Spiel der Teufel
mit dem LKA. Wir schieben eher eine ruhige Kugel. Geht nach
Frankfurt oder Berlin, die haben riesige Dezernate, weil die
Kriminalitätsrate dort doch um ein Vielfaches höher ist. Wir
sind gerade mal sechs Leute, Gerd noch eingerechnet. Okay,
bei unsern Kollegen vom LKA sieht das schon wieder anders
aus, die haben aber auch ganz andere Kompetenzen und Einsatzbereiche.
In den vergangenen vier Wochen hatten wir zwei
Abschiebungen. Ich meine, es handelte sich um eine Russin
und eine Weißrussin. Eine davon hat Gerd persönlich betreut
und zum Schiff gebracht. Aber ich schweife ab. Wie wollt ihr
weiter vorgehen?«
»Wir warten das Obduktionsergebnis ab, vorher unternehmen
wir gar nichts. Wir werden aber gleich noch mit Konrad reden
und dann nach Hause fahren. Heute können wir eh nichts mehr
tun.«
»Kinders, das ist mir alles zu hoch. Ich frag mich nur ... Nein,
diese Frage stell ich mir jetzt noch nicht. Ich will erst sicher
sein, dass Gerd ermordet wurde.«
Henning und Santos standen auf, nickten Ziese zu, und Henning
sagte: »Wir bringen das Notebook zur KTU und melden
uns bei dir, sobald wir Genaueres wissen. Mach's gut.«
Ziese erwiderte nichts darauf, sondern erhob sich ebenfalls und
stellte sich ans Fenster. Er schien mit seinen Gedanken auf einmal
weit weg zu sein. Die Hände in den Taschen seiner Cordhose
vergraben, wandte er Henning und Santos den Rücken
zu, als sie das Zimmer verließen.
Draußen sagte Santos: »War es richtig, ihn schon jetzt in alles
einzuweihen?«
»Er hätte es doch sowieso erfahren. Ob jetzt oder morgen, das
ist doch egal. Komm, ich will endlich dieses Notebook loswerden
und dann mit Konrad reden. Außerdem hat er längst nicht
alles erfahren, zum Beispiel, woher Gerd das viele Geld hatte.
Und das mit den Uhren weiß er auch nicht. Ich meine, ich
würd's auch nicht glauben, hätt ich's nicht mit eigenen Augen
gesehen.«
Sie lieferten das Notebook bei Kommissar Noll in der Kriminaltechnik
ab und baten darum, so schnell wie möglich über
den Festplatteninhalt informiert zu werden. Um kurz nach
sechs begaben sie sich zum Kriminaldauerdienst, wo wie so
oft hektisches Treiben herrschte. Sie fanden Oberkommissar
Konrad an seinem Schreibtisch, wo er sich mit einer Kollegin
unterhielt. Er blickte zur Seite, als Henning und Santos näher
traten.
»Ihr kommt wegen Gerd?«, fragte Konrad, ein beleibter und
ungepflegt wirkender Mittvierziger mit langen braunen Haaren, dunklen Augen, unter denen dicke Tränensäcke sich wie
Wasserschläuche aufblähten, und Bartstoppeln, die wild in
seinem Gesicht wucherten. Es kursierte das Gerücht, er würde
gern die Hand aufhalten und es mit dem Gesetz bisweilen
nicht allzu genau zu nehmen. Außerdem sagte man ihm nach,
nicht zimperlich mit potenziellen und überführten Straftätern
umzugehen. Doch nachweisen konnte man ihm bisher
nichts, da es offenbar einige in seinem Umfeld gab, die
ihm den Rücken freihielten. Von seinem Privatleben war Henning
nichts bekannt, lediglich, dass er bereits zum vierten
Mal geschieden war.
»Erraten. Können wir kurz allein reden?«, erwiderte Henning,
der eine tiefe Aversion gegen Konrad hegte, schon seit sie sich
das erste Mal vor zehn Jahren über den Weg gelaufen waren.
Sein Blick hatte etwas Finsteres, Bedrohliches, seine Hände
waren groß und fleischig, das Abbild des bösen Bullen, den er
nur zu gern raushängen ließ.
»Gehen wir in den Besprechungsraum.«
Dort angekommen, sagte Konrad, dessen Atem unangenehm
nach Zigarettenrauch roch, als er direkt vor Henning stand und
ihm in die Augen blickte, mit monotoner, schnarrender Stimme:
»Ich bin vorhin schon angerufen worden, deshalb bin ich
auch früher hier angetanzt. Das mit Gerd ist tragisch, vor allem,
wenn man bedenkt, dass ich einer der Letzten war, der ihn gesehen
hat. Wie kann ich euch helfen?«
»Wir haben erfahren, dass du gestern mit Gerd eine Observierung
durchgeführt hast. Um was ging's dabei?«
»Hat das was mit seinem Selbstmord zu tun?«, fragte er misstrauisch.
»Unter Umständen. Also?«
»Ich kann euch beruhigen, es war ein reiner Routineeinsatz,
der alles andere als aufregend war. Wir haben das Steigenberger
observiert, weil wir einen Hinweis erhalten haben, dass
ein Waffenhändler dort abgestiegen sein soll, um sich möglicherweise
mit ein paar andern Typen da zu treffen. War
aber nicht so, wenigstens nicht, solange wir da waren. Wir
haben weder ihn noch eine andere
Weitere Kostenlose Bücher