Spiel der Teufel
mit wem er zusammengearbeitet hat, mit wem er in den letzten
Stunden vor seinem Ableben in Kontakt war ...«
»Ich verstehe noch immer nicht, was das mit seinem Tod zu
tun haben soll.«
Henning ließ einen Moment verstreichen, bis er sagte: »Wenn
wir dir helfen sollen, Licht in die Sache zu bringen, dann gib
uns einfach die Informationen. Alles andere kommt später.«
»Sören, ich bin seit beinahe vierzig Jahren und damit ungefähr
doppelt so lange wie du bei diesem Verein, und schon sehr bald
werde ich diese Tür dort für immer hinter mir schließen. Und
wer mich kennt, weiß, dass ich mit Vertraulichkeiten umgehe
wie ein Priester mit der Beichte. Reicht dir das?«
»'tschuldigung, ist nicht gegen dich gerichtet. Also, es gibt Indizien,
nicht mehr und nicht weniger, die darauf hindeuten,
dass es eventuell kein Suizid war. Bevor ich dir aber mehr erkläre,
müsste ich wissen, was Gerd seit Samstag gemacht hat.«
»Ich habe dir vorhin schon gesagt, dass ich mir nicht vorstellen
kann, dass Gerd ... Ach, lassen wir das. Ihr wollt also wissen,
wo der verdammte Mistkerl sich rumgetrieben hat.« Er seufzte
auf, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor dem
Bauch. »Ich hab das schon überprüft, Gerd hatte am Samstag
und Sonntag Bereitschaft, gestern schob er normal Dienst bis
um sechs, danach ist er nach Hause gefahren, um später noch
mit Konrad auf Streife zu gehen.«
»Konrad vom KDD?«
»Hm.«
»Und wie lautete ihr Auftrag?«
»Hotelobservierung. Der Typ, um den es ging, war zwar die
ganze Zeit über da, allerdings allein. Diese Infos hab ich vorhin
erhalten.«
»Und wie lange wurde observiert, dass heißt, wann wurde abgebrochen?
Oder handelt es sich um eine längerfristige Sache?
«
»Details kenne ich nicht, Konrad und Gerd sind auch nur für
die beiden Kollegen eingesprungen, die eben hier waren und
den Personalnotstand beim LKA ausgleichen. Sie werden
heute wieder übernehmen. Wie das letzte Nacht war, da müsstet
ihr Konrad fragen, der kommt aber erst gegen sechs,
Nachtschicht.«
»Hat Gerd in den vergangenen Tagen oder Wochen an einem
besonderen Projekt gearbeitet oder mitgewirkt?«
»Falls du denken solltest, dass er sich durch seine Arbeit Feinde
geschaffen haben könnte, muss ich dich enttäuschen. Gerd hat
den ganz normalen Kram gemacht, unspektakulär und eigentlich
auch uninteressant. Er war zwar oft im Außendienst tätig,
doch mindestens genauso viel Zeit hat er hinter seinem Schreibtisch
verbracht. Aber warum interessiert dich das?«
»Nur so.«
»Spiel doch mit offenen Karten. Du glaubst nicht an einen
Selbstmord, Lisa nicht und ich auch nicht. Und warum glauben
wir es nicht?« Ziese breitete die Arme aus und fuhr fort:
»Ganz einfach, weil wir Gerd zu gut kannten oder zu kennen
meinten und er der Letzte gewesen wäre, von dem wir so was
angenommen hätten. Aber ich habe seit vorhin über vieles
nachgedacht und bin immer wieder zu dem Schluss gekommen,
dass es unmöglich ist, in einen andern hineinzuschauen.«
Henning überlegte, ob er Ziese etwas über die Stunde und die
gewonnenen Erkenntnisse bei Nina Wegner berichten sollte.
Er warf Santos schnell einen fast hilfesuchenden Blick zu, die
ihm mit einem kaum merklichen Nicken zu verstehen gab, dass
sie auf seiner Seite war. Überhaupt verstanden sie sich seit einiger
Zeit wie ein altes Ehepaar, das nicht mehr viele Worte
brauchte, um sich zu verständigen. Sie hatten sich gesucht,
doch es hatte eine lange Zeit gebraucht, bis sie sich auch gefunden
hatten. Hin und wieder gab es zwar Auseinandersetzungen,
was vor allem an Santos' Temperament lag, das sie von ihrem
spanischen Vater in die Wiege gelegt bekommen hatte, aber so
schnell sie auch an die Decke ging, so schnell kam sie wieder
runter. Henning wusste, wie sie zu besänftigen war. Oft genügte
ein Lächeln oder eine Bemerkung oder eine simple wortlose
Umarmung.
»Ich habe doch eben schon von Indizien gesprochen, die ...«
»Siehst du, hatte ich doch glatt schon wieder vergessen. Um
was für Indizien handelt es sich?«
»Dein Versprechen gilt weiterhin?«, fragte Henning noch einmal.
»Wenn du mir nicht vertraust, da ist die Tür«, entgegnete Ziese
ernst und ohne eine Miene zu verziehen.
»Wir haben, genau wie du, nach einem Abschiedsbrief gesucht,
aber keinen gefunden. Und als erfahrener Polizist weißt du so
gut wie ich, dass Selbstmörder, die ihre Tat so akribisch planen
und ausführen, immer einen
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