur noch kurze Zeit, dann seid ihr an eurem
Bestimmungsort. Und wenn ihr Wünsche habt, ihr braucht
nur Oleg oder Peter anzusprechen, sie werden euch mit Rat
und Tat zur Seite stehen. Wir sehen uns in ein
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